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1 - Schatten im Wasser

Titel: 1 - Schatten im Wasser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Gercke
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Flüsse werden anschwellen, keine Furt wird passierbar sein.«
    Mzilikazis kleiner Hund kam mit fliegenden Ohren hereingerannt und warf sich vor seine Herrin auf den Boden.
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    »Noch ein Verehrer, der dir zu Füßen liegt«, neckte Johann. »Du musst ihn Romeo nennen. Oder Casanova.«
    Sie lachte. »Romeo«, sagte sie.

    *
Inzwischen war es Mitte September geworden, und das Wetter spielte weiter verrückt. Auf einen Winter, der, wie ihr Einheimische versicherten, der trockenste und kälteste seit undenkbarer Zeit gewesen war, folgte ein früher, außergewöhnlich heißer Frühling mit reichlichem Regen. Wie Johann vorausgesagt hatte, waren die Flüsse für Wochen unpassierbar.
    »Wird es uns finanziell sehr schaden, dass du deine Herde nicht jetzt nach Durban treiben kannst?«, fragte Catherine und pulte einen losen Faden aus ihren Springbockhautschuhen. Die rechte Sohle wies bereits verdächtig dünne Stellen auf, die Nähte des anderen gingen auf, und eigentlich lautete ihre Frage, wann sie endlich neue Schuhe bekommen würde.
    »Nein, es ist vom Wetter her ohnehin besser, wenn wir den Trek im April machen, und dann können wir uns mit Mila und Pieter zusammentun, die auch ihre Herde nach Durban bringen.«
    »Bis dahin halten meine Schuhe nicht.« Sie streckte den Fuß hoch.
    Er lächelte und legte seine Hand auf ihre. »Vergiss nicht den Elfenbeinschatz in unserer Geheimkammer. Das reicht für neue Schuhe und neue Kleider. Du wirst dich bald nicht mehr schämen müssen.«
    »Wann wird das sein?« Dieses Mal wollte sie sich nicht vertrösten lassen.
    Johann kniff kalkulierend die Augen zu Schlitzen. »Im Dezember, wenn es zu heiß ist, um zu pflanzen, und es nur wenig zu ernten gibt, wäre eine Zeit, wo ich Inqaba drei Wochen allein lassen könnte. Wenn wir nur die Packpferde mitnehmen und nicht mit dem Ochsengespann reisen, genügt das. Es würde aber bedeuten, dass wir unterwegs auf die Gastfreundschaft von Zulus und später der Farmfamilien angewiesen sind, es sei denn, du 590
    ziehst es vor, im Freien zu nächtigen. Würde dir das genügen?« Er würde Pieter bitten müssen, ihn zu vertreten, und sich ansonsten auf Sicelo verlassen. Über kurz oder lang würde er nicht darum herumkommen, einen Verwalter einzustellen. Die Arbeit wuchs ihm ohnehin über den Kopf, und selbst Dan hatte ihn daraufhingewiesen, dass er seine Frau vernachlässigte.
    Froh, dass sie eine definitive Antwort erhalten hatte, nickte sie. Selbst Übernachtungen in einem Zuluumuzi konnten sie nicht schrecken, nicht mehr. Schon lange nicht mehr.

    *
Die frisch gesäten Kräuter im Gemüsegarten sprossen aufs Üppigste, und alle Bäume hatten reichlich Früchte angesetzt, selbst die Quitten, die in der Hitze eigentlich nicht so gut gediehen. Die Orangen und Zitronen blühten, und ihr süßes Aroma vereinigte sich mit dem Jasminduft der weißen Blütensterne, die in dem dunkelgrünen Laub der Amatunguluhecke glänzten.
    Catherine grub ein Pflanzloch im Gemüsegarten und wühlte genussvoll in der warmen Erde. Mit großer Sorgfalt setzte sie den jungen Avocadobaum ein und füllte das Loch wieder auf. Dann legte sie einen Kranz von Feldsteinen als Schutz um das Beet. Sie hatte den Baum von Mila Arnim zusammen mit mehreren Ablegern eines wunderschönen Strauches bekommen, der Bougainvil ea genannt wurde. Ein Botaniker aus Südamerika hatte ihn eingeführt. In Milas Garten schäumte die Rankpflanze wie ein rosa Wasserfall über eine Mauer und hatte Catherine zu Begeisterungsstürmen hingerissen.
    Aus gerollten Lehmwürsten hatte sie unter Jikijikis fröhlicher Anleitung einen hohen Blumentopf geformt und ihn für Tage in der Sonne trocknen lassen. Jetzt rieb sie ihn mit einem Gemisch aus Asche und Fett ein, um ihn wasserfest zu machen, und schleppte ihn auf die Veranda. Sie füllte ihn mit Erde und setzte zwei der Bougainvil eastecklinge hinein. Während sie die Erde noch einmal fest andrückte, etwas davon abnahm, um einen Gießrand zu behalten, überfiel sie auf einmal das unangeneh-591
    me Gefühl, beobachtet zu werden. Da sie den ganzen Tag allein war, hatte sie einen sechsten Sinn für die Anwesenheit von Fremden entwickelt. Sie hob ihren Kopf.
    Der Mann stand regungslos im Schatten der Amatungulus und sah hinauf zu ihr. Das, was sie von seinem Gesicht oberhalb des dichten weißen Barts erkennen konnte, war runzelig und braun wie eine Walnuss.
    Zottige weiße Haare hingen ihm bis auf die Schultern, seine Kleidung war vielfach geflickt, das

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