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0988 - Das Labyrinth von Eden

0988 - Das Labyrinth von Eden

Titel: 0988 - Das Labyrinth von Eden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adrian Doyle
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betraf, auszunutzen.
    Aber einfach fortrennen wäre illusorisch gewesen. Die Schrecken entwickelten eine Geschwindigkeit, die er nicht einmal annähernd erreichen konnte, selbst wenn er um sein Leben lief.
    So rutschte er sitzend einfach erst einmal ein Stück weit von den Furcht einflößenden Eden-Bewohnern und den Salehs weg. Die Szene, die sich vor ihm abspielte, faszinierte und stieß ihn zugleich auch ab.
    Dicht drängten sich die Schrecken um die brennenden Hände der Kinder, beugten sich weit zu ihnen herab und führten ihre fremdartigen Gesichter nah an sie heran, sodass es aussah, als wollten sie sie küssen.
    Oder die Köpfe abbeißen, dachte Paul, hin- und hergerissen zwischen dem Wunsch, den Saleh-Söhnen beizustehen und sich von dem bizarren Bild abzuwenden.
    Tatsächlich sah es so aus, als würden die Schrecken die Flämmchen, die aus den Fäusten loderten, in sich einsaugen. Dabei durchlief ein Zittern ihre Körper, das Ausdruck von allem Möglichen sein konnte, aber am Wahrscheinlichsten erschien Paul, dass sie das abnorme Feuer genossen, sich daran labten.
    Nach einer Weile wurden die Flämmchen immer schwächer, und am Ende war nur noch brüchig gewordenes Leder zu sehen, das kein Strahlen mehr eindämmen musste - weil das Feuer darunter erloschen war.
    Wie zur Bestätigung langten die Salehs mit ihren gesunden Fingern nach dem Schutz und streiften ihn ab. Darunter kam Haut zum Vorschein, die sich nicht von normaler unterschied.
    Sie haben den Fluch aus ihnen herausgesaugt, ging es Paul durch den Sinn.
    Aber es war nur ein Gedanke, der jedes Beweises entbehrte.
    Und plötzlich gewann eine andere Hand an Brisanz. Eine, die unvermittelt vor Pauls Augen erschien. Eine schmale, faltige Hand, die ohne jedes »Beiwerk« vor ihm herumfuchtelte. Gleichzeitig wisperte jedoch eine Stimme an seinem Ohr: »Nimm sie. Bevor dich die Chitinklaue wieder packt!«
    Er gehorchte bedenkenlos.
    Und wurde von Nele auf ihre Seite gezogen, wo sich die Umgebung, in der er sich zu befinden glaubte, von einem Atemzug zum nächsten aufs Radikalste veränderte.
    Vor Schreck hätte er beinahe ihre Hand losgelassen.
    Just in dem Moment, da die Schrecken sein Verschwinden bemerkten und hektische Aktivität abseits der Saleh-Kinder entfalteten.
    ***
    »Ich bin froh, dich wiederzusehen«, sagte Paul. »Aber was ich von dem da halten soll…« Seine Geste schien die ganze Umgebung einzuschließen. »Wie hast du das gemacht - und warum?«
    Nele schüttelte den Kopf. »Für so naiv halte ich dich nicht, dass du nicht längst die Wahrheit kennst.«
    »Wahrheit?«
    »Dass mit Sicherheit nicht ich das gemacht habe, beziehungsweise dafür verantwortlich bin.«
    »Sondern?«
    »Haben die Schrecken dir deinen Verstand ausgesaugt - wie den Kindern das Feuer?«
    »Du hast es gesehen?«
    »Ich bin fast zeitgleich mit euch hier angekommen.«
    Er presste kurz die Lippen zusammen. »Und sah es für dich auch so aus, als hätten sie den uralten Fluch der Salehs regelrecht in sich absorbiert?«
    »Warum hätte es für mich anders aussehen sollen?«
    »Weil sonst alles hier… anders ist?«
    »Nicht alles. Sieh dir diese Heuschrecken an. Und die Saleh-Kinder. Sie sind Konstanten in einem Gemälde, das aussieht, als hätte ein Geisteskranker es nur mit Schwarz und Grauschattierungen gemalt!«
    »Du willst aber jetzt nicht behaupten, diese hässliche, wie verbrannt aussehende Landschaft sei das wahre Eden - und das Idyll, das ich bis eben noch sehen konnte, nur Illusion?«
    »Es erscheint mir nur logisch - in Anbetracht der Vorgeschichte, die wir kennen.«
    »Du meinst die Sache mit Nikolaus und dem Engel?«
    »Und unserer Befürchtung, Nikolaus könnte das Verderben, das ihn schon in London befallen hat, ohne dass es ihm bewusst gewesen sein muss, in diese Nischenwelt getragen haben. Als wir ankamen, ließen wir uns von Reizen betören, die unsere Sinne überfluteten. Davor sind wir während des ›Ghostens‹ gefeit. Demnach sehen wir, solange ich meine Gabe einsetze, die ungeschminkte Wahrheit, nach der Eden ein zerstörtes Paradies ist. Aller Wahrscheinlichkeit nach als Folge von Nikolaus’ zweitem Besuch.«
    »Aber… die Düfte! Oder das, was uns visuell in ein Paradies eintauchen ließ! Selbst unser Tastsinn hat bestätigt, was wir sahen!« Er schüttelte den Kopf, als glaubte er, es gäbe doch noch eine andere Erklärung dafür, dass er jetzt auf eine Landschaft blickte, die wie ein Geschwür anmutete. »Wie sollte eine solch umfassende

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