0985 - Luzifers Gesandte
Streifschußwunde an der Hüfte noch genauer untersuchen und erst dann ihr Einverständnis geben.
Eine Stunde ungefähr hatte ich mich bei Johnny aufgehalten. Wir hatten über den Fall diskutiert, weil der Junge es so wollte. Schließlich war er eine der Hauptpersonen gewesen, und er brauchte dieses Gespräch auch, um die Erinnerungen überwinden zu können.
Als ich mich schließlich mit einem guten Gefühl verabschiedete, hob Johnny seinen rechten Arm und streckte mir die Handfläche entgegen, vor die ich schlug.
»Keine Feindschaft, John!« sagte er.
»Überhaupt nicht.«
»Bis dann.«
»Mach’s gut.«
»Bestell Dad noch schöne Grüße«, rief er mir auf dem Weg zur Tür nach.
»Mach ich doch glatt.«
Dann war ich draußen und fühlte mich zum erstenmal wieder so wie sonst. Ja, ich war erleichtert. Der Tag hatte wieder Sonnenschein bekommen, obwohl sich der Himmel bedeckt zeigte.
Es war kurz vor Mittag, als ich den Rover auf dem Parkplatz des Krankenhauses erreichte. Ich stieg ein, wollte den Motor kommen lassen, als aus der rechten Seitentasche das Piepen erklang.
Ich verdrehte die Augen und verfluchte wieder mal mein Handy. Dennoch holte ich den flachen Apparat hervor und meldete mich mit ziemlich brummiger Stimme.
»Deine Laune scheint ja auf dem berühmten Tiefpunkt zu sein«, hörte ich Glenda zur Begrüßung sagen.
»Nein, ist sie nicht.«
»Du hast dich aber so angehört.«
»Ich liebe Handys.«
»Und wie war’s bei Johnny?«
»Gut, Glenda, sehr gut. Er ist wieder okay. Das kann ich mit gutem Gewissen behaupten.«
»Das freut uns alle.«
»Hast du seinetwegen angerufen?«
»Nein, es geht um etwas anderes, obwohl mich Johnnys Befinden natürlich interessiert.«
»Was ist denn so dringend?«
»Sagt dir der Name Ralph Pernell etwas?«
Mit der Antwort ließ ich mir Zeit. Nicht weil ich Glenda ärgern wollte, ich mußte tatsächlich darüber nachdenken und schaute gegen die Windschutzscheibe des Autos. Dort spiegelte sich ein Ausschnitt des Himmels, über den dunkle Wolken trieben. Vor dem Wagen hastete eine Krankenschwester vorbei. Ihr Kittel flatterte wie eine weiße Fahne.
»John…?«
»Ja, ich bin noch da. Gehört habe ich den Namen schon, aber du kannst mir trotzdem auf die Sprünge helfen.«
»Pernell war ein Kollege von uns!«
Bei mir fiel endlich der Penny. »Natürlich, jetzt weiß ich es. Pernell wurde ermordet. Aber nicht nur er, auch seine Frau und die beiden Kinder. Ein scheußliches Verbrechen. Man hat keine Spur von dem Killer.«
»Eben.«
»Und jetzt?«
»Will Sir James mit dir und Suko über den Fall reden, und zwar so rasch wie möglich.«
»Das heißt, ich muß kommen.«
»Wir warten auf dich.«
»Okay, dann mach schon mal Kaffee an.« Ich steckte das flache Gerät wieder weg, startete aber noch nicht, sondern schaute nach vorn, als könnte ich auf der Scheibe etwas von dem erkennen, was sich auch in meinem Innern öffnete.
Ich war flüchtig über das unglaubliche Verbrechen informiert. Am Rande hatte ich es mitbekommen, war auch geschockt gewesen, aber ich hatte nicht damit gerechnet, daß es in meinen Zuständigkeitsbereich fiel.
Wenn sich Sir James allerdings einschaltete, mußte dieser Fall etwas Rätselhaftes an sich haben, ganz außerhalb der Norm. Oder ich war nur als Unterstützer tätig, denn diese Tat hatte viele Kollegen aufgewühlt.
Wer den Fall bearbeitete, wußte ich nicht, aber ich würde dabei sein, und Suko ebenfalls. So gut kannte ich uns.
Ich startete.
Der Alltag hatte mich wieder, denn die andere Seite, meine Feinde, legten keine Pause ein…
***
Für den Lektor Barry F. Bracht war die vergangene Nacht eine fürchterliche Zeit gewesen. Er hatte Stunden wach gelegen, ohne allerdings seine Zweitgestalt Zebuion eingenommen zu haben. Aber Empfindungen und Gedanken waren regelrecht auf ihn eingehämmert. Botschaften aus einer anderen Welt, die hinter der sichtbaren lag, und in ihnen spielte eine bestimmte Person die Hauptrolle.
Sie hieß Lisa Pernell!
Brächt kannte sie. Beide arbeiteten im selben Verlag. Hin und wieder hatten sie miteinander zu tun gehabt und sich dabei gut verstanden, obwohl beide so verschieden waren wie Tag und Nacht.
Auf der einen Seite der immer leicht abwesend wirkende Barry F. Bracht, auf der anderen die quirlige Person namens Lisa, die es aber aufgegeben hatte, Bracht zur Ordnung anzuhalten. In seinem Büro sah es nach wie vor aus wie in einem Müllcontainer.
Nun war Lisa tot!
Barry F. hatte davon gehört.
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