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1 - Schatten im Wasser

Titel: 1 - Schatten im Wasser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Gercke
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Gewehr vom Sattel und stürzte ins Ried. Das harte, mannshohe Gras peitschte ihm ins Gesicht, und immer wieder stolperte er in Sinklöcher, strauchelte, vergeudete quälende Sekunden, um sich wieder aufzurappeln. Catherines Stimme klang übers Wasser zu ihm herüber, sehen konnte er sie noch nicht, aber er wusste, dass ihm kaum noch Zeit blieb, sie rechtzeitig zu erreichen. Das klatschende Geräusch war zu nahe gewesen.
    Sein Gewehr über dem Kopf haltend, kämpfte er sich weiter durchs Ried. Dann konnte er seine Frau schon sehen, und sein Herz stolperte vor Erleichterung. Sie plantschte mit unbeschwertem Vergnügen im schenkeltiefen Wasser, warf einen Wasserschwall mit den Händen hoch und drehte sich wie ein schimmerndes Feenwesen in dem glitzernden Tropfenregen.
    »Catherine«, schrie er. »Komm an Land! Beeil dich.« Er holte tief Luft, um seiner Stimme mehr Kraft zu verleihen, und verschluckte sich fast an dem starken Moschusgeruch, der ihm aus
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    dem feuchten Ufersaum entgegenschlug. Das Blut gefror ihm in den Adern.
    Er kam zu spät. Das Krokodil war in unmittelbarer Nähe. Fieberhaft schmeckte er den Wind, wendete seinen Kopf hierhin und dorthin, bis er feststellen konnte, wo der Geruch am stärksten war. Unmittelbar vor ihm.
    Das Reptil lauerte versteckt im Ufergras zwischen ihm und dem Kostbarsten, das er besaß, wartete begierig auf seine Beute. Hastig hob Johann sein Gewehr, spannte den Hahn und bewegte sich lautlos vorwärts.
    Wieder hörte er das klatschende Geraschel, mit dem die Riesenechsen ins Wasser gleiten, versuchte verzweifelt festzustellen, ob es immer noch dasselbe Tier war oder ob dieses Gesellschaft bekommen hatte. Dann teilte sich vor ihm die Grasmauer, er stand am Ufer und hatte freie Sicht.
    Es waren drei Krokodile, und keins war kleiner als fünfzehn Fuß.
    Catherine musste ihn gehört haben, denn sie drehte sich um und winkte ihm fröhlich zu. »Komm rein, du Feigling, es erfrischt ganz herrlich«, rief sie lachend. Hinter ihr erhob sich der Drachenkopf des großen Krokodils lautlos aus dem Wasser.
    Er brüllte wie ein verwundeter Stier, schoss. Der Schuss rollte über den Fluss, Vögel stiegen lärmend auf, stoben kreischend auseinander, als das Echo vom gegenüberliegenden Ufer zurückgeworfen wurde. Das Reptil schien aus dem Wasser zu springen, warf seinen Kopf zurück und riss den zähnestarrenden Rachen auf. Catherine fuhr herum, fand sich diesem Höllenschlund gegenüber und warf sich seitwärts. Das Maul schloss sich mit dem Geräusch einer zuschnappenden Falle, und die riesige Echse fiel leblos wie ein Baumstamm ins Wasser. Johann hatte ihr durchs Auge genau in ihr vorsintflutliches Sauriergehirn geschossen. Ein Meisterschuss.
    Catherine rappelte sich hoch und starrte auf das Tier, das nur wenige Schritte von ihr entfernt blutend im Fluss trieb. Plötzlich tauchte ein langer Schatten aus dem aufgewühlten, gelben Wasser auf, der Kadaver wurde wie von einer Riesenfaust gepackt und geschüttelt, und dann begann das Wasser zu kochen. Zwei, drei, fünf Krokodile zählte sie, die sich über ihren toten
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    Artgenossen hermachten und kürbisgroße Stücke herausrissen. Sie war kreidebleich geworden, fast durchsichtig, und Johann fürchtete, sie könnte einfach hintenüber ins Wasser fallen und eine leichte Beute für die übrigen gepanzerten Jäger werden.
    »Komm langsam ans Ufer, nicht hektisch, sonst erregst du ihre Aufmerksamkeit, ganz langsam«, rief er und sah nur an ihren Augenbewegungen, dass sie ihn verstanden hatte. Über das Visier seines Gewehres beobachtete er ihre Umgebung, bis sie nur noch wenige Schritte von ihm entfernt war. Mit einem Satz sprang er ins Wasser, schlang die Arme um seine Frau, hob sie mühelos hoch und warf sie sich wie eine Stoffpuppe über die Schulter.
    »Lass mich runter«, flüsterte sie und konnte das Klappern ihrer Zähne nicht beherrschen. »Mein Kleid muss hier irgendwo liegen.«
    Johann brachte sie erst zu den Pferden, wartete, bis sie sicher in Caligulas Sattel saß, und ging dann zurück, um ihre Kleidung zu suchen.
    Aber das Kleid war weg und die Schuhe auch. Vor ihm glänzte der Rücken eines riesigen Krokodils. Seine Panzerhaut tropfte vor Nässe, langsam wendete es sich ihm zu. Zwischen seinen Zahnreihen hingen königsblaue Fetzen, und ein zierlicher Stiefel lag vor ihm. Während ihn das Krokodil aus goldgelben Augen musterte, kaute es mit allen Anzeichen von Genuss auf der Wolle herum, packte den Stiefel, warf ihn hoch und

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