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1 - Schatten im Wasser

Titel: 1 - Schatten im Wasser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Gercke
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hielt sich den Bauch.
    Die Hütte füllte sich langsam mit Menschen. Es schien, dass alle Bewohner des Umuzis sich hineingezwängt hatten und jede 525
    der Bewegungen Catherines aufs Schärfste beobachteten. Die Zuschauer rückten näher und reckten die Hälse, kommentierten ihre Maßnahmen mit aufgeregten Reden, klickten, zischten, einige betatschten sie. Besonders eine große Frau mittleren Alters fiel ihr auf, deren Haut wie poliertes Ebenholz glänzte. Sie stand abseits, im Hintergrund gegen eine der Hüttenverstrebungen gelehnt, und ließ sie nicht aus den Augen. Catherine runzelte die Brauen, glaubte für eine Sekunde, sie schon irgendwo einmal gesehen zu haben. Die Zulu schien ihren irritierten Blick zu spüren, denn sie senkte die Lider, und Catherine war sich nicht mehr sicher. Einige Zuschauerinnen zerrten an ihrer Kleidung, redeten aufgeregt, und sie wurde abgelenkt.
    »Hamba!«, fauchte sie und meinte, sie sollten verschwinden, al e. Sie unterstrich ihre Forderung mit energischem Wedeln ihrer Hände. Doch erwartungsgemäß gehorchte keiner. »So kann ich nicht arbeiten«, wandte sie sich in ihrem langsamen, holprigen Zulu an den Ehemann. »Schaff alle hinaus, ich wil mit deiner Frau allein sein. Wenn ich dich brauche, werde ich dich rufen.«
    Tatsächlich leerte sich die Hütte dann schnell, und sie hatte Raum zum Atmen. Vorsichtig ließ sie ihre Finger über den Bauch der Kranken gleiten, zuckte zurück, als diese aufschrie und sich erbrach. Gleichzeitig liefen die Körpersäfte ungehindert aus ihr heraus. Vor vielen Jahren, nach einem Ausflug in eine kleine afrikanische Küstenstadt war Catherine selbst mit einer ähnlichen Krankheit niedergekommen. Wilma hatte ihr auf Anweisung ihres Vaters zerstoßene Kohle mit Wasser vermischt eingeflößt. Noch heute schmeckte sie den bitteren, körnigen Brei und schüttelte sich. Aber die Durchfälle hörten alsbald auf. Kohle gab es genug hier, und einen Versuch war es wert, obwohl sie sich nicht sicher war, ob es Holzkohle gewesen war oder Knochenkohle. Die Frau war ihrer Meinung nach ohnehin dem Tod geweiht. Mit Sicherheit hatte sie Verdorbenes oder Verwurmtes gegessen.
    Die Haut der Frau war nicht prall wie die eines jungen Menschen, sondern faltig und aschefahl. Sie zupfte ein wenig daran.
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    Die Haut blieb stehen. Was genau das bedeutete, war ihr nicht ganz klar, aber ihr Vater hatte das bei ihr damals auch so gemacht, und danach hatte er nicht geruht, bis sie eine ganze Kanne Wasser getrunken hatte.
    Langsam wurde der Gestank in der Hütte unerträglich. Ihr Magen drehte sich um.
    »Lass deine Frau nach draußen bringen und die Hütte reinigen«, sagte sie zu dem Häuptling, der mit teilnahmsloser Miene ihre Bemühungen beobachtete. »Und dann lass mir Wasser bringen, viel Wasser.«
    Vier Frauen trugen die Kranke nach draußen und legten sie in den spärlichen Schatten einer Akazie. Sie wedelte die Umstehenden weg. »Ich brauche die Kohle aus eurem Feuer. Füllt ein Gefäß damit.« Sie deutete auf das erkaltete Feuer in der Hütte der Kranken. Aufgeregte Stimmen aus dem Hintergrund veranlassten sie aufzusehen. Eine Gruppe von Frauen um sich geschart, die ihrer Kleidung nach Sangomas waren, stand dort Umafutha und stierte sie an. Catherine erschrak gegen ihren Wil en. Die alte Frau hatte sie hier nicht erwartet, obwohl sie wusste, dass die erste Frau des Häuptlings ihre Tochter war.
    Vor sich hinbrabbelnd fuchtelte die Medizinfrau mit den Armen, deutete mit dem Finger auf sie, rollte ihre Augen, tat unmissverständlich kund, wie aufgebracht sie war, dass ihr nun die Kuh entgehen würde, die sie als Bezahlung gefordert hatte, und schrie ihr etwas zu, das sie nicht verstand.
    »Sie sagt, dass kein Umlungu diese Krankheit verstehen kann, es ist eine afrikanische Krankheit«, sagte Mzilikazi leise.
    Catherine berührte ihr Gewehr. Die Alte würde es sicher nicht wagen, ihr hier vor aller Augen zu nahe zu treten. Wohl war ihr bei der Sache trotzdem nicht. »Sag der Alten, sie soll mitsamt ihren Schülerinnen verschwinden.
    Sie wird hier nicht gebraucht«, befahl sie Mzilikazi.
    Doch dessen verschlossene Miene machte unmissverständlich klar, dass er es nicht wagte, es sich mit der alten Zauberin zu verderben.
    »Was für ein Feigling bist du doch«, beschied Catherine ihm auf Deutsch. »Hamba«, rief sie der Alten zu. »Geh!«
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    Die Alte machte ein Handzeichen, das sie nicht verstand, aber es jagte ihr einen Schauer über die Haut, und sie musste an die

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