Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

1 - Schatten im Wasser

Titel: 1 - Schatten im Wasser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Gercke
Vom Netzwerk:
angesehen hatte. Sie lachte trocken.
    Durch die Bril e ihrer jetzigen Situation betrachtet, waren die le Roux' reich gewesen.
    »Hausmädchen« hatte der fliegende Händler sie genannt. Trotzig warf sie ihr Haar in den Nacken. Und wennschon, sollten die Damen doch reden. Sie zog den Hosengürtel fester, klappte den Hemdkragen hoch und ging hinaus. Nofretete schoss an ihr vorbei, dicht gefolgt von Bepperl, der kläffend um die Beine eines Pferdes sprang. Es tänzelte nervös über den Hof, die junge Frau im Sattel hatte ihre liebe Mühe, es zu zügeln. »Hoa, hoa, ruhig«, rief sie. Kupfergoldene Locken flogen unter einem kecken Dreispitz, die Röcke des grünen Samtreitkleides flatterten, und ein großer Diamant blitzte am Ringfinger der Zügelhand.
    »Lil y!«, schrie Catherine. »Um Himmels wil en, Lil y!«
    547
    Lachend wandte sich Lil y Sinclair, geborene Kappenhofer, im Sattel um; sie hatte ihr Pferd jetzt fest unter Kontrolle. »Catherine ... meine Güte, du siehst umwerfend aus, Liebe. So verrucht! Wie ein junger Pirat. Ist das die neueste Pariser Mode?« Sie sprang vom Pferd und lief ihr entgegen.
    »Erzähl doch, was machst du hier? Wo ist dein Mann?« Obwohl sie Lil y nur einmal gesehen hatte, fühlte sie sich ihr sehr nahe, und Lil y ging es ganz offensichtlich genauso. Arm in Arm gingen sie zum Haus, und Catherine hielt ihr die Tür auf.
    Lil y verzog den Mund und warf ihren Hut auf den Wohnzimmertisch.
    »Wir haben in der Nähe von Milas Farm gejagt, und ich habe mich mit Andrew gestritten.« Sie schüttelte ihre Locken aus.
    »Du bist einfach davongeritten? Er wird umkommen vor Angst.« Zu ihrem Entsetzen entdeckte sie das Kärtchen von Konstantin unter dem Tisch auf dem Boden. Verstohlen zog sie es mit den Zehen heran, hob es auf und ließ es in ihrer Hosentasche verschwinden. Ihre Freundin hatte nichts gemerkt.
    »Hoffentlich«, bemerkte diese jetzt. »Das war der Sinn der Sache. Ich habe einen Bärenhunger, hast du noch etwas vom Frühstück übrig? Und ein Glas Wein könnte ich auch gebrauchen.«
    Catherine stöberte Mzilikazi auf, befahl ihm, das Feuer anzuzünden, und scheuchte Jikijiki in den Hühnerstall, um Eier zu holen. Sie holte Zwiebeln und Speck aus der Vorratskammer. »Du bist sehr schlank«, bemerkte sie mit einem Blick auf Lil ys schmale Tail e. »Ich hatte gehört, dass du bereits guter Hoffnung bist?« Es war ihr einfach herausgerutscht. Welch ein dummer Ausdruck, dachte sie und hätte sich gleichzeitig für ihre Indiskretion ohrfeigen können. Ihre Manieren schienen hier im Busch zu verwildern.
    »Ich meine, Cil a sagte, dass du ein Kind bekommst«, setzte sie verlegen hinzu.
    »War wohl falscher Alarm. Gott sei Dank, ich muss mich doch erst einmal an Andrew gewöhnen, und ein wenig wil ich mein Leben noch genießen, bevor ich eine Brut großziehe«, antwortete ihre Freundin, blickte sich neugierig in der Küche um, öffnete ein Gefäß mit Amatungulugelee und naschte davon. »Wie le-548
    cker, hast du das gemacht? Kannst du etwa auch kochen? Ich kann nicht einmal Wasser zum Kochen bringen.« Sie lachte fröhlich. »Um ehrlich zu sein, war ich erst wenige Male in unserer Küche.«
    Später, als sie die letzten Reste der Spiegeleier mit ihren Brotkrusten vom Teller gewischt hatte und der Kaffee in den Tassen dampfte, lehnte sich Lil y zurück. »So, und nun heraus mit der Sprache, warum versteckt dich Johann hier vor der Welt? Ich würde in dieser Einsamkeit eingehen wie eine Primel ohne Wasser.«
    Was soll ich ihr antworten?, fragte sich Catherine. Weil wir zu arm sind, um uns eine Reise nach Durban leisten zu können, und weil ich nichts mehr anzuziehen habe? Sie beschloss im selben Moment, einfach die Wahrheit zu sagen. Es war schließlich weder ihre noch Johanns Schuld, dass sie ständig von allen biblischen Plagen heimgesucht wurden und deswegen das Geld vorn und hinten nicht reichte. Aber bevor sie reden konnte, hob Lil y ihre Hände.
    »Halt, sag's nicht. Ich weiß schon, es ist immer die alte Leier in diesem Land«, rief sie. »Die Käfer fressen die Maisernte, die Rinder sterben an irgendeiner Seuche, das Wetter ist zu nass, zu trocken, zu kalt, zu heiß, die Ernte verfault oder vertrocknet, die Zulus arbeiten nicht, oder sie klauen euer Vieh - mit anderen Worten, Afrika hat euch bei der Gurgel, stimmt's?«
    Catherine lachte aus vollem Halse. Lil y hatte fast die gleichen Worte benutzt wie sie selbst, als sie sich bei Johann beklagte. »Treffender und kürzer kann man es

Weitere Kostenlose Bücher