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1 - Schatten im Wasser

Titel: 1 - Schatten im Wasser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Gercke
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fand. »Ich möchte nie erleben, dass ich je vor diese Wahl gestellt werde, und jetzt wil ich nicht mehr darüber sprechen.« Er fixierte Jack mit einem Blick, der verriet, wie aufgewühlt er war. »Ich erwarte von dir, dass du meine Frau mit Respekt behandelst, merk dir das.« Mit einer ruppigen Bewegung riss er die Tür zum Wohnraum auf, blieb aber noch einmal stehen. »Ich werde die Pferde noch versorgen, dann gehen wir ins Bett. Du kannst im Wohnzimmer schlafen. Brauchst du noch etwas? Bist du allein?«
    Onetoe-Jack gluckste unbeeindruckt. »Nein, ich habe noch einen Freund aus Übersee mitgebracht, aber der kommt erst morgen. Abgesehen davon hast du doch gehört, was die junge Mrs. Steinach gesagt hat. Ich soll ihr aus den Augen bleiben, also werde ich im Kochhaus schlafen, da stolpert sie nicht gleich über mich. Kann doch nicht riskieren, dass sie mir im Schlaf die Kehle durchschneidet, deine kleine Wildkatze. Denk an die Schlange.«
    Vergnügt in sich hineinglucksend rief er seine Hunde, ging ums Haus, legte sich ohne große Umstände auf die Steine unter dem Grasdach des Kochhauses und rollte sich in seine Decke ein. Die Hunde drängten sich eng an ihn, und bevor Johann die Tür geschlossen hatte, begann er laut zu schnarchen.
    Der Vorhang entglitt Catherines zitternder Hand. Das also erwartete sie?
    Hatte Johann sie geheiratet, um eine bil ige Hausmagd zu bekommen?
    Kochen, backen, nähen, das Haus rein halten, Logiergäste unterbringen und bewirten und dann noch Personal führen, das keine Sprache sprach, die sie verstehen konnte, und das alles mit einem Lächeln! In einem Haus, das nur zwei Zimmer und eine Kochstelle praktisch unter freiem Himmel vorwies? Fast musste sie lachen bei dieser Vorstellung. Keine Bedienstete in Deutschland wäre imstande, alle diese Arbeiten allein zu verrichten. Sie schnaubte. Im Gegenteil, die würde schreiend davonlaufen. Dazu kam noch das, was Onetoe- Jack als Johanns dynastische Träume bezeichnete.
    Ihr Puls hämmerte, ein hohes Pfeifen füllte ihren Kopf, und für einen Moment glaubte sie, dass der Boden unter ihren Füßen sich bewegte. Mit zugekniffenen Augen bohrte sie ihre Fin
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    gernägel so hart in die Handflächen, dass blutunterlaufene Halbmonde zurückblieben, aber der Schmerz half ihr, sich wieder zu sammeln. Ihr erster Impuls war, auf der Stelle zu packen, zurück nach Durban zu reiten und sich nach Kapstadt einzuschiffen, und dann...
    Hier lief sie gegen eine gedankliche Wand.
    Cedric Arbuthnot-Thrice erschien vor ihrem inneren Auge. Er war reich.
    Wie er geprahlt hatte, besaß er ein großes Haus mit Dienerschaft und, wenn sie sich recht erinnerte, zwei Kutschen und einen Reitstall, und zumindest erwartete er offenbar nicht mehr von ihr, als dass sie seine Kinder gebar. Die feinen Härchen auf ihren Armen stellten sich auf, als sie sich vorstellte, was sie dafür tun musste, sie roch die säuerliche Geruchswolke, die er mit jedem Wort ausstieß, sah sich umringt von einem halben Dutzend blasser Gören mit wasserblauen Augen und karottenfarbenen Haaren.
    Die Möglichkeit, in Kapstadt als Gouvernante zu arbeiten, erschreckte sie fast noch mehr, dachte sie daran, wie Wilma Jessel jetzt lebte. Sie presste ihre heiße Stirn an die kühle, raue Wand. Von Kapstadt aus könnte sie nach Deutschland zurückgehen. Zu Adele. Sie würde zu Kreuze kriechen müssen, sich Adele und der alten Mechthild unterordnen, bis sie einen passenden Ehemann gefunden hatte.
    Wieder geriet sie in eine gedankliche Sackgasse.
    Die Fäuste geballt, hielt sie die Luft an und zwang ihre Tränen zurück.
    Es musste doch, Hölle und Verdammnis, eine andere Möglichkeit der Existenz für eine Frau geben! Sie wollte ihr Leben, ihr eigenes Leben, wollte nicht nur das ihres Mannes und der Kinder, die sie vielleicht haben würde, leben. Wollte sie selbst sein. Dieses Ziel würde sie erreichen, das würde ihr Traum sein, und war der Weg dorthin noch so verschlungen und steinig, sie würde es schaffen. Das schwor sie sich. »Ich bin ich«, sagte sie laut. »Catherine.«
    Johann auf der anderen Seite der Tür hörte ihre Stimme, holte tief Luft, sammelte allen Mut, den er besaß, dachte an die Scharmützel mit hungrigen Löwen und wütenden Büffeln und
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    dass er siegreich aus diesen Begegnungen hervorgegangen war. Seelisch so gestählt, klopfte er an die Schlafzimmertür. »Catherine, Liebling.«
    Schweigen antwortete ihm.
    »Catherine, mach bitte auf.«
    Sie warf sich aufs Bett und hielt sich

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