1 - Schatten im Wasser
Python und trennte den Kopf vom sich qualvoll windenden Rumpf. Dann schlitzte er fachmännisch den Bauch auf und zog die Haut ab, bevor er den Magen öffnete und, eins nach dem anderen, die Hühner herausholte. »Von der Haut werde ich dir ein paar Schuhe machen«, grinste er, fröhlich auf seiner Pfeife kauend. »Deine scheinen schon wieder hinüber zu sein. Du solltest 439
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dir angewöhnen, deine Schuhe nur im Winter zu tragen. Das spart. Viele hier machen das, und nach einer Zeit sind deine Fußsohlen so abgehärtet, dass du Schuhe nicht mehr vermisst.« Er legte die Schlangenhaut beiseite.
»Den Rest der Python essen wir auf. Ich helfe dir bei der Zubereitung.«
Die Hühner sahen etwas mitgenommen aus. Die Federn ließen sich leicht aus dem Fleisch ziehen, ein Beweis, dass der Verdauungsprozess schon eingesetzt hatte. »Wir werden sie gril en«, entschied Catherine, rieb sie mit Salz ein, füllte ihre Bäuche mit Kräutern und verschloss die Öffnung mit einem Holzspieß. Die Schlange hatte ihnen jeden Knochen im Leib gebrochen, und sie lagen wie formlose, weißlich graue Säcke auf dem Tisch.
Johann kam kurz darauf in die Küche, wo er sie al ein beim Bohnenputzen fand. »Wo ist Jikijiki?«
»Weg. Heute Morgen entschied sie, dass sie zurück in ihr Dorf gehen muss. Heute, gerade als sie dabei war, die Küche zu fegen. Sie stellte den Besen hin und verschwand!« Catherine setzte den Topf mit den Bohnen so hart auf den Tisch, dass er eine Scharte ins Holz schlug.
Johann zuckte die Schultern. »Sie wird wiederkommen, wenn es an der Zeit ist. So sind sie eben. Vermutlich wird sie im Umuzi gebraucht. Ich habe gehört, dass ihre Mutter krank ist.«
Der Fatalismus, mit dem er die Situation akzeptierte, ärgerte sie. »Wenn sich eine Hausangestellte in Deutschland so benimmt, verliert sie ihre Stellung, und zwar umgehend.«
»Jikijiki betrachtet sich nicht als Hausangestellte«, erklärte er geduldig.
»Sie betrachtet die Arbeit hier lediglich unter völlig eigennützigen Aspekten, nur als Mittel, Geld oder Essen zu bekommen. Loyalität, das Bewusstsein von Verpflichtung wirst du als Weiße nie von einem Zulu erfahren. Sie sind ein sehr stolzes, von sich überzeugtes Volk.« Er schmunzelte. »Sie betrachten die Welt von oben herab. Ihr Name sagt es schon, denn >Zulu< bedeutet >Himmel<. Sie sind das Volk, das Himmel heißt.«
»Ach, und wie ist es mit Sicelo?«
»Sicelo?« Wie sollte er erklären, was ihn mit dem Zulu verband? Sie hatten sich in einem Augenblick getroffen, da sie bei 440
de Verlassene waren, und als sie sich am Strand die Hände reichten, war es nicht zum Gruß gewesen, sondern sie hatten sich aneinander festgehalten. In jenem Moment waren sie eins geworden. »Mit Sicelo ist es etwas anderes. Komm«, wechselte er energisch das Thema, »lass mich dir helfen. Ich werde den Kürbis schneiden.«
Auch Dan de Vil iers kam in die Küche und machte sich daran, die gehäutete Python an der Innenseite mit Kräutern einzureiben. Tim Robertson bot sich an, den Tisch zu decken, während Rupert Farrington in Richtung Kochhaus verschwand, um das Feuer zu überwachen. Onetoe-Jack stand im Weg herum, rauchte und erzählte komische Geschichten, die er mit seinen reichen Klienten aus Übersee erlebt hatte.
Sie aßen spät, aber es wurde ein fröhlicher Abend und er versöhnte Catherine vollends. Timothy Robertson berichtete strahlend, dass die erste Ausgabe seiner Zeitung nächsten Monat, im März, erscheinen würde, und danach vorerst einmal alle vier Wochen. »Ich muss das Land noch besser kennen lernen, ein Netzwerk von Informanten aufbauen, damit ich wirklich alles, was in der Kolonie vor sich geht, erfahre.« Seine Augen glänzten, die Nase zuckte, als wäre er ein Bluthund auf der Spur eines Wilds. »In den vergangenen Wochen bin ich diesem Gerücht nachgegangen, dass den Zulus Elfenbein gestohlen wird, und hörte davon, dass sich im Südwesten von Inqaba eine Gruppe weißer Jäger aufhalten soll, genau in dem Gebiet, in dem in letzter Zeit Elfenbein verschwunden ist. Und ich habe immer wieder diesen Namen Kotabeni gehört.«
Nun erfuhr sie auch, warum alle auf einmal aufgetaucht waren.
»Wir müssen herausfinden, wer dieser Kotabeni ist, der angeblich den Zulus das Elfenbein stiehlt, bevor die uns überfallen, denn Khayi verbreitet das Gerücht, dass ich der Dieb bin«, erklärte Johann. »Morgen reiten wir los. Es kann zwei oder drei Tage dauern. Sicelo wird mich begleiten, aber Mzilikazi wird
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