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1 - Schatten im Wasser

Titel: 1 - Schatten im Wasser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Gercke
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abgelehnt.
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    »Unsinn, mein Kind, da kriechen schon so viele Kerle durch den Urwald, die sich Wissenschaftler nennen, da ist nichts mehr für mich zu holen. Nein, nein, es bleibt dabei. Wir werden den Kongo erforschen«, rief er leuchtenden Auges und sah nicht ihre Tränen.
    Vielleicht aber war Konstantin jetzt schon auf dem Weg nach Süden, kämpfte just in diesem Moment gegen die haushohen Wellen, die, wie ihr der Kapitän berichtet hatte, die Passage vor der Südwestküste des Kontinents lebensgefährlich machte?
    »Sie werfen die größten und seetüchtigsten Schiffe herum wie Korken«, hatte der Kapitän erzählt, »und Stürme heulen übers Wasser, packen die stärksten Masten und knicken sie wie Grashalme. Unzählige Schiffe sind dort verschwunden, und nicht einmal eine Planke ist je von ihnen wieder aufgetaucht. Man sagt, dass der Schlund der Hölle sich dort befindet und dass man an schlimmen Tagen das Heulen und Jammern der Ertrunkenen hört.« Vergnügt grinsend hatte er bei seinen Worten auf seinem Pfeifenstiel gekaut, während Catherine ihn entsetzt angestarrt hatte.
    Sie legte den Kopf in den Nacken. Über ihr wölbte sich ein klarer, durchsichtig blauer Himmel, kein Lüftchen regte sich, und Konstantin rang vielleicht zur selben Zeit mit den Elementen um sein Leben. Ein grauenvoller Gedanke. Sie schob die Bilder weg, zauberte ein anderes vor ihr inneres Auge. In Papas Büchern hatte sie Abbildungen der prächtigen holländischen Häuser Kapstadts am Fuß des Tafelberges gesehen; sie stellte sich Konstantin vor, wie er auf der sonnenüberfluteten Terrasse eines solchen Hauses mit Freunden plauderte. So wird es sein, er wird sich dort etablieren, viel Geld machen und nach einer Zeit als wohlhabender Mann in sein Heimatland zurückkehren. Wer weiß, dachte sie, vielleicht ist das Schicksal gnädig und wir werden uns in naher Zukunft am Kap wieder treffen. In den Kolonien wurden Neuankömmlinge immer sehr beachtet. Es müsste leicht sein, ihn dort zu finden.
    Plötzlich duftete es wieder nach Rosen, rauschte nicht mehr der Kongo in ihren Ohren, sondern fröhliche Musik, und Kons-70
    tantins Gesicht tauchte vor ihr auf und lächelte sie an. Sie schloss die Augen und verlor sich in der Zeit.
    So nahm sie nicht wahr, dass ein Einbaum führerlos um die Biegung des Flusses auf sie zutrieb. Aus dem Bug war ein großes, halbrundes Stück herausgebrochen, als hätte ein Riese es abgebissen, im Heck hockte regungslos eine zusammengesunkene, mit einem Tuch verhüllte Gestalt, sonst schien es leer zu sein. Schwerfallig drehte sich der Einbaum im Strom, verfing sich an einem aus dem Wasser ragenden Baumstamm, riss sich wieder los, trieb weiter.
    Catherine oben an Deck öffnete die Augen und trennte eine Seite aus ihrem Tagebuch heraus. Ihr Gesicht leuchtete, als ihr Stift übers Papier tanzte. Sie sah nichts, sie hörte nichts. Sie schrieb an Konstantin.
    »Mein lieber Freund, es ist Ende April 1850, und seit meinem letzten Brief, den ich dem Kapitän eines heimwärts segelnden Schiffes mitgegeben habe, sind acht Tage vergangen. Ich bete, dass er Sie erreicht hat und dass ich eine Antwort bekommen werde.
    Ich sitze an Deck der Carina mitten auf dem Kongo. Wir ankern, so scheint es, in einer Schweinesuhle, derart stinkt es hier, seit der Wind gedreht hat. Mein Papa ist seit sechs Tagen im Urwald verschollen, meine Gesellschafterin Wilma glaubt, an Seekrankheit zu sterben, die Mücken sind gierig auf mein Blut wie auf ein besonders süßes Dessert. Ich aber kann nur an unseren gemeinsamen Abend denken. Jedes Ihrer Worte koste ich wieder und wieder, jede Berührung spüre ich noch heute...«
    Die Gestalt im Heck des Einbaums bewegte sich und wickelte sich unsäglich mühsam aus seinem Tuch. Sein Gesicht war schwarz, und auf dem weißen Tuch blühten scharlachrote Flecken. Der Mann öffnete seinen Mund und rief etwas, aber seine Stimme ging in dem Plätschern der kleinen Wellen unter, die gegen den Schiffsrumpf schlugen. Sein Kopf fiel nach vorn, als sei sein Hals zu schwach, ihn zu tragen.
    Catherine aber träumte von der schönsten Nacht ihres bisherigen Lebens. Sie schmeckte Konstantin, roch den erregenden Geruch seiner warmen Männerhaut und sehnte sich mit allen
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    Sinnen nach seiner Berührung, seinem zärtlichen Schnurren. Noch nie hatte ein Mensch so vollkommen Besitz von ihr ergriffen. Es erschreckte sie.
    Warum hatte er sie nur ohne ein Wort verlassen? Bis heute wusste sie das nicht, obwohl sie Gerüchte

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