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1 - Schatten im Wasser

Titel: 1 - Schatten im Wasser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Gercke
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sie. »Ich hab mich nur verschluckt, eine Fliege war's vermutlich, außerdem habe ich Hunger ... und Durst... und überhaupt...«
    Sie verhaspelte sich und betete, dass er nichts gemerkt hatte.
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    Dan de Vil iers gluckste. Er reichte ihr ein dickes Stück Fleisch. »Hier, damit du uns nicht umfällst, bevor das Frühstück fertig ist.«
    Sie griff nach dem Fleisch wie nach einem Rettungsanker, zutiefst dankbar, dass der Schlangenfänger eine Ablenkung geschaffen hatte. Ihr Kopf dröhnte, Worte summten wie aufgescheuchte Wespen. Kotabeni?
    Konstantin als Anführer einer Bande von Banditen? Wie Schatten im Wasser die Ruhe stören, zerstörte dieser Gedanke ihre Gelassenheit.
    Nie, dachte sie, nicht Konstantin, Graf von Bernitt. Einem unwiderstehlichen Impuls folgend, holte sie in einem unbeobachteten Augenblick das Taschentuch aus der Rocktasche und roch daran. Wieder stieg ihr ganz schwach das Parfüm seiner Zigarren und der herben Seife, die er benutzte, in die Nase, und für Sekunden war sie in dem Ballsaal in Wien, die Musik spielte, Hunderte von Rosen verströmten ihr süßes Aroma, und Konstantins Lippen berührten ihre. Es warf sie völlig aus dem Gleichgewicht. Die animalische Anziehungskraft Konstantin von Ber- nitts wirkte sogar über den Duft seines Taschentuchs. Als hätte sie sich verbrannt, steckte sie es weg. Ihre Augen flogen zu ihrem Mann.
    Den Sonnenhut tief ins Gesicht geschoben, stand er mit Rupert, Dan und Tim neben dem Lager von Onetoe-Jack. Er überragte alle Männer um mehrere Handbreit. In der trotz des frühen Morgens rasch zunehmenden Hitze hatte er sein Hemd ausgezogen, sein muskulöser Oberkörper war sonnengebräunt. Als spürte er ihre Blicke, hob er den Kopf und schaute über die Köpfe der anderen zu ihr hinüber, ein intimes Lächeln umspielte seinen Mund, eines, das nur für sie bestimmt war.
    Ihr wurde plötzlich warm, ihre Wangen glühten. Spontan legte sie einen Finger an die Lippen und schickte ihm einen Luftkuss, dann senkte sie verwirrt den Kopf. Mechanisch kaute sie das zähe Wildfleisch und versuchte, ihre widersprüchlichen Gefühle zu ordnen. Begann Johann Konstantin aus ihrem Herzen zu verdrängen? Konstantin, das war die Amour fou, das Herzjagen, die Atemlosigkeit, die sie überfiel wie ein Fieberanfall, sie
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    himmelhoch jauchzen ließ und gleich darauf in den Abgrund der Verzweiflung stieß. Johann hatte ihr seine unerschütterliche Liebe und seinen Traum zu Füßen gelegt, bot ihr Wärme und Geborgenheit und die Gewissheit ihrer gemeinsamen Zukunft. Tief in ihrem Herzen glühte ein Funke auf, es überfiel sie wie aus heiterem Himmel.
    Meine Güte, dachte sie, sollte ich dabei sein, mich in meinen eigenen Mann zu verlieben?
    Am meisten überraschte sie das Glückgefühl, das sie bei diesem Gedanken durchströmte. Sie vergrub ihr erhitztes Gesicht in den Händen, um ihre Beherrschung wiederzuerlangen. Johann war ein guter Beobachter.
    Würde er etwas merken und sie darauf ansprechen, konnte das, da war sie sich sicher, zu einer Katastrophe führen. Sie war zu erregt. Ein Wort würde zum anderen führen, und am Ende würde ihre Ehe vielleicht in Scherben liegen. Sie biss in ihren Handballen, um sich zur Besinnung zu bringen.
    »Hier ist etwas zur Wiederbelebung nach dieser grässlichen Nacht.«
    Sie nahm ihre Hände vom Gesicht. Rupert stand vor ihr und hielt ihr einen Becher mit schwarzem, dampfendem Kaffee hin. Dankbar nahm sie ihn entgegen, verbrannte sich jedoch sogleich die Zunge an dem heißen Gebräu. Der Schmerz riss sie aus ihrem inneren Tumult.
    »Frühstück ist fertig. Würde die gnädige Frau sich bitte ins Speisezimmer bemühen?« Rupert bot ihr seinen Arm und führte sie hinüber zu den anderen.
    Dan trieb alle zur Eile an. »Wir müssen diesen Faulenzer in sein Umuzi bringen«, knurrte er und piekte Onetoe-Jack mit einem Messer in die Rippen. »Den Finger wirst du verlieren«, meinte er nach kurzer Untersuchung des mittlerweile schwarz verfärbten Fingers. »Am besten, du schneidest ihn dir gleich ab. Oder soll ich das für dich tun? Manchen Leuten bereitet es ja Schwierigkeiten.«
    Catherine blieb der Bissen im Hals stecken. Meinte er das ernst?
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    Onetoe-Jack wurde fahl unter seiner tiefen Sonnenbräune. »Der bleibt dran, bis er abfällt«, brüllte er.
    Johann war ungewöhnlich schweigsam. »Ich traue Khayi nicht«, sagte er endlich. »Der hinterlistige Halunke bringt es fertig und lässt die Kerle als Leopardenköder hängen. Er ist ein

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