1 - Schatten im Wasser
konnte aber kaum seine Sorge um den Freund verbergen.
Abwechselnd hielten sie nachts Wache neben Jack, und alle waren heilfroh, als sie am vierten Tag Milas Hof erreichten.
Sie überraschten die Hausherrin im Gemüsegarten. Ganz in Schwarz gekleidet, stand sie mit durchgedrückten Knien über die Beete gebeugt und jätete Unkraut. Einer ihrer Zulus schützte sie mit einem aus Palmwedeln geflochteten Schirm vor der stechenden Sonne.
Rupert Farrington saß ab und ging zu ihr. »Mila, meine Liebe, wäre es nicht eine bessere Idee, wenn dein Zulu das Unkraut jätet? Diese Tätigkeit ist nicht sehr damenhaft.«
Sie richtete sich auf, der Schweiß rann ihr aus den silberweißen Haaren.
Sie wischte ihn mit dem Unterarm weg. Ein erdverschmierter Fleck blieb auf ihrer Wange zurück, der ihrem gebräunten Gesicht etwas Verwegenes gab.
Sie lächelte. »Ich habe längst aufgehört, eine Dame zu sein, liebster Rupert. Es ist nur hinderlich in diesem Land.« Ihr Blick fiel auf Onetoe-Jack.
»Was ist denn mit unserem Lord los? Er sieht aus wie gekochte Hafergrütze.«
Sie erzählten es ihr, und nachdem sie den schwarzen Finger und die aufgeplatzte Haut der Hand untersucht hatte, befahl sie Sicelo und ihrem Zulu, Onetoe-Jack im Wohnzimmer auf die
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Couch zu legen. Erst dann schien sie Catherine wahrzunehmen. Sie stemmte die Arme in die Seiten und bedachte die anwesenden Männer mit vernichtenden Blicken. »Und was macht eine Frau bei dieser Expedition, wenn ich fragen darf?«
»Ich hatte Angst, allein zu bleiben«, warf Catherine rasch ein. »Ich habe sie dazu gezwungen.«
»Soso«, machte Mila spöttisch. »Du hast die fünf großen Kerle dazu gezwungen. Mit der Peitsche etwa oder mit der Flinte im Anschlag? Du hättest sie besser zu mir gebracht, Johann Steinach. Das war höchst leichtsinnig, und das weißt du. Hier, helft mir mal, Pieter ist noch auf den Feldern und wird heute spät kommen.« Damit stellte sie die anwesenden Männer an, Feuerholz zu suchen, während ihr schwarzes Hausmädchen in der Küche Gemüse putzte. »Du kannst dich in meinem Schlafzimmer waschen, Catherine. Wasser ist in der Kanne.«
Mit Schwung sprang Catherine vom Pferd. Sogleich verspürte sie das dringende Bedürfnis, die Toilette aufzusuchen. Leise fragte sie Mila danach, hoffte inständig, nicht buschen zu müssen, und eilte dann erleichtert hinter das Hauptgebäude. Mila gehörte zu den wenigen, die ein Toilettenhäuschen besaßen.
Hochrot vor Verlegenheit zog sie kurz darauf Mila beiseite und flüsterte ihr etwas ins Ohr. Ihre Gastgeberin hörte ihr genau zu und schmunzelte dann. »Ekelhaft, nicht wahr? Aber nichts Ungewöhnliches hier. Du hast einen Bandwurm, kein Wunder, dass du dauernd hungrig bist und isst wie ein Scheunendrescher. Doch wir müssen zusehen, dass wir ihn loswerden.
Du solltest immer sehr darauf achten, dass alles Fleisch, das ihr zu euch nehmt, gut durchgegart ist.« Mit raschelnden Röcken ging sie ihr voraus in die Küche. »Die Wurzeln vom Granatapfel sind ein sicheres Mittel gegen Bandwurm. Auch sonst ist die Pflanze sehr nützlich. Ein Tee der getrockneten Rinde und der einer frischen Frucht hilft bestens bei Durchfall.
Jeder sollte sie im Garten haben. Ich werde dir einen jungen Baum mitgeben.« Einer Büchse entnahm sie eine getrocknete Frucht, Wurzeln und ein paar dünne Zweige, schälte sie, schnitt sie klein und setzte alles mit ein wenig Wasser auf. »Es schmeckt höllisch bit-471
ter, aber mit einem Löffel Honig ist es erträglich«, sagte sie und reichte Catherine das brühheiße Getränk.
Johann betrat die Küche, um einen Topf Wasser zu holen. Er schnupperte an Catherines dampfendem Becher. »Granatapfeltee ...
Himmel, Liebling, du hast doch nicht etwa einen Bandwurm?«
»Ich wil nicht darüber reden«, fiel sie ihm hastig ins Wort.
Am nächsten Morgen verabschiedeten sie sich aufs Herzlichste. Jack konnte schon wieder aufstehen und wäre liebend gern mit ihnen geritten, aber die resolute Mila Arnim blaffte ihn an, er solle sich gefälligst ruhig halten, um keinen Rückfall zu provozieren. Sie hätte weder Lust noch Zeit, sich um einen Todkranken zu kümmern.
Johann grinste schadenfroh. »Du tust besser, was sie sagt. Du weißt, dass sie mühelos einen Löwen kirre machen kann, wenn sie zornig ist.«
Onetoe-Jack blies seine Wangen auf und fügte sich grollend.
»Timothy, vergessen Sie nicht, mir ein Exemplar Ihrer ersten Zeitung bringen zu lassen«, mahnte Mila den jungen
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