1 - Schatten im Wasser
Busch verschwunden waren.
»Dem habe ich's gezeigt«, erzählte sie Johann abends zufrieden und erklärte ihm die Sache mit der Lupe. »Die werden mich in Zukunft in Ruhe lassen.«
»Mit der Lupe verkehrt herum. Soso«, sagte Johann; er wusste nicht, wie er seine Bewunderung ausdrücken und sie gleichzeitig zur Vorsicht mahnen sollte. Zuluhäuptlinge nahmen es nicht mit Humor auf, wenn man sie lächerlich machte. »Das war ein guter Trick, wirklich, witzig für uns Weiße. Aber ich möchte dich um etwas bitten.« Er wartete, bis sie ihn ansah. »Bitte schlüpfe in die Haut des Häuptlings, und sag mir, was du dann gesehen hättest.«
Catherine runzelte die Brauen, wollte etwas Abwehrendes sagen, verstummte dann und konzentrierte sich. »Ich sehe eine weiße Frau«, antwortete sie schließlich langsam, »die über mich lacht.« Betroffen hielt sie inne. Genau das hatte sie getan. Röte kroch ihr ins Gesicht. »Ich sehe eine weiße Frau, der mein König Land geschenkt hat und die meine Sitten und Gebräuche verspottet.« Sie schwieg und hob ihre Augen zu ihm. »Ich werde es nicht wieder vergessen«, sagte sie dann.
Lange Zeit passierte nichts, und Johann war die Begebenheit fast entfallen. Eines Nachts jedoch, in der Stunde nach Mitternacht, in der die Geister wandern und die Teufel ihre Hölle verlassen, wachte er von einem Geräusch auf. Es war nicht laut, nur ein leises Schaben, dann ein hauchzartes Klirren. Er setzte
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sich auf und schwang seine Beine behutsam auf den Boden, darauf bedacht, Catherine nicht zu stören. Sie rührte sich im Schlaf, murmelte etwas, schlief aber weiter. Sein Gewehr packend, schlich er leise zum Fenster und schob den Musselinvorhang mit dem Lauf zur Seite.
Angespannt lauschte er auf das verräterische Klicken großer Krallennägel auf dem Holzfußboden, auf die Schwingungen, die ein schwerer Körper wie der eines Löwen verursachen würde, und verfluchte die Tatsache, dass er immer noch keine Scharniere für die Fenster bekommen hatte und die Läden im Schuppen lagen. Die Fensteröffnungen im Wohnraum waren groß genug, dass ein hungriger Löwe sich durchwinden konnte.
Aber zu seiner Erleichterung hörte er nichts dergleichen.
»Johann, was ist?«, wisperte Catherine vom Bett.
Er drehte sich um, legte einen Finger auf den Mund und beobachtete die Veranda. Wolken zogen an der Mondsichel vorbei, huschende Schatten gaukelten ihm Formen und Gestalten vor, die es nicht gab, ein schwacher Lichtblitz leuchtete auf, war aber so schnell verschwunden, dass er unsicher war, ob er sich nicht getäuscht hatte. Langsam öffnete er die Verandatür, hielt die Luft an, als sie knarrte, und glitt dann hinaus, geschmeidig und lautlos, trotz seiner Größe.
Kein Mensch und auch kein Tier war zu sehen. Aber die Tür, die von der Küche zum Kochhaus führte, stand einen Spalt offen, und die vom Gang zum Wohnraum war nur angelehnt. Er schloss beide, zündete eine Kerze an und durchsuchte Küche und Wohnraum. Soweit er sehen konnte, fehlte nichts, und nichts war zerstört.
»Nichts«, berichtete er Catherine, verschwieg ihr aber nicht, dass die Küchentür offen gewesen war. »Ich habe alle Türen wie jeden Abend kontrolliert. Sie waren fest verschlossen. Jemand muss im Haus gewesen sein.«
Erst einige Tage später entdeckte Catherine, dass die Präparate ihres Vaters fehlten. »Wer um alles in der Welt stiehlt in Spiritus eingelegte tote Tiere?«, fragte sie verwirrt. »Wenn sie meine Lupe gestohlen hätten, das könnte ich verstehen.«
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Johann schwieg, betrachtete im Geist sein Umfeld und stieß bald auf Khayi und die alte Sangoma, Khayis Schwester, die durch Catherines Eingreifen um die Kuh, die ihr Mzilikazis Vater für die Heilung seiner Frau versprochen hatte, gebracht worden war. Außerdem hatte Catherine auf dem geheiligten Grund, wo die Sangomas und Inyangas ihre Kräuter sammelten, gewildert.
Khayi und Umafutha. Beide Zulus hassten auch ihn als den Besitzer von Inqaba, suchten jede Gelegenheit, ihn zu vertreiben. Sie stahlen sein Vieh, rissen seine Zäune ein, und einmal hatte er einen von Khayis Leuten dabei erwischt, wie er den Inhalt eines Tongefäßes in sein Wasserreservoir kippen wollte. Er war ihm entkommen, und er hatte Khayi nicht nachweisen können, dass er sein Wasser vergiften wollte, aber jetzt war er sich sicher, dass er mit seinem Verdacht Recht hatte.
Es war die einzige Erklärung. Die alte Medizinfrau hatte über Jikijiki von den eingelegten Tieren gehört, die
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