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0992 - Der Judasbaum

0992 - Der Judasbaum

Titel: 0992 - Der Judasbaum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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Geliebte. Die habe ich verraten. Ich habe eine Geliebte über Jahre hinweg gehabt, obwohl ich verheiratet gewesen bin. Ich habe dieses Doppelleben geführt, und meine Frau hat nichts davon mitbekommen. Keiner wußte etwas, keiner hat etwas geahnt, nur die Kräfte im Sumpf wußten Bescheid. Sie wollten, daß ich meine Geliebte opfere, sie dem Sumpf übergebe, weil es dort jemanden gibt, den ich als Satan bezeichne, obwohl ich nicht davon überzeugt bin, daß es der Satan gewesen ist. Mir fiel nur kein anderer Begriff ein.«
    »Haben Sie es getan?«
    Der ehemalige Bischof holte tief Luft. »Nein, ich habe es nicht getan, obgleich ich es versprach. Ich habe es einfach nicht übers Herz bringen können«, flüsterte er.
    »Warum haben Sie es versprochen?«
    »Weil alles herausgekommen wäre.«
    »Verstehe«, sagte ich leise. »Sie steckten also in einer Klemme. Sie haben Ihre Geliebte nicht opfern können, aber Sie brauchten statt dessen einen Ersatz. Ist das so gewesen?«
    In seinem Gesicht arbeitete es, als er nickte. »Ja, da sind Sie auf dem richtigen Weg.«
    »Und wen haben Sie als Ersatz für Ihre Geliebte genommen, Herr Schneider?« fragte ich, obwohl ich die Antwort schon ahnte.
    »Das wissen Sie doch.«
    »Ihre Frau?«
    Er schaute zu Boden. Ich wußte, daß er meine Frage damit bestätigt hatte. Er hatte seine Frau in den Sumpf geschickt, um mit seiner Geliebten allein sein zu können. Ein verdammt harter Streß für ihn, und in seiner Haut wollte ich auf keinen Fall stecken. »Warum Ihre Frau, Herr Schneider? War sie Ihnen so wenig wert? War Ihnen das Leben eines Menschen überhaupt etwas wert?«
    »Doch – schon, aber Sie haben meine Frau nicht gekannt. Sie war schrecklich. Sie hat etwas geahnt. Sie hat mir Vorwürfe gemacht. Sie machte mir das Leben zur Hölle. Eines Tages konnte ich nicht mehr. Da habe ich ihr Schlaftabletten gegeben, sie in ein Boot gepackt und bin in den Sumpf gerudert. Ich habe sie dort hineingeworfen. Ich habe zugeschaut, wie sie verschwand, und ich habe gesehen, wie sie noch einmal hochkam.« Er schüttelte sich. »Es ist furchtbar gewesen, grauenhaft. Ihre Augen werde ich nicht vergessen. Sie kamen mir beim Auftauchen so groß vor, so wissend, obwohl sie vielleicht schon tot war, aber es war nun mal geschehen, und ich konnte es nicht mehr rückgängig machen. Ich bin dann wieder verschwunden und lebte mit der anderen heimlich zusammen, wobei ich meine Arbeit zur Verfügung stellte.«
    Es gab immer wieder neue Überraschungen im Leben, so auch jetzt. Menschen waren, sind und blieben ein Rätsel. »Ich kann mir vorstellen, daß Sie nach Ihrer Tat nicht glücklich gewesen sind, Herr Schneider. Schließlich gibt es noch so etwas wie ein Gewissen. Oder waren Sie schon so abgebrüht, daß Sie daran nicht gedacht haben?«
    »Auf keinen Fall«, flüsterte er. »Ich war nicht abgebrüht. Ich habe mein Gewissen schon gespürt. Es war eine schlimme Zeit für mich und auch für die Frau. Sie konnte es mit mir nicht mehr aushalten und ist dann verschwunden. Bei Nacht und Nebel tauchte sie ab.«
    Er hob die Schultern. »Nun ja, sie war um einige Jahre jünger als ich, und so war ich allein mit meinen Gedanken, mit meiner Reue, mit meinem Gewissen und den quälenden Vorstellungen.«
    »Das kann ich Ihnen gut nachvollziehen«, gab ich zu. »Aber ich möchte noch mal auf den Sumpf und diesen Baum zu sprechen kommen. Sie haben doch Ihre Frau nicht einfach in den Sumpf hineingeworfen. Jemand hat von Ihnen ein Opfer verlangt. Mich würde interessieren, wer das gewesen ist. Wer hat Ihnen befohlen oder gesagt, daß Sie einen Menschen opfern sollen?«
    »Ich habe ihn Satan genannt.«
    »Was nicht stimmt.«
    »Wahrscheinlich nicht.«
    »Also gut. Wer war es dann? Der Judasbaum, die beiden Hände, die aussehen, als wären sie Körper oder würden sich aus Körpern zusammensetzen? Wer hat es gesagt, Herr Schneider?«
    »Die Macht im Sumpf?« flüsterte er.
    »Hatte Sie einen Namen?«
    »Nein oder ja. Ich weiß es nicht. Sie befahl mir, es zu tun. Sie herrschte hier. Sie wollte Opfer.«
    »Moment mal«, sagte ich. »Ihre Frau ist nicht die einzige Person, die Sie in den Sumpf geworfen und damit getötet haben?«
    Der Mann neben mir senkte den Kopf. Er verkrampfte seine Hände ineinander. Er schluckte, und er sah aus wie jemand, der nach Worten sucht.
    »Wie viele, Herr Schneider?«
    »Ich weiß es nicht.«
    »Also nicht nur Ihre Frau?«
    »Richtig.«
    »Und warum?«
    »Weil ich es tun mußte. Er hat es

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