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1 Frau, 4 Kinder, 0 Euro (fast): Wie ich es trotzdem geschafft habe

1 Frau, 4 Kinder, 0 Euro (fast): Wie ich es trotzdem geschafft habe

Titel: 1 Frau, 4 Kinder, 0 Euro (fast): Wie ich es trotzdem geschafft habe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra van Laak
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gesprochen hast«, sagte sie zu Frieda.
    In dieser Zeit liehen sich die Kinder besonders oft die Bände aus der Reihe »14 Mäuse« von Kazuo Iwamura aus. Darin wird auf entzückende Weise der Alltag einer japanischen Mäuse-Großfamilie beschrieben. Drei Generationen kommen miteinander auf engstem Raum aus, ein jeder hat eine Aufgabe, auch die Allerkleinsten, jede Arbeit wird von mehreren gemeinsam verrichtet, Begabungen werden effizient zum Wohle der Gemeinschaft eingesetzt, abends versammelt sich alles bei Kerzenschein, und man erzählt einander Geschichten, natürlich nicht, ohne dabei zu stricken, zu zeichnen oder etwas zu reparieren. Die Kinder faszinierten neben den wunderbaren Zeichnungen im japanischen Stil vor allem die Aufgaben, die ein jedes der zehn Mäusekinder mit großem Ernst und Freude erfüllte. Jede Maus hatte ihren Platz in der Sippe, und es wurde ihr von allen Seiten mit Respekt begegnet. Auf die notwendige Arbeitsteilung in dieser Großfamilie kam ich einige Zeit später für unsere eigene kleine Gemeinschaft zurück – und rannte bei Jonas, Frieda, Till und Millie offene Türen ein.
    Man muss den Kindern etwas bieten. Diesen Satz habe ich oft von Eltern gehört. Gemeint ist Unterhaltung, Erlebnis, Belustigung, Reisen, Markenkleidung, neueste Gadgets usw. Nein, man muss den Kindern nichts bieten. Emotionale Nähe und die Sicherheit, immer für sie da zu sein, das muss man den Kindern bieten. (Das ist weitaus schwieriger, als ständig die materielle Wundertüte hervorzuholen.) Jonas, Frieda, Till und Millie erwiesen sich als sehr genügsame Kinder, die mit viel Phantasie neue Universen für sich entdeckten. So beschäftigten sich Jonas und Till einen Sommer lang im hinteren Teil des Mietergartens damit, tief im Erdreich steckende, riesige, alte Metallbehälter auszubuddeln. (Zu DDR-Zeiten war auf dem verwilderten Gelände Tierfutter gelagert worden.) Die Jungs rackerten sich ab, feierten jede ausgegrabene Tonne lautstark, brachten sie zum Metallwarenhändler und kassierten mit von der sandigen Erde eingestaubten Gesichtern auch noch ein paar Euro für den Schrott. Diese wurden sofort in Eiswaffeln umgesetzt.
    Urlaub ist zu fünft nicht drin, wenn es auf jeden Cent ankommt. Selbst in den deutschen Jugendherbergen hätte ich mit allen Kindern inklusive Jugendherbergsausweis neunundsiebzig Euro pro Nacht gezahlt. Dieser Preis schockierte mich. Also kündigte ich den Kindern als Urlaubsereignis ein ungewöhnliches Zelten im Garten an. Ein Zelt besaßen wir nicht, dafür aber drei riesige Sonnenschirme vom Sperrmüll und ein fünf mal fünf Meter großes Tuch, das wir geschickt über die Schirme legten, so dass sich eine fast mystisch wirkende Behausung ergab. Ich legte noch ein paar Flickenteppiche hinein, dazu einen kleinen niedrigen Tisch, fünf Kissen, ein rundes Tablett mit Saft und Keksen. Jeder nordafrikanische Beduinenkönig wäre vor Neid erblasst. Wir schliefen sogar darin (die Nachbarn drohten mit dem Ordnungsamt), und auch wenn es für meinen Rücken nicht gerade erholsam war, so hatten wir ein köstliches Vergnügen an unserer Sommerzelterei, die uns nicht einen Cent kostete. Anja aus der ersten Etage kam am dritten Morgen hinunter zu unserem Zeltgebilde und brachte mir tatsächlich Kaffee an die Isomatte. Ich war so gerührt – und es war der beste Kaffee, den ich je getrunken habe.
    Im Herbst kam Jonas auf die Idee, sich ein Floß aus Tetrapaks zu bauen. Sein Interesse an Technik und sein Bedürfnis, sich körperlich zu betätigen, mündeten zum einen in sein Engagement als Junghelfer beim Technischen Hilfswerk, zum anderen wollte er gerne experimentieren. Alles, was nichts kostete und die Kinder weitestgehend alleine bewerkstelligen konnten, traf bei mir auf offene Ohren. Mit vier Kindern, die zum Frühstück Müsli essen, kommen schnell eine Menge leere Milchtüten zusammen. Jonas sammelte sie alle im Keller, bis er zweihundert Stück zusammenhatte. Dann machte er sich an die Konstruktion des Floßes, baute daran eine Woche lang und ließ es an einem der letzten Sommertage publikumswirksam am nahe gelegenen Badesee zu Wasser. Es hielt, und er paddelte stolz vor allen Augen damit hin und her. Dem kleinen Lokalblatt war es ein Foto und einen Artikel wert (Die Jugend von heute weiß sich auch sinnvoll zu beschäftigen usw.). Jonas war stolz, und sein Arbeitseifer wurde dadurch nur noch verstärkt. Die Floßgeschichte wurde übrigens später zum Türöffner an der Schule, bei der ich

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