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1 Frau, 4 Kinder, 0 Euro (fast): Wie ich es trotzdem geschafft habe

1 Frau, 4 Kinder, 0 Euro (fast): Wie ich es trotzdem geschafft habe

Titel: 1 Frau, 4 Kinder, 0 Euro (fast): Wie ich es trotzdem geschafft habe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra van Laak
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sie als eines der letzten Kinder abholte. Till ging nach der Schule gerne mit zu einem Freund, dessen Eltern ich sehr dankbar bin, weil sie Till wie einen zweiten Sohn mehrmals in der Woche bei sich aufnahmen. Ich legte Till an diesen Tagen einen Zettel in seine Butterbrotdose: »Heute mit zu Jakob gehen – und immer schön nett zu Jakobs Eltern und Emma (das war der riesige Hund) und natürlich zu Jakob sein«. Frieda nahm an verschiedenen AGs der Schule teil, und Jonas engagierte sich als Junghelfer beim THW. Ich wusste die Kinder gut untergebracht – das war nicht das Problem.
    Wenn nur die Jobsuche nicht so kompliziert gewesen wäre.
    Mama, kann ich dir einen Sparvorschlag machen?
    Natürlich, bin gespannt!
    Wenn ich beim Bäcker das Brot von gestern kaufe, kostet es einen Euro weniger. Das macht in der Woche so drei bis vier Euro aus. Dann haben wir jeden Monat ungefähr dreizehn, vierzehn Euro mehr, und dafür kaufen wir mehr von der leckeren Fleischwurst.
    Gute Idee, aber gespart ist das ja nicht. Nur umgeschichtet.
    Nee, Mama, wenn das Brot nicht so frisch ist, essen wir ja auch nicht so viel davon.

Das Leben ist eine Realityshow
    V om Unmöglichen zum Möglichen ist es manchmal nur ein kleiner Schritt. Ich wollte einen Job. Ich brauchte das Geld.
    Der Stellenmarkt gab für Leute wie mich nicht viel her: Zeitschriftenabos an der Haustür verkaufen, Fahrerjobs, ältere Herren besuchen, Model für Hobbyfotografen werden, leichte Vertriebstätigkeit – ich meldete mich auf eine Anzeige, in der Menschen für irgendwelche Fernsehshows gecastet werden sollten. Ich hatte mir noch nie eine solche Realityshow angesehen, sonst hätte ich mir das vielleicht noch einmal überlegt.
    Das Casting in einem feinen Hotel in der Nähe des Brandenburger Tors bildete den Auftakt zu meiner kurzen, armseligen Karriere als Darstellerin. Die Lobby platzte aus allen Nähten vor Menschen, die ihre persönliche Zukunft in einem Dasein als Fernsehschauspieler sahen. Hungrige, nervöse, nach Aufmerksamkeit heischende Augen überall, die meisten Leute zu fein angezogen, die Mädchen und Frauen übersorgfältig geschminkt.
    Die Masse der Egomanen war unübersichtlich, ich schätzte die Zahl der Bewerber auf dreihundert bis fünfhundert. Junge Männer in Jeans und schwarzen T-Shirts lenkten die Ströme in große Säle im Obergeschoss. Auf einigen Tischen lagen Formulare, niemand forderte uns auf, diese auszufüllen. Einige von uns, darunter auch ich, schrieben in vorauseilendem Gehorsam die vorgegebenen Zeilen der Zettel voll. Es war nicht mehr als ein einfacher Personenbogen, auf dem die wichtigsten Daten abgefragt wurden. Der Zettel kam nie zum Einsatz.
    Der Saal, in den ich hineingelotst worden war, wurde immer voller, nebenan gab es weitere große Räume, in die Menschen hineingeschoben wurden. Wir warteten. Von draußen fiel gleißendes Sonnenlicht in die klimatisierten Räume, auf dem sommerlichen Platz vor dem Hotel tummelten sich die Touristen. Ein junges hübsches Mädchen neben mir verschränkte die Arme, sie fröstelte. Sie trug ein bodenlanges, schwarzes, ärmelloses Ballkleid. Ihre blonden Haare waren sorgfältig in Locken gelegt, sie schaute ständig um sich, ihre unruhigen Augen wanderten die Kleidung ihrer Nachbarn ab. Sie schien nicht zu wissen, ob sie sich in ihrem Outfit überlegen oder deplaziert fühlen sollte.
    Einige schritten den mit dickem Teppich ausgelegten Raum von einer Wand zur anderen ab, schauten auf die Uhr, gingen aus dem Saal, kamen schnell wieder zurück. Wir alle bildeten einen seltsamen Kontrast zur fürstlichen Ausstattung der Räume mit Möbeln à la Louis-quinze, rauschenden Fensterkleidern und marmornen Tischplatten.
    Jetzt kam Bewegung in die Masse. Einer der jungen T-Shirt-Träger kam herein und rief: »Siebzig Personen bitte mitkommen, ich zähle ab.« Er hatte seine Stimme eine halbe Oktave höher geschraubt und presste die Sätze näselnd heraus. Wir strömten zur doppelflügeligen, mit goldenen Ranken besetzten Tür, er ordnete die eifrige Herde und zählte dabei ab, dabei berührte seine Hand beim Abzählen ab und zu die Schulter eines Bewerbers. Ich ließ mich als eine von siebzig treiben, sah das Schildchen an seiner Brust, irgendwas mit TV Production. Ein dicker Mann versuchte, im Vorbeilaufen eine Frage an ihn zu richten, der junge Mann zählte lauter weiter und hob dabei sein Kinn ruckartig nach oben.
    »Siebzig voll, gehen Sie zurück, es geht bald weiter.« Die Übriggebliebenen

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