0985 - Luzifers Gesandte
Verstand.«
Ich stellte die Tasse ab. »Ja, manchmal faßt man sich wirklich an den Kopf. Weißt du denn mehr?«
»Kaum.«
»Kläre mich trotzdem auf.«
Glenda setzte sich an ihren Schreibtisch. Sie trug einen braunen Rock, eine schlichte weiße Bluse und darüber eine apricotfarbene lange Strickjacke. »Ralph Pernell arbeitete bei der Metropolitan Police. Er stand im Rang eines Offiziers. Seine Frau war auch noch berufstätig. Sie verdiente ihr Geld als Halbtagskraft in einem Verlag. Auf die beiden Kinder achtete die Oma, wenn die Mutter außer Haus war. Das ist eigentlich alles, was mir bekannt ist.«
»Gibt es schon einen Verdacht?«
»Da mußt du nicht mich fragen, John.«
»Aber ein Motiv ist sicherlich vorhanden.«
»Finde es«, bat sie. »Finde es heraus, John, dann hast du vielleicht auch den Täter.«
Ich strich mein Haar zurück. »Die Sache ist ja die«, sagte ich. »Wenn es in der Vergangenheit, die natürlich mit Perneils Beruf zusammenhängt, kein Motiv gibt…«
»Danach hat man bestimmt schon geforscht«, sagte Glenda.
»Schließlich ist eine Sonderkommission zusammengestellt worden.«
»Okay, aber ich will auf etwas anderes hinaus. Wenn es also kein Motiv gibt, kein offizielles, bleibt uns nichts anderes übrig, als in einem Gebiet zu forschen, für das wir zuständig sind.«
»Das genau ist es.«
Ich leerte die Tasse und hob die Schultern. »Ich weiß es auch nicht. Es kann ja sein, daß Pernell Kontakt mit irgendwelchen anderen Welten bekommen hat. Möglich ist alles, aber das werde ich noch von Sir James erfahren.«
»Es bleibt zu hoffen.«
»Ich gehe dann mal los.«
»Moment, John. Und mit Johnny ist wirklich wieder alles okay? Ist er so wie früher?«
Ich schaute in ihre besorgten Augen. »Ja, Glenda, er ist okay, wenn mich nicht alles täuscht.«
»Gut.« Sie atmete auf. »Manchmal ist der Streß einfach zu groß.«
»Dann geh in Urlaub.«
»Daran habe ich auch schon gedacht. Willst du nicht mit?«
»Frag Sir James.«
»Lieber nicht.«
Ich verließ das Büro und ging die wenigen Schritte bis zum Zimmer meines Chefs. Dort fand ich Suko vor, und natürlich Sir James Powell, der mich schon etwas brummig anschaute und auch einen bezeichnenden Blick auf seine Uhr warf.
»Es ging nicht früher«, entschuldigte ich mich und zog mir einen Stuhl heran.
»Ist der Junge wieder okay?«
»So gut wie.« Ich gab einen kurzen Bericht, den beide Männer mit Interesse verfolgten, aber sie waren sichtlich froh, als sie von mir die gute Nachricht auch im Detail hörten.
»Und jetzt zu uns«, sagte Sir James. »Suko ist besser informiert als Sie, John, aber Sie wissen ja, um was es geht?«
»Um diesen vierfachen Mord.«
»Genau.« Sir James schwieg. Auch er war erregt. Er war ja keine Maschine. Diese Untat nahm ihn schwer mit, das war ihm deutlich anzusehen. Sein Blick hinter den Gläsern der Brille verlor sich in der Ferne, er mußte sich erst sammeln, trank einen Schluck von seinem stillen Wasser und atmete danach laut aus. »Obwohl mittlerweile einige Tage vergangen sind und die Kollegen mit Hochdruck an diesem Fall arbeiten, ist und bleibt es für alle ein Rätsel.«
»Das heißt, man hat keine Spur von dem Mörder.«
»Ja. Niemand hat ihn gesehen, keiner hat ihn gehört. Als wäre die Nachbarschaft tot.«
»Wann passierte es?«
»Am Abend. Es war schon dunkel. Und erst am nächsten Tag fiel die Tat auf, weil der Kollege seinen Dienst nicht antrat.« Sir James hob die Schultern. »Da war natürlich guter Rat teuer. Sie können sich vorstellen, wie die Kollegen rotierten. Hinzu kam noch ein zweiter Umstand. In der Nacht hatte es geregnet, und die Experten, die das Haus innen und außen absuchten, fanden draußen keine Spuren. Keine Fußabdrücke, keine Fingerabdrücke, nichts. Nur zwei Kugeln im Kopf des Mannes, zwei im Kopf seiner Frau und jeweils eine«, er senkte seine Stimme, »in den Köpfen der beiden Kinder.«
Ich konnte die Gänsehaut nicht unterdrücken, und auch Suko schauderte zusammen.
»Kinder«, flüsterte ich.
»Ja, er kannte keine Gnade.«
»Die Kugeln wurden befunden. Was ist mit der Waffe? Womit hat der Killer getötet?«
»Mit einem Revolver. Smith & Wesson. Kaliber achtunddreißig. Er kann sich die Waffe überall besorgt haben, das ist heute keine Schwierigkeit mehr. Man hat natürlich daktyloskopische Untersuchungen durchgeführt. Man hat vieles verglichen, aber es ist nichts dabei herausgekommen. Der Killer kam wie ein Phantom, und er verschwand auch
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