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1 - Schatten im Wasser

Titel: 1 - Schatten im Wasser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Gercke
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Dann erhob er seine Stimme. »Geht hinaus ins Land, sucht Häuptling Khayi, und bringt ihn zu mir!<, donnerte er.
    Natürlich haben wir ihm nicht gesagt, dass Khayi längst über alle Berge war, und ich hoffe, er findet nie heraus, auf welche Weise ihm das gelungen ist«, sagte Johann. »Ganz traue ich diesem Richterspruch nicht. Vielleicht ändert König Mpande noch seine Meinung und befiehlt Khayis Tod. Ich jedenfalls habe eine
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    Gänsehaut bekommen, sag ich dir, und war froh, dass ich dem alten Gauner die Möglichkeit gegeben hatte, sich aus dem Staub zu machen. In Natal ist er sicher, bis er sich irgendwann wieder nach Zululand wagen kann. Mpande selbst ist einst vor seinem Halbbruder Dingane über den Tugela geflohen und kampierte in der Nähe des alten Lagers seines Vaters Shaka Zulu, bis er sich mit den Buren zusammentat und Dingane zum Teufel jagte. Er wird die Grenze respektieren.«
    Catherine kicherte. »König Mpande scheint mir ein rechtes Schlitzohr zu sein. Meine Meinung, dass bei den Zulus nur das Gesetz >Auge um Auge, Zahn um Zahn< herrscht, muss ich wohl verwerfen. Ich hatte erwartet, dass er ohne Umschweife den Tod von Häuptling Khayi verfügen würde.«
    »Das war unter Mpandes Halbbrüdern Shaka und Dingane mit Sicherheit so. Aber König Mpande ist, verglichen mit ihnen, ein milder, ausgleichender Mann mit einem für Europäer erstaunlichen Verhältnis zur Gerechtigkeit. Wir Europäer halten die meisten der Zulus doch für unzivilisierte Wilde.«
    Dan lachte und wischte sich den Mund. »Einen Missionar habe ich jammern hören, dass er unter falschen Voraussetzungen hier hergelockt wurde. Er hatte erwartet, ein primitives, unterentwickeltes Volk zu finden, das andächtig seinen weisen Worten lauscht. Als er wieder einmal eine seiner schwülstigen Predigten hielt, unterbrach ihn ein Zulu. Wie kann es sein, fragte er, dass die Seele eines Menschen, die ja körperlos ist, im Höllenfeuer röstet, das, wie alle wissen, fassbar ist? Dann begann er, weiter in den Thesen des Predigers herumzustochern. Der Missionar war völlig überfordert und verließ umgehend das Land, um die Seelen der Wilden in Neuguinea zu retten.«
    »Wer einmal eine Diskussion mit einem Zulu geführt hat, weiß ihre durch tagelange Indabas geschliffene sprachliche Gewandtheit zu fürchten«, fiel Johann ein. »Sie schleichen sich mit Worten an dich heran, und bevor du weißt, was passiert, haben sie dich in eine Falle gelockt.« Er lachte in sich hinein.
    Dan hob die Hand. »Dann kam der schwierigste Teil des Abends. Wir mussten Unmengen von Bier trinken und stunden-588
    lang Mpandes Tänzerinnen zusehen, die zu elendiglich monotonem Gesang sehr gemessen immer die gleichen Bewegungen ausführten.« Dan lächelte. »Als Europäer finde ich die meisten fett und unelegant und ihren Tanz eher langweilig und uninspi- rierend, aber sie sind sicher die Schönsten des Landes und eines jeden Zulumannes Traum.«
    Johann setzte seinen Bierkrug ab. »Ich kann nur Shaka Zulu zitieren.
    Die Weißen sehen uns ähnlich, soll er gesagt haben, aber ihre Haut hat die Farbe von Kürbismus. Sie haben unverschämtes Benehmen und sind ohne Anstand und Sitten. Wie du weißt, legen Zulus großen Wert auf gutes Benehmen.« Er streifte Dans Erscheinung mit einem verstohlenen Blick.
    Sein Fellwams hatte kahle Stellen, aus den Antilopeniederschuhen lugten die großen Zehen. »Die meisten Weißen, die Shaka und Dingane kennen gelernt hatten, müssen von ziemlich übler Sorte gewesen sein, und die Zulus begegneten ihnen mit Verachtung, da sie Lumpen trugen und keine Körperpflege betrieben. Kurz gesagt, Weiße waren ihm widerwärtig, und sie duldeten sie nur, wenn sie etwas von ihnen wollten.«
    »Nun, dann ist ja alles gut ausgegangen«, fiel ihm Catherine ins Wort, die keine Lust verspürte, endlose politische Diskussionen zu ertragen.
    »Recht ist geschehen, der Frieden ist gewahrt, und Khayis Schatten liegt nicht mehr auf Inqaba. Außerdem haben wir unsere Rinder wieder, und du bekommst Khayis noch dazu.« Sie erschlug eine Mücke, die auf ihrem Arm gelandet war. »Das fängt ja früh an mit der Moskitoplage. Heißt es nicht, dass es dann ein besonders heißer und feuchter Sommer wird?«
    Johann warf einen Blick zum Himmel. Schwere Wolken zogen über den Mond, über den Horizont zuckten blaue Blitze, die Vorboten eines Sturms.
    »Wir kriegen Regen, eine Menge Regen, und das heißt vor al en Dingen, dass ich den Rinderauftrieb verschieben muss. Die

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