Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

1 - Schatten im Wasser

Titel: 1 - Schatten im Wasser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Gercke
Vom Netzwerk:
Luft an
    Sie reagierte so, wie er es erwartet hatte. »Nein«, sagte sie. »Bestimmt nicht.« Sie warf ihm einen listigen Blick zu. »Ich könnte doch von den Banditen überfallen werden, während ihr am See seid. Wer weiß, wer hier alles im Busch herumkriecht. Außerdem haben wir keine dreißig Fuß entfernt Leopardenspuren gesehen.«
    »Netter Versuch, Johann«, grinste Dan. »Gib am besten gleich auf, sie überzeugen zu wollen.«
    Im Morgengrauen machten sie sich auf den Weg, Viktoria schlief noch fest in ihrem Tragetuch. Sihayo und mehrere Zulus blieben als Wache im Lager zurück. Sie ritten schweigend, lauschten auf jedes Geräusch, das fremd war, und verharrten minutenlang, als sie glaubten, menschliche Stimmen gehört zu haben.
    »Klang wie ein Baby«, wisperte Catherine und musste Caligula beruhigen, der irritiert mit dem Kopf schlug.

    »Bushbabys«, nickte Johann. »Schreien wie kleine Kinder.«
    »Unheimlich.« Sie erschauerte trotz der Hitze.
    Sie ritten in die aufgehende Sonne, die Seeoberfläche glitzerte wie mit Mil ionen funkelnder Diamanten überschüttet. Al e hatten ihre Hüte tief ins Gesicht gezogen und versuchten angestrengt, in dem flirrenden Licht etwas zu erkennen. Catherine sah nur noch schwarze Punkte und Blitze, die ihr die Tränen in die Augen trieben.
    »Da ist etwas«, sagte Johann. »Dort, auf der anderen Seite.« Er beschattete seine Augen. »Es scheint ein Segler zu sein.«
    Dann sahen es alle. Eine winzige Nussschale tanzte in dem gleißenden Geglitzer auf den Wellen dicht unterhalb der Mündung des Sees in den Indischen Ozean. Zu ihrer Linken, in einiger Entfernung vom Ufer, schlugen plötzlich die Buschkronen hin und her, als wäre ein starker Sturm aufgekommen.
    698
    »Ruhig. Da sind sie!« Dan hob warnend einen Arm. »Dort«, flüsterte er und zeigte auf ein Bündel Stoßzähne, das, von Mückenwolken umschwärmt, über dem Ufergras zu schweben schien.
    »Sie sind zu viert, und sie müssen ein Ruderboot haben, um hinaus zum Segler zu gelangen«, sagte Johann leise. Er reckte sich, um besser sehen zu können, denn niedriges Buschwerk und im leichten Wind schwankendes, hohes Ried versperrten ihnen immer wieder die Sicht. Die vier Träger wurden von zwei anderen Männern am Wasser erwartet. Einer, ein Schwarzer, trug eine rote Jacke, der andere war ein korpulenter, hemdsärmeliger Kerl, seinen Bewegungen nach deutlich älter als die übrigen. Johann sah sich um. Die einzige Möglichkeit, näher heranzukommen, führte über sumpfiges Grasland, das nur spärlich mit Busch bewachsen war. »Catherine, du bleibst mit Viktoria hier in Deckung«, sagte er, und sie gehorchte und zügelte Caligula unter den tief hängenden Zweigen einer Silbereiche.
    Die Träger mit dem Elfenbein hatten mittlerweile das Ufer erreicht, und der korpulente Mann balancierte auf einem langen Baumstamm hinaus zu dem Ruderboot, das sie nun deutlich erkennen konnte. Er fuchtelte mit den Armen und brüllte einen Befehl.
    Catherine führ zusammen. Ihr Herz begann hart zu klopfen, denn an diese Stimme erinnerte sie sich nur zu genau. Doch unsicher, ob sie ihrer Wahrnehmung trauen sollte, kniff sie die Augen zusammen und spähte hinüber zum Ufer. Er war fast hundertfünfzig Fuß entfernt, doch seine Gestalt, sein Leibesumfang, die ausholenden Gesten, der buschige Vollbart ergaben ein Bild, das sie sofort erkannte. Im selben Augenblick drehte der Mann sich um und sah unverwandt zu ihr herüber, zögerte, schaute noch einmal, schüttelte dann seinen Kopf und wandte sich ab.
    »Johann«, rief sie leise. »Warte. Ich kenne den Kerl.« Sie trieb Caligula neben sein Pferd. »Es ist der Kapitän der Carina, des Schiffes, auf dem mein Vater und ich gesegelt sind, und wenn ich mich nicht sehr täusche, ist es die Carina da draußen. Als wir
    699
    im Hafen von Loanda lagen, hat der Kapitän im Schutz der Dunkelheit Elfenbein geladen, und ich bin sicher, es war geschmuggelt.« Rasch berichtete sie ihm von ihrem Streit über die Passage und der kleinen Erpressung, mit der sie den Kapitän gefügig gemacht hatte. »Wenn ich mit meiner Vermutung nicht richtig gelegen hätte, hätte er doch nie und nimmer eingewil igt.«
    »Den werden wir uns jetzt mal vorknöpfen«, knurrte Dan und hieb seinem Pferd die Hacken in die Seite.
    Aber sie kamen nicht mehr dazu. Mit durchdringendem Geschrei stieg ein Schwärm Wachteln vor ihnen auf, und der Mann in der roten Jacke wandte sich um, sah zu ihnen herüber und erkannte Johanns markante

Weitere Kostenlose Bücher