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0992 - Der Judasbaum

0992 - Der Judasbaum

Titel: 0992 - Der Judasbaum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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wenn seine Augen leicht brannten.
    Der Agent sah, was in den letzten Sekunden – oder waren es Minuten? – geschehen war.
    Er befand sich noch immer auf der Insel. Er schaute auch gegen den sie umgebenden Sumpf, aber seine Sicht war nicht mehr so wie früher, er sah jetzt von oben auf ihn herab.
    Von oben!
    Harry war völlig fertig. »Das gibt es doch nicht«, würgte er hervor.
    »Das ist nicht möglich!«
    Es stimmte. Er hatte sich nicht geirrt. Auch wenn er bei seinen Blicken die Richtung wechselte, er sah den Sumpf nicht mehr aus seiner normalen Perspektive, sondern tatsächlich von oben. Die gesamte Insel hatte sich aus dem Sumpf in die Höhe gedrückt, sogar die Reste der Hütte klemmten noch zwischen den Zweigen und Ästen.
    Oder doch nicht?
    Nein, etwas hatte sich verändert. Direkt unter ihm schimmerte dunkles Wasser wie ein Teppich aus Öl und Schmiere. Aber aus diesem Wasser hervor ragte ein dicker und relativ kurzer Baumstamm, von dessen oberen Ende keine Äste abgingen. Es waren andere Dinge, die einen Trichter bildeten.
    Das Geäst wuchs erst aus den Spitzen der Gegenstände hervor, die den Trichter bildeten.
    Zwei übergroße, riesige Hände…
    ***
    Die Entfernung war nicht zu nah und auch nicht zu weit. Ich konnte sehr gut erkennen, was dort ablief, und es geschah nicht nur im Wasser, sondern auch auf einer dieser Inseln, die eben das Sumpfgelände bedeckten. Daß das Wasser aufschäumte und als Wellen gegen meine Füße getrieben wurde, war nur zweitrangig. Wichtiger war dieses einfach unglaubliche Bild, das sogar eine Filmszene hätte sein können.
    Aus der Tiefe des Sumpfes erschienen die riesigen, wirklich baumgroßen und bleichen Hände. Sie waren einander zugewandt, als wollten sie sich im nächsten Augenblick ineinander verkrampfen.
    Aus den unnatürlich großen Kuppen der Finger wuchsen kahle Bäume hervor. Auch bei ihnen war das Astwerk gekrümmt. Die Spitzen bogen sich, so daß sie sich mit ihren Enden gegenseitig berührten.
    Es war etwas, mit dem ich nie im Leben gerechnet hatte. Ich hatte mir auch keine rechte Vorstellung von einem Judasbaum gemacht, dieses Bild allerdings wäre mir nie in den Sinn gekommen, und da konnte ich nur staunen und den Kopf schütteln.
    Daß dieser Baum nicht eben zu meinen Freunden zahlte, stand fest. Allerdings wußte ich nicht, was ich gegen ihn unternehmen sollte. Ich war zunächst nur zum Zuschauen verdammt.
    Neben mir stand Roland Schneider, der ehemalige Bischof. Er wirkte wie jemand, der voll und ganz in ein Gebet versunken ist, aber er hielt die Hände nicht gefaltet, denn seine Arme wirkten wie starre Stöcke zu beiden Seiten des Körpers.
    Es war nicht mal festzustellen, ob er atmete. Er stierte nach vorn, und auf seinem käsigen Gesicht hatte sich der Schweiß zu Tropfen gesammelt.
    Der Baum wuchs noch weiter. Das heißt, er schob sich mit seinem dicken Stamm aus dem Sumpf hervor. Die Rinde war dunkel, beinahe schon schwarz, und an ihr rann das Wasser herab als eine graue Flüssigkeit.
    Durch das Entstehen und Auftauchen dieses Baumes war das Wasser in Bewegung geraten. Die Brühe schwappte auf uns zu.
    Längst waren unsere Füße naß geworden, darum kümmerten wir uns beide nicht, denn der Judasbaum schob sich höher und höher.
    Oben am Himmel, und es sah so aus, als würde es schräg hinter ihm geschehen, drang die Sonne durch ein Wolkenloch. Der kalte Schein erwischte auch den Judasbaum. Er malte ihn an, er machte die Haut noch heller, und er ließ auch die Konturen schärfer hervortreten.
    Was ich beim ersten Hinschauen nicht richtig hatte erkennen können, fiel mir jetzt auf. Das Astwerk sah normal aus, und irgendwo auch die gewaltigen Hände, aber meine Augen weiteten sich, als ich sah, woraus diese Hände bestanden oder aus was sie sich zusammensetzten.
    Das waren Körper!
    Menschliche Körper.
    Ineinander so verwoben und verschlungen, daß sich diese Hände hatten bilden können. Aber das war nicht alles. Im Geäst entdeckte ich einen weiteren Körper, der allerdings war von dem dunklen Geäst durchbohrt worden. Ich konnte mir nicht vorstellen, daß noch eine Spur von Leben in ihm steckte.
    Unglaublich, aber es war nicht das Ende, denn dort, wo die beiden riesigen Handballen zusammenwuchsen, sah ich eine Bewegung.
    Dort richtete sich jemand auf.
    Zuerst ein Mensch, dann ein Tier.
    Ich erkannte einen Hund.
    Und ich sah noch mehr, denn das Licht ließ mir die Chance. Den Mann kannte ich. Er gehörte zu meinen Freunden, und ich hätte

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