Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0989 - Das Erbe der Fremden

0989 - Das Erbe der Fremden

Titel: 0989 - Das Erbe der Fremden
Autoren: Jason Dark
Vom Netzwerk:
Ihr zweites, sehr starkes Ich, das sich auch auf eine andere Art und Weise bemerkbar machte.
    Das war Celia bekannt. Wieder stieg etwas in ihr hoch. Etwas Fremdes und dennoch Vertrautes. Sie kam nicht damit zurecht, aber dieses Andere empfand sie als wunderbar. Sie wußte, daß es ihr eine Hilfe sein würde. Die Kraft, die sie zu Hause eingesetzt hatte, würde ihr auch jetzt zu Hilfe kommen.
    Celia veränderte sich nicht nur innerlich, auch nach außen hin blieb sie nicht mehr die gleiche, und das bekam Dragon mit. Er konnte sehen, wie sich die Augen veränderten. Schon im Hof hatte er sich unter dem Blick der jungen Frau unwohl gefühlt, nun aber sah er, daß diese Augen etwas Unheimliches und Fremdes abstrahlten, mit dem er nicht zurechtkam.
    Dragon verkrampfte sich. In der Umgebung der nächsten Häuser und der entsprechenden Hinterhöfe war er der King. Da konnte ihm niemand das Wasser reichen. Das versuchte auch niemand. Er und seine Kumpane kassierten von beinahe jedem Bewohner Schutzgeld.
    Niemand wagte aufzumucken, nicht mal mit Blicken.
    Und jetzt stand er vor dieser Person, die ihn einfach nur anstarrte.
    Mehr tat sie nicht.
    Er stöhnte auf. Er knirschte mit den Zähnen und dachte daran, daß er sich vor Head und der Ratte nicht blamieren durfte. Er suchte die Worte, sammelte sie und flüsterte: »Okay, bis hierher ist es nur Spaß gewesen, du verstehst? Spaß, nicht, aber jetzt wird es ernst.« Mit einer gelassenen Bewegung holte er das Messer hervor und ließ die Klinge aus der schmalen Lücke im Heft schnellen.
    Das dabei entstehende Geräusch animierte die anderen beiden, ebenfalls die Messer zu zücken. Dann kamen sie näher.
    »Schwierigkeiten, Dragon?« fragte einer.
    »Sie will wohl nicht, Ratte!«
    Der Typ kicherte. »Wenn sie nicht will, überlasse sie mir. Ich werde sie schon kitzeln.«
    »Das meine ich auch.« Dragon nickte. Irgendwo wollte er Celia noch eine Chance geben und sagte deshalb: »Willst du wirklich nicht, daß wir miteinander Spaß bekommen?«
    »Nein!«
    Kein Zittern in der Stimme. Keine Angst. Keine Panik. Der Anführer verstand die Welt nicht mehr. Aber er drehte nicht durch, denn er war gleichzeitig jemand, der es gelernt hatte, gewisse Dinge richtig einzuschätzen. Wenn sich jemand derart entschlossen verweigerte, dann mußte er sich seiner Sache ziemlich sicher sein. Nur wußte er nicht, worauf die bei dieser Person fußte. Sie war allein, auch in der Nähe hielt sich kein Helfer auf. Das hätte ihn eigentlich schon mißtrauisch machen müssen, aber er hörte in diesem Fall nicht auf seine innere Stimme, der andere Drang war stärker.
    »Ich übernehme sie!« erklärte Dragon, damit die anderen wußten, woran sie waren.
    Es widersprach keiner. Aber nicht der Befehl hatte die beiden Typen stumm gemacht, sondern die Bewegungen ihres Opfers. Celia spürte selbst, daß sich ihre Arme selbständig machten, sich abspreizten, und sie spürte auch, wie sich die Finger nach vorn drückten, als sollten die Hände ein Netz bauen.
    Die drei Hundesöhne waren für sie unwichtig geworden. Wie von einem mächtigen Keil getrieben, war die andere Kraft wieder in sie hineingestoßen. Sie war durch den Körper gejagt, hatte ihren Kopf erwischt und sich dort ausgebreitet.
    Wieder huschten Bilder an ihren Augen vorbei, die es als reale Existenz nicht gab.
    Das Wispern drang durch ihren Kopf. Vermischt mit einem leisen Flöten. So ähnlich empfand sie es. Oder wie jemand mit einem alten Radio auf Sendersuche ging.
    Aber sie hörte auch eine Stimme. Nicht menschlich, und trotzdem verstand sie die Worte.
    »Du bist eine von uns. Du schaffst es. Du hast die große Kraft…«
    Sie war tatsächlich da. Die Haare stellten sich auf, und die drei Hundesöhne sahen es.
    Stoßbereit ragten die Messerklingen aus ihren Fäusten hervor. Sie würden das Böse bringen. Das Blut, den Mord, den Tod…
    Die Ratte stöhnte zuerst.
    Head fing an zu zittern.
    Auch Dragon blieb nicht mehr ruhig. Ihn hatte es am stärksten erwischt. Er wollte es trotzdem nicht glauben. In seinem Magen war etwas zerrissen und hatte sich in zahlreiche Glassplitter aufgeteilt, die nun durch die Bauchhöhle wanderten. Er starrte auf seine »Beute«, die mit dem Rücken so hart an der Wand lehnte, als wäre sie mit dem alten, schmutzigen Putz verwachsen.
    Dann die Augen. So anders, ohne Pupillen, auch heller als das Licht in der Höhle.
    Was strömte ihm da entgegen?
    Und dann spürte er den Ruck.
    Plötzlich erwischte es seine rechte Hand.
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher