0990 - Der Killer-Clown
ließ. »Glaubst du, daß irgend jemand Jane Collins abgefangen hat?« fragte mein Freund.
Ich hob die Schultern. »Glauben - wissen, ich habe keine Ahnung. Ich will es nicht hoffen.«
»Aber du rechnest damit.«
»Müssen wir wohl. Oder?«
»Stimmt. An irgendwelche Verkehrsstaus glaube ich nicht. Nicht hier in dieser Gegend.«
»Wir sollten uns auf dem Gelände umschauen«, schlug ich vor. »Hier hocken wir wie auf einer Insel. Der Clown kann sich freuen, daß er uns unter Kontrolle hat. Er kann agieren, während wir hier nur sitzen und nichts tun. Das wird sich ändern.«
»Was haben Sie denn vor, Mr. Sinclair?«
»Das Gelände durchsuchen. Dieser Clown ist da. Es ist sein Spiel. Er hat für den tiefen Schlaf der anderen gesorgt. Er kann, wenn er will, hingehen und töten. Das muß man sich mal vorstellen. Und wir hocken hier, ohne etwas zu unternehmen.«
»Stimmt, Mr. Sinclair. Aber er wird Sicherheiten eingebaut haben. Ich glaube nicht, daß er sich so einfach fassen lassen wird. Er beherrscht uns.« Ihre Augen wurden groß, und sie starrte zuerst mich an, dann Suko. »Er beherrscht uns wirklich. Er ist derjenige, der sich das hier alles leisten kann. Und warum kann er das? Weil es Tiere gibt, die ihm gehorchen. Tiere ebenso wie Menschen. Wir…«
Es war vorbei mit Julias Erklärung. Auf einmal hörten wir den Clown, und das schrille Lachen hinterließ nicht nur bei mir eine Gänsehaut. Es drang durch die Wände des Wagens an unsere Ohren. Der Clown mußte in der Nähe stehen und seinen Spaß haben, während wir wie in einem Knast hockten.
In den letzten Minuten hatte keiner von uns mehr aus den Fenstern geschaut.
Jetzt wollten wir es wissen. Suko und ich waren am schnellsten.
Julia Sargasso wartete noch ab. Sie war blaß geworden, man sah ihr die Angst an.
Ich blickte aus einem der rechten, Suko schaute aus einem der linken Fenster.
Den Killer-Clown sah ich nicht. Dafür jemand anderen. Einen Freund von ihm.
Vor dem Wagen hatte sich ein Löwe aufgebaut und schaute mir direkt ins Gesicht…
***
Ich war im ersten Moment so perplex, daß ich nicht sprechen konnte.
Auch von Suko hörte ich zunächst keinen Kommentar. Nur Julia wollte wissen, was passiert war. Sie selbst schaute nicht aus dem Fenster.
Die Antwort gab Suko. »Ich bin mir nicht hundertprozentig sicher, aber ich denke, daß an meiner Seite ein Panther hockt und uns beobachtet.«
»Nein!«
Den Ruf der Frau ignorierte ich und erklärte statt dessen, daß ich gegen einen Löwen schaute.
»Verdammt!«
Jetzt hielt auch Julia nichts mehr an ihrem Platz. Sie drängte sich an meinem Rücken vorbei und baute sich neben mir auf. Das zweite Fenster lag nur einen halben Meter entfernt.
Ich drehte meinen Kopf nach links, um Julias Reaktion zu beobachten.
Sie wurde in Intervallen immer blasser. Dann holte sie tief Luft und schüttelte den Kopf. »Das ist Simba. Ja, wir haben den Löwen Simba genannt. Man hat ihn freigelassen. O Gott!«
»Die Raubtiere gehorchen dem Clown. Das habe ich selbst erlebt - bei den Hyänen.«
»Was tun wir jetzt?« Die Direktorin trat zurück. Sie war durcheinander. In ihrem Beruf hatte sie genug mit Raubtieren zu tun, aber da waren sie durch Gitter geschützt, und plötzlich fing sie an zu schluchzen. Es war etwas viel gewesen für sie. Sie brauchte einen Platz, um sitzen zu können.
Suko hatte sich abgewandt. Er kam auf mich zu. Gemeinsam beobachteten wir den Löwen. »Ob es uns nun paßt oder nicht, John, aber dieser Killer-Clown ist besser oder stärker, als wir angenommen haben. Er diktiert das Geschehen.«
Ich gab ihm recht, und Suko sagte einen Moment später: »Soll ich wetten, daß du an Jane denkst?«
»Du würdest gewinnen.« Ich behielt den Löwen im Auge. »Aber ich denke auch an den Clown. Wir haben sein Lachen gehört. Er muß sich einfach in der Nähe versteckt halten. Da er etwas von uns will, wird er sich auch zeigen.«
»Es ist sein Spiel. Er kann die Zeiten und auch die Regeln bestimmen.«
Suko holte tief Luft. »Ich werde mal die Tür an meiner Seite einen Spalt öffnen. Nur um zu sehen, wie der Puma reagiert. Das sollte uns eine Chance geben, um…«
»Da ist er!«
Ich hatte Suko unterbrochen, und mein Freund drehte sich augenblicklich.
Er starrte durch die Scheibe, aber auch Julia Sargasso hatte meine Worte gehört und wollte nicht mehr auf ihrem Platz bleiben. Sie stand mit fahrigen Bewegungen auf. Aus ihrem Gesicht war das Blut plötzlich gewichen. Die Augen wirkten doppelt so
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