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1 - Schatten im Wasser

Titel: 1 - Schatten im Wasser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Gercke
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hier sein, und ich lasse dir das Gewehr da. Dir kann nichts passieren.«
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    War er verrückt geworden? Sie sollte hier allein bleiben? Vor ihrem inneren Auge sah sie schon eine johlende Horde Zulukrieger in ihr Haus eindringen, sah die Hyäne mit dem albernen Namen Helene vor sich, dachte an die Python und die frischen Spuren des großen Leoparden direkt beim Haus. »Ich reite mit«, entgegnete sie. »Auf keinen Fall bleibe ich hier allein.«
    »Unsinn, Kleines, das ist viel zu gefährlich. Hier bist du sicher. Helene wird nicht wiederkommen.«
    Sie sah ihrem Mann fest in die Augen. »Ich komme mit. Ich bleibe hier nicht allein, nicht, wenn da draußen blutrünstige Zulus und hungrige Hyänen lauern. Basta. Und nenn mich nicht Kleines. Ich bin erwachsen.«
    Das Letzte flüsterte sie ihm zu.
    Dan, der das wohl verstanden hatte, schmunzelte. Alberne, gezierte Frauen waren ihm ein Gräuel. Er fand Catherines Direktheit, ihre ungewöhnliche Art, mit Männern umzugehen, sehr erfrischend. Nein, korrigierte er sich im Geiste, du hast dich in dieses entzückende Geschöpf verliebt, du alter Gauner. Er unterdrückte einen Seufzer des Bedauerns.
    Die Glut in ihm war längst erloschen. Nur ein Schmerz war geblieben, sanft und vertraut, die scharfen Kanten von der Zeit rund geschliffen. Einmal hatte er sich in die Verlobte eines Freundes verliebt, hatte blind vor Begehren die Grenzen von Freundschaft und Anstand niedergerissen. Das Mädchen konnte mit dem Schuldgefühl nicht leben. Sie ging ins Wasser.
    Sein Freund meldete sich zum Kriegsdienst und fiel in den ersten Tagen.
    Bis heute war er überzeugt, dass sein Freund den Tod gesucht hatte. Er selbst hatte schon die Pistole in der Hand gehabt, den Hahn gespannt und gegen seine Schläfe gepresst, als er sich bewusst wurde, wie feige dieser Ausweg war. Seitdem büßte er, hatte nie wieder eine andere Beziehung zu einer Frau gehabt als eine flüchtige, für die er zahlte. Und nun gab es Catherine. Trübsinnig rieb er den Schmerz weg.
    Johann indes versuchte mit allen Mitteln, sie von ihrem Vorhaben abzubringen. »Wir werden bei Sonnenaufgang aufbrechen und schnell reiten, keine Rücksicht auf dich nehmen können, es wird sehr anstrengend werden, und du wirst auf der
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    nackten Erde schlafen müssen. Es gibt da auch keine Toilette. Nur Busch, und der ist voller Schlangen!« Aber ein Blick in ihre herausfordernd funkelnden Augen und auf seine breit grienenden Freunde sagte ihm, dass er sich nicht nur gegen Catherine durchsetzen musste. Al e lagen ihr zu Füßen. Knurrend gab er nach. »Schlangen gibt es da, große und sehr giftige«, drohte er noch einmal.
    »Dann nehme ich das Gewehr und schieß sie tot«, rief sie. »Morgen werde ich üben.«
    »Wir werden es Ihnen beibringen«, riefen ihre Gäste im Chor, und sie musste lachen. Es versprach in ihrer Gesellschaft ein lustiger Ausflug zu werden.
    »Wie geht es Ihrer Frau und den Kindern, Mr. Robertson?«, fragte sie.
    »Prächtig, prächtig«, rief er. »Es ist ein wenig beengt in dem Zelt und zu mancher Zeit kalt und nass, auch plagen uns Ungeziefer und die Mücken aus den Sümpfen, aber es wird nicht mehr lange dauern, und wir werden ein Stück Land erstehen können und dann ein Häuschen bauen.« Er wirkte wie ein großer Junge, voller Tatendrang und überschäumendem Enthusiasmus. »Und bitte nennen Sie mich Timothy.«
    Catherine hatte sich anfanglich mit der Distanzlosigkeit, mit der Johanns Freunde ihr begegneten, schwer getan. Mit der Zeit aber hatte sie sich an die lockere Vertraulichkeit gewöhnt. Sie nickte lächelnd und fragte sich dabei, ob Mrs. Robertson die Begeisterung ihres Mannes teilte. »Ihre Frau ist zu bewundern, Timothy. Wie schafft sie das nur? Zwei Erwachsene, vier energiegeladene Kinder und einen Säugling unter diesen Umständen in einem Zelt zu versorgen! Wo kocht sie, wo wäscht sie? Macht sie alles allein?«, rief sie und betrachtete mit einem Anflug von Demut und Dankbarkeit ihr vergleichsweise luxuriöses Heim. Über die Frage, wo die Robertson-Familie ihre Notdurft verrichtete, wollte sie gar nicht erst nachdenken.
    Zu ihrem Erstaunen errötete Tim Robertson bis unter die Wurzeln seines sandfarbenen Haars. Es war offensichtlich, dass er diesen Gesichtspunkt bisher noch nicht bedacht hatte. »So-443
    bald ich zurück in Durban bin, werde ich ihr einen Kaffer besorgen«, murmelte er statt einer Antwort.
    Als sie abends die Schlafzimmertür hinter sich schlossen, schlüpfte der junge Rüde mit

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