0997 - Blut für den Götzen
was ist das gewesen?«
Der Reporter gab ihr keine Antwort. Er drehte sich aber um, und Laura machte die Bewegung wenig später mit.
Beide sahen, was dort passiert war.
Während Bill stumm auf der Stelle stand, konnte Laura den Schrei nicht halten.
Es gab die Wand nicht mehr. Sie war plötzlich verschwunden, und an ihrer Stelle öffnete sich ihnen eine andere Welt…
***
Da Sheila Conolly mir keine genaue Beschreibung des Ziels hatte geben können, war ich darauf angewiesen, unsere Zentrale einzuschalten und mir die Anschrift heraussuchen zu lassen. Man verband mich dabei mit den Kollegen der Sitte, die natürlich lachten, als sie von meinen speziellen Wünschen erfuhren.
»Kleine Entspannung vor Weihnachten, Mr. Sinclair?«
»Von wegen.«
»Worum geht es denn?«
»Sucht mir bitte die Adresse des Clubs ›Satisfaction‹ heraus. Mehr möchte ich nicht von euch.«
»Die können Sie gleich haben.«
»Wunderbar.«
»Das Etablissement befindet sich in Kensington. Sehr edel, sehr vornehm.«
»Und wo dort?«
»Einen Augenblick, das haben wir gleich.«
Ich verdrehte die Augen. Während des Telefonats war ich an den Straßenrand gefahren und schaute durch das Fenster. Die Blechlawine schien überhaupt nicht mehr abreißen zu wollen. Es wurde immer schlimmer in der Stadt.
Ich kam noch immer nicht darüber hinweg, daß Bill über Tage hinweg ein Bordell oder einen Club mit dem Namen Satisfaction besucht hatte. Es war einfach nicht seine Art, da kannte ich ihn lange genug. Bill hatte einen gewissen Stil, und wenn er so etwas tat, mußte er einen verdammt guten Grund haben.
Natürlich erzählte er Sheila nicht alles. Er und ich, wir wußten beide, daß sich Sheila immer schreckliche Sorgen machte, wenn ihr Mann unterwegs war und dabei an Fälle geriet, die besser von mir bearbeitet wurden. Da hatte er schon oft versucht, abzuwiegeln oder gewisse Ausreden zu finden. Ähnlich war es auch mit diesem Fall. Sheila davon zu überzeugen, war beinahe unmöglich.
Schon gar nicht in der Situation, in der sie sich befand. Jedenfalls war der Fall nicht einfacher geworden.
Auch über Bill ärgerte ich mich. Wenn er sich schon auf einer solchen Fährte befand, dann hätte er mir zumindest Bescheid geben und mich einweihen können, womit der Fall dann gemeinsam gelöst worden wäre, aber nein, er mußte ja den eigenen Weg gehen, auch wenn der ihn in ein Bordell führte.
»Mr. Sinclair…?«
»Ich bin noch da.«
»Das Haus finden Sie nahe des Holland Parks. Es liegt ebenfalls in einem kleinen Park.«
»Dann brauche ich noch den Namen.«
Ich bekam ihn und bedankte mich.
Ich suchte nach einer Lücke, um mich in den fließenden Verkehr einfädeln zu können. Es dauerte eine Weile. Ein starker Scheinwerfer leuchtete durch die Heckscheibe, dann rauschte ein Motorradfahrer dicht an meiner rechten Seite vorbei, den ich nicht gesehen hatte. Der Mann drohte mir noch mit der Faust, und ich winkte ab.
Bis Kensington und damit auch bis zum Holland Park hatte ich es nicht weit. Zwanzig Minuten später fuhr ich bereits in seiner Umgebung herum, fand auch die entsprechende Sackgasse, in die ich den Rover hineinlenkte.
Es war eine ruhige Gegend, mit nur wenigen Häusern, zumeist älteren Bauten.
Sie alle lagen in den grünen Inseln versteckt. Nur schwach schimmerten die Lichter durch die Schatten. Durchfahren bis zum Ende mußte ich, was ich auch tat. Eigentlich hatte ich mit einer roten Laterne gerechnet, wie es üblich war bei diesen Häusern, besonders auf dem Land, hier jedoch hatte man darauf verzichtet.
Ein beleuchtetes Schild wies auf den Parkplatz hin, mein Ziel.
Ich verließ die asphaltierte Fahrbahn. Unter meinen Reifen knirschten Steine.
Das Licht der beiden Scheinwerfer traf die abgestellten Autos, die nicht eben zu den preiswertesten gehörten. Deutsche und einheimische Luxuswagen wechselten sich ab. Den Autos nach zu urteilen, mußte man hier einiges löhnen, um Spaß haben zu dürfen.
Ich grinste, als ich darüber nachdachte, ob ich denn genügend Geld hatte. Zumindest, um die Getränke zu bezahlen, denn mit aufs Zimmer würde mich keine Maid schleppen können.
Ich suchte nach einer Lücke, fand weiter hinten noch offene Stellen und parkte den Rover unter den gerippeartigen Ästen eines blattlosen Laubbaums.
Ich stieg aus. Den Mantel ließ ich im Wagen, schloß ihn ab und schaute zum Haus hin.
Es war die Rückseite, und sie war auch bestückt mit zahlreichen Fenstern, die hoch bis zur zweiten Etage reichten.
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