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1 - Schatten im Wasser

Titel: 1 - Schatten im Wasser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Gercke
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von Bernitt stellen soll 695
    ten, wollte sie dabei sein, um zu verhindern, dass es zwischen ihm und Johann zum Schlimmsten kam. In ihrer Gegenwart würden sich die beiden beherrschen, davon war sie überzeugt.
    Er winkte energisch ab. »Wo denkst du hin. Wer soll bei Viktoria bleiben? Du wil st sie doch wohl mit Jabisa nicht allein lassen?«

    »Selbstverständlich nicht. Unsere Tochter ist eine Afrikanerin, eine weiße Zulu, die gewohnt ist, den ganzen Tag auf meinem Rücken zu verbringen. Es ist Zeit, dass sie ihr Land besser kennen lernt. Ich nehme sie mit.«
    »Viktoria ist viel zu klein. Wir können sie unmöglich mitnehmen«, protestierte er. In Niederbayern lagen Kleinkinder in Vik- torias Alter in der Wiege, wurden allenfalls, in Wollschals gehüllt, im Kinderwagen spazieren gefahren.
    »Natürlich können wir das. Viktoria ist im afrikanischen Busch geboren, es ist ihr Land. Sie ist ein afrikanisches Kind wie Tausende andere, die hier leben. Ich binde mir unser Buschbaby auf den Rücken, wie es jede Zulufrau tun würde. Sie wird es herrlich finden.« Zärtlich zog sie den dünnen Musselinvorhang, den sie über der Wiege gegen die Mücken angebracht hatte, zurecht.
    Mit zäher Energie setzte sie sich gegen den geballten Widerstand der Männer durch, und endlich machten sie sich zum Aufbruch fertig. Johann half Catherine, die Viktoria auf dem Rücken trug, in den Sattel.
    Schlafdecken, Ölzeug gegen den Regen und Ersatzkleidung zusammengerollt hinter sich aufs Pferd geschnallt, Kochtöpfe und Proviant in den Satteltaschen des Packpferds verstaut, ritten sie los. Viktoria lugte mit blitzblauen Augen aus ihrem Tuch hervor, schaute neugierig einem bunten Falter nach, griff juchzend nach herunterhängenden Rank- pflanzen.
    Wie ihre Mutter vorausgesagt hatte, fühlte sie sich offensichtlich pudelwohl.
    Die alten Elefantenpfade waren breit genug, dass sie zu dritt nebeneinander reiten konnten. Außer Dans Schwarzen begleiteten sie Sihayo und mehrere Zulus von Inqaba, die ebenfalls zu den besten Fährtenlesern zählten. »Nicht, dass der Kerl uns wieder durch die Maschen schlüpft«, sagte Johann.
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    Sie kamen gut voran. Die Wege waren hart, als wären sie gepflastert, die Flüsse ausgetrocknet und leicht zu überqueren. In den letzten Schlammlöchern stritten sich die Krokodile mit den Flusspferden ums Überleben und ließen die kleine Karawane unbehelligt passieren. Die Nächte waren klar und der Mond voll, sodass sie sich immer erst spät einen Schlafplatz suchen mussten. So nutzten sie die kühleren Abendstunden, um vorwärts zu kommen.
    Mehr als einmal hustete ein Leopard in ihrer Nähe. Dan und Johann hielten ihre Flinten schussbereit und nahmen Catherine und Viktoria in ihre Mitte. Onetoe-Jack schützte ihren Rücken. »Er ist über uns«, flüsterte Johann einmal. »Kannst du ihn riechen? Er hat seine Beute in eine Astgabel eingeklemmt.«

    Catherine schielte in den großen Baum. Die elegante Silhouette der Großkatze, die bewegungslos auf dem Hauptast lag, zeichnete sich scharf gegen das Mondlicht ab. Al e Zulus vermieden es ängstlich, in die Baumwipfel zu schauen, um das Raubtier nicht zu reizen. Schweigend zogen sie weiter über den mondbeschienenen Weg.
    Am dritten Tag hob Catherine den Kopf und sog die Luft tief in ihre Lungen. »Es ist ein großes Wasser in der Nähe. Ich kann es riechen.« Ihr weites Hemd war durchgeschwitzt, die Nässe lief ihr unter dem breitkrempigen Hut in Kragen und Hosenbund, und ihre Tochter war ein feuchtes Gewicht auf ihrem Rücken. Sie wischte sich den Hals ab.
    Gnadenlos strahlte die Sonne aus dem weiß glühenden Himmel, jedes Metallteil am Zaumzeug war so heiß, dass die Haut Blasen zog. Nur selten fanden sie genug Wasser in den Flüssen, um sich abzukühlen. Dann standen die Männer Wache, die Gewehrhähne gespannt, die Blicke fest auf die Uferzone geheftet, während Catherine sich mit einem Kochtopf das von Mückenlarven wimmelnde Wasser über den Körper goss und dann vorsichtig ihr Kind wusch.
    Sie erreichten den See in der kurzen Abenddämmerung und schlugen ihr Lager in einiger Entfernung zum Wasser auf. Johann hatte eine Antilope geschossen, die sie am Stock auf zwei Astgabeln rösteten. Catherine schnitt Brot auf und ließ
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    Kartoffeln in der Glut garen. Fledermäuse schössen tief hinunter, um sich die Mücken und Nachtfalter zu schnappen, die zu Hunderten im Feuerschein tanzten.
    »Du bleibst morgen im Lager«, sagte Johann zu seiner Frau und hielt die

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