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1 - Schatten im Wasser

Titel: 1 - Schatten im Wasser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Gercke
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die das Schlangengift auf ihrem Rock hinterlassen hatte. Leicht hätte sie auf dem Boden dieses unappetitlichen Ortes ihr Leben verlieren können. Der Schrecken der Begegnung mit dem tödlichen Reptil kochte plötzlich wieder in ihr hoch, übertrug sich auf ihre jetzige Situation, die ihr ebenso ausweglos vorkam.
    Im Toilettenraum hatte sie gehandelt, und sie hatte es getan, nachdem sie die Sachlage nüchtern eingeschätzt hatte. So wie ihr Grand- pere das immer gepredigt hatte. Sie hatte sich nicht von ihren Gefühlen bezwingen lassen. In dieser Sekunde hatte sie gewählt, ihr Leben selbst in die Hand genommen und gewonnen.
    Sie ließ den Rock fallen und lief unruhig hin und her. Jetzt hatte sie wieder die Wahl. Sie konnte sich vom Leben hin und her werfen und es einfach fließen lassen, bis es sich an Geröll und Steinen zerschlug und endlich versickerte. Oder sie konnte seinen Fluss selbst bestimmen, sie ganz allein.
    Inzwischen war es draußen stockdunkel geworden, durchs fa-denscheinige Musselin floss die dunkelblaue Nacht herein, verdünnt von dem wolkenverschleierten Weiß des Mondlichts. Sie starrte auf das schwach leuchtende Viereck, bis ihr die Augen tränten, und langsam schob sich das Bild von dem weißen Schloss, das sie nach Johanns Worten in ihrer Fantasie gebaut hatte, über das, was hier auf dem Hügel in Stein und Holz stand. Als die beiden Bilder vollkommen übereinander lagen, entdeckte sie, dass das kleine Rieddachhaus wie ein Kern in der Schale des anderen saß.
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    Ihr Blick wanderte über das Regal die gespenstisch leuchtende Wand hoch. Der tote Gecko war verschwunden, die letzten Ameisen verschwanden eben in der Ritze zwischen den Bodenbrettern.
    Nachdenklich tastete sie sich zu ihrer Tasche, zog Decke und Nachthemd heraus und machte sich fürs Bett fertig. Dann kroch sie unter die Decke.
    Worte, unfertige Gedanken, Bilder wirbelten durcheinander, und sie hätte sie gern ihrem Tagebuch anvertraut, um zu erkennen, welches Muster sie ergaben. Aber es war dunkel, und sie hatte nirgendwo eine Kerze gesehen.
    Grübelnd wälzte sie sich herum, und jede Hoffnung auf Schlaf verflüchtigte sich.
    Im Durcheinander ihrer Gefühle vergaß sie für diese Nacht Konstantin und den Inhalt des Briefes, den sie in Onetoe-Jacks Hütte gefunden hatte.
    Johann verharrte noch immer vor der Tür und lauschte voller widersprüchlicher Regungen den gedämpften Lauten, die durch das dicke Holz drangen. Er sehnte sich danach, Catherine in den Arm zu nehmen, sie seiner Liebe zu versichern, ihr zu schwören, dass er alles in seiner Kraft Stehende tun würde, sie vor jeglicher Unbil zu schützen, ihr ein gutes Leben an seiner Seite zu bieten. Sie war noch so jung, und die Worte von Onetoe-Jack hatten ihn ins Mark getroffen, weil sie der Wahrheit entsprachen. Im Busch wurde fast Unmenschliches von den Frauen verlangt, und er hatte sie nicht davor gewarnt. Als sie ihm ihr Jawort gegeben hatte, hatte sie nicht gewusst, worauf sie sich einließ.
    Sein Ohr an die Tür gelegt, hörte er, wie sie die Reisetasche heranzog, ohne Zweifel ihre Decke aufs Bett breitete, stellte sich vor, wie sie sich ihr Kleid über den Kopf streifte, Schuhe und Unterkleid auszog. Dann ächzte das Bettgestell. Sie hatte sich hingelegt. Nach einer Weile, in der er keinen Laut außer dem Nachtgesang der Zikaden und den gelegentlichen Rufen der Ochsenfrösche vernahm, ging er in den Hof, versorgte bei Mondlicht die Pferde, holte seine Decke, und nachdem er kurz überlegt hatte, ob er in Sicelos Bienenkorbhütte schlafen sollte, die etwas abseits vom Kochhaus stand, entschied er sich dagegen und rollte sich auf dem Boden seines Wohnraums zusammen.
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    Doch auch er konnte nicht schlafen. Das Wissen, dass er Catherine ohne Vorbereitung in diese raue Welt gebracht hatte, quälte ihn mehr als das Fieber, das er wieder steigen fühlte.
    Eine unruhige Stil e senkte sich über Inqaba.
    Gegen elf Uhr, weder Catherine noch Johann schliefen, nur Onetoe-Jack schnarchte laut, wurde diese Stil e durch lautes Getrappel vieler kleiner Füße unterbrochen, ein Tier quietschte und dann noch eins und noch eins, das Trappeln wurde lauter. Catherine hielt sich die Ohren zu, und Johann schwor sich, am nächsten Tag auf Rattenjagd zu gehen und ihre Nester in der Toilette und im Rieddach auszuheben.

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KAPITEL II
    Aus jahrelanger Gewohnheit stand Johann schon vor Sonnenaufgang auf und stieg hinauf zu dem gemauerten Regenwasserreservoir am Hügelhang.
    Es maß

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