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1 - Schatten im Wasser

Titel: 1 - Schatten im Wasser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Gercke
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nicht beschreiben. Hier, sieh dir meine Füße an!
    Verhornt wie die einer Eingebore nen.« Sie zog die weiten Hosenbeine über ihren nackten Füßen hoch.
    »Nimm Bimsstein und schleif die Haut wieder glatt«, riet Lil y.
    »Ich denke gar nicht daran. Endlich ist die Hornhaut so dick, dass ich nicht jeden kleinen Stein spüre. Besser könnte mich eine Schuhsohle kaum schützen«, keuchte sie und wischte sich die Lachtränen aus den Augen.
    »Mein Gott, Lil y, tust du mir gut.«
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    Ihre Freundin kramte in der Umhängetasche und zog ein se- piafarbenes Konterfei hervor. »Wir haben fotografische Bilder von unserer Hochzeit.
    Sieh hier, das ist mein Mann.«
    Catherine hatte erst wenige solcher Fotografien gesehen und nahm sie mit spitzen Fingern. Andrew Sinclair war ein kraftstrotzender, schwarzhaariger Mann mit gewinnendem Lächeln, der einen Kopf größer war als seine zierliche Braut. »Er sieht sehr gut aus.«
    »Zu gut«, kommentierte Lil y trocken. »Wie findest du mein Kleid?«
    Catherine seufzte. Es war hinreißend, und die Roben der anderen Damen nicht minder. Lil y stand zwischen ihrer Mutter, Cil a, Mila Arnim und Dolly Farrington. Im Hintergrund erkannte sie noch andere. Prudence, Mrs.
    Fullham, sogar die Frau von Tim Robertson starrte angestrengt in die Kamera. Al e trugen Krinolinen, ausladende Hüte, Rüschen, Volants, Schleppen. Ihr erschien eine derartige Opulenz dekadent in diesem wilden Land. »Lil y, du siehst bezaubernd aus. Was hätte ich dafür gegeben, dabei sein zu können.«
    »Wir werden zu Neujahr einen Ball geben. Du kommst eine Woche früher und bleibst eine Woche länger. Das heißt, wenn ich Andrew bis dahin nicht in die Wüste gejagt habe.«
    »Was hat er verbrochen?« Ein Ball, eine ganze Nacht lang tanzen. Ihr schönes Seidenkleid. Und die neuen Schuhe. Konstantin. Ihre Fantasie schäumte über. Energisch rief sie sich zur Ordnung.
    »Er hat gewildert.« Lil ys Bewegungen wurden abgehackt, ihre Kinnmuskeln mahlten, die grünen Augen sprühten.
    Catherine musste an Adam Simmons denken. »Du meinst, er hat eine Geliebte?«
    »Nein, es war wohl nur ein Ausrutscher, aber ich lasse mir das nicht bieten, auch wenn mir Prudence versichert, dass alle Ehemänner Freundinnen haben. >Sie brauchen es, meine Liebe<«, äffte sie treffsicher das Genäsel der Engländerin nach. »>Männer sind so.<« Hart setzte sie ihre Kaffeetasse auf. »Welch eine dumme Pute sie doch ist. Entweder ich allein bin seine Frau, oder er
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    ist allein. Das habe ich ihm gesagt. Hast du vor Johann schon ... Männer gekannt?«
    »Wie meinst du das? Natürlich kenne ich andere Männer, ich war als junges Mädchen geradezu umzingelt von männlichen Wesen.« Sie lächelte, aber Lil ys Miene blieb ernst.
    »Lass es mich deutlicher fragen. Ist Johann der Einzige, in den du dich je verliebt hast?«
    Catherine schwieg betroffen. Wusste Lil y etwas? Nein, das war unmöglich. Nur Mila wusste, dass Konstantin hier auf Inqaba gewesen war, und die kannte nichts von der Vorgeschichte. Ihr Geheimnis war sicher.
    Sorgfältig setzte sie einen neutralen Gesichtsausdruck auf, um nicht zu verraten, wie aufgewühlt sie war. »Nun«, begann sie, aber Lil y unterbrach sie.
    »Als geborene Baronesse hast du doch sicher viele Bälle und Gesellschaften besucht und mit einer Unmenge von Männern getanzt. War keiner darunter, der dir mehr bedeutet hat?«
    Flüchtig erschienen Catherine die Männer vor Augen, die sie gekannt hatte. Alte Gesichter, krumme Rücken, schwache Augen sah sie, und die Matrosen, aber die zählten natürlich nicht. »Warum fragst du?«, wich sie aus. Ihr Herz hämmerte.

    Mit fahrigen Bewegungen hob Lil y ihren Kaffeebecher, nippte daran, stellte ihn wieder hin, zwirbelte ihre Haarsträhne, trommelte mit den Fingern. »Ich habe mich auf meiner eigenen Hochzeit in einen anderen Mann verliebt«, flüsterte sie. »Ein Gast brachte ihn mit, und es war nur drei Stunden her, dass ich Andrew mein Jawort vor Gott fürs Leben gegeben hatte. Was soll ich nur tun?« Sie streifte ihre Gastgeberin mit einem schnellen Blick. »Nun bist du schockiert, nicht wahr? Hältst mich gar für ein loses Mädchen.«
    »Unsinn, nein, natürlich nicht, wie kannst du nur so etwas denken. Wenn es ein Zufallsgast war, wirst du ihn sicherlich nicht wiedersehen. Du wirst ihn bald vergessen, er wird die Würze deiner Erinnerung bleiben«, versuchte sie zu trösten.
    Lil y schüttelte ihre flammenden Locken. »Das ist ja das Problem. Er ist

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