1 - Schatten im Wasser
Aufwiegler, ihm wäre damit gedient, wenn es Unruhen gibt. Er wird es sofort zum Anlass nehmen, Inqaba anzugreifen. Wie ist es, Rupert, kommst du mit? Wenn wir stramm reiten, schaffen wir es in zwei Stunden hin und zurück. Ich möchte mich vergewissern, dass diesen Elfenbeindieben ihr elendigliches Leben erhalten bleibt.«
Sie schafften es in weniger als einer Stunde, den Baum, den Sicelo genau beschrieben hatte, zu erreichen.
»Verflucht!«, schrie Rupert, als er sah, was sie erwartete. »Khayi hat sie die ganze Nacht am Baum gelassen. Das war ihr sicheres Todesurteil.«
An einem niedrigen, waagerecht ausladenden Ast des Baumes baumelten drei zerrissene Stricke, am Boden darunter stritt sich ein Rudel knurrender Hyänen um etwas Blutiges. Rupert riss seine Flinte an die Schulter und feuerte in die Masse graubraun gefleckter Rücken. Mehrere Tiere jaulten schril auf, eins blieb liegen, die anderen rannten in dem merkwürdig hoppelnden Trott ihrer Art in den Busch. Rupert sprang vom Pferd und zerrte die tote Hyäne von ihrer Beute herunter. Es waren die Überreste mindestens zweier Menschen, deutlich zu erkennen an den blank genagten Oberschenkelknochen, den zerfleischten Gesichtern und Oberkörpern.
»Diese Verletzungen stammen nicht von den Hyänen, das war ein Leopard«, sagte Johann grimmig. Er drehte einen der Köpfe mit einem Stock um. Die Schädeldecke am Hinterkopf sah aus wie eine eingedrückte Eierschale. Rasch untersuchte er den anderen Schädel und fand ihn ähnlich zugerichtet. »Und das hier war überhaupt kein Tier. Die Männer wurden mit einem Kampfstock erschlagen.« Er durchstöberte die Kleidungsfetzen nach einer Möglichkeit, die Toten zu identifizieren. Er fand nichts. »Wären wir etwas später gekommen, wäre nichts mehr von den 468
beiden übrig gewesen. Die Hyänen hätten die Drecksarbeit für Khayi gemacht.« Schwer atmend stand er da und schaute auf den toten Dieb hinunter.
»Wir sollten sie begraben. Khayi können wir später zur Rechenschaft ziehen.« Johann band Caligula am Baum fest und suchte eine weiche Stelle im Boden.
Mit bloßen Händen gruben die beiden Männer eine flache Grube, schoben die zerstückelten Leichen hinein, füllten sie wieder auf, wuchteten ein paar große Steine heran und rollten sie auf das Grab.
»So, die Aasfresser kommen da nicht mehr heran. Hoffentlich ist wenigstens der dritte Mann davongekommen.« Johann wischte sich die Hände mit abgerissenen Blättern ab und schwang sich auf Shakespeares Rücken. »Kein Wort vor Catherine, ich bitte dich«, sagte er.
Rupert nickte. »Natürlich. Was machen wir mit diesem mörderischen Zulu? Ich würde am liebsten in sein Umuzi reiten und ihn über den Haufen schießen. Das würde einige Probleme lösen.«
»Das wäre Wahnsinn und einfach schlichter Mord. Wir werden das eleganter machen. Wir präsentieren König Mpande die Tatsachen. Glaube mir, Khayi wird bestraft werden. Nichts be- hagt dem dicken König weniger als kriegerische Unruhen, die ihn bei seinen Lieblingsbeschäftigungen stören: seine Frauen zu beglücken und zu essen. Wir sollten aber Dan und Onetoe-Jack nicht unbedingt die volle Wahrheit sagen. Ich befürchte, sie könnten archaische Rache nehmen.«
»Auge um Auge, Zahn um Zahn? So etwa?«
Johann schüttelte grimmig den Kopf. »Wenn das wenigstens so wäre, aber Dan, der alte Bure, neigt dazu, das Verhältnis eher eins zu zehn zu sehen, das heißt, zehn Zulus für einen Weißen.«
Im Lager angekommen, sahen sie, dass die anderen fertig zum Aufbruch waren.
»Nun?«, dröhnte Dan. »Hingen sie noch da, oder hat sie Ingwe gefressen?« Er lachte glucksend.
»Nein, wir haben nichts gefunden.«
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»Gott sei Dank«, sagte Catherine und schnallte dabei ihre Satteltaschen zu. »Du machst ein so furchtbares Gesicht, dass ich schon dachte, dass nur noch die zerfleischten Leichen da gehangen haben.« Vorsichtig setzte sie ihren linken Fuß in Dans verschränkte Hände und schwang sich in den Sattel.
Sie lenkten ihre Pferde heimwärts, und Johann achtete sorgfaltig darauf, dass ihm seine Gesichtszüge nicht noch einmal entgleisten; er bemühte sich um muntere Konversation und scherzte und lachte mit seiner Frau.
Onetoe-Jacks Zustand zwang sie, häufige Pausen einzulegen. Immer wieder wurde ihm übel, einmal fiel er vom Pferd, bevor Rupert und Dan ihn auffangen konnten. »Wir werden dich und deine jaulende Hundemeute morgen bei Mila Arnim abladen. So bist du nur ein Klotz am Bein«, raunzte Dan,
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