1 - Schatten im Wasser
denken.
Wohin sie gehen sollte, wusste sie nicht. Mit einem Bastard im Bauch würde sie niemand wil kommen heißen, und wenn das Kind geboren war, wäre sie erst recht eine Ausgestoßene. Die Gesellschaft verzieh einer Frau ihres Standes einen solchen Fehltritt nicht. Der einzige Ausweg, der ihr nach langem Grü-
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beln einfiel, war, einen Brief an Konstantin zu schreiben, in dem sie ihn bitten wollte, sie aufzunehmen. Seine Ehre würde ihm das gebieten, dessen war sie sich sicher. Je länger sie über diesen Plan nachdachte, desto unangenehmer erschien er ihr, aber desto sicherer war sie sich auch, dass es der einzige Weg war. Also setzte sie sich hin und begann zu schreiben.
JGeliebter Konstantin«, schrieb sie zähneknirschend. Es entsprach nicht mehr der Wahrheit.
»Es beweist mir Deine große Liebe, dass du mir den kostbarsten Gegenstand, der sich in Deinem Besitz befindet, überlässt, Deine Pistole, die Du von Deinem lieben Bruder bekommen hast, die der wiederum von seinem König, Otto von Bayern, für hervorragende Tapferkeit erhalten hat. Er gab sie Dir, damit Du vor den Gefahren auf diesem dunklen Kontinent geschützt bist. Ich werde sie stets bei mir tragen, aber, so ein gütiger Gott wil , nie benutzen müssen, denn ich wähne mich nicht in Gefahr auf Inqaba.«
Sie kaute an dem Stift; sie ekelte sich vor sich selbst, dass sie log und diese schwülstigen Worte zu Papier brachte. Aber es musste sein. Um Johanns und ihres Kindes wil en. Was mit ihr passieren würde, war bedeutungslos. Es kümmerte sie nicht. Entschlossen drehte sie das voll geschriebene Papier um.
»Al erdings habe ich es ihm noch nicht gesagt«, schrieb sie weiter. »Ein grausames Schicksal hat uns damals auseinander gerissen, doch ich bin Gott aus tiefstem Herzen dankbar, dass er Dich auf Deinen Reisen vor Unheil bewahrt hat und es in seiner Güte möglich machte, dass wir uns wiedersahen. Ach, nur die doppelte Grausamkeit, dass jeder von uns mit einem anderen verheiratet ist!«
Es hatte sie schockiert, sein Geständnis zu hören, aber ein schlechtes Gewissen hatte sie nicht. Von der Frau hatte er sich bereits getrennt, sie würde ihr nichts wegnehmen. Die letzten Zeilen musste sie senkrecht über die anderen schreiben, sodass sie mit den waagerechten ein engmaschiges Netz ergaben. Papier war noch immer knapp. Der nächste Satz kostete sie ungeheure Anstrengung.
»ich liebe Dich mehr als mein Leben, und ßr Dich und unser ungeborenes Kind werde ich die Kraft finden, es ihm zu sagen. Unsere Ringe 744
werden uns ewig verbinden, auch wenn wir sie nicht offen tragen können.
Um ihn immer bei mir zu haben, habe ich ein geheimes Täschchen eigens zu diesem Zwecke in meinen Rock eingenäht.«
Es schockierte sie, dass sie so leicht lügen konnte. Natürlich hatte sie nicht vor, den Ring je an ihrer Person zu tragen. Müde reckte sie ihren Rücken. Ein Windstoß fuhr durch die Tür herein und blies das Blatt Papier auf den Boden. Ehe sie aufspringen konnte, um es aufzuheben, kam Johann herein, sah den Brief und hob ihn auf. Die Welt hörte auf, sich zu drehen.
»Gib ihn mir«, rief sie mit ungewollter Heftigkeit und griff zu.
Er lachte und zog ihn weg. »Erst bekomme ich einen Kuss. Wem schreibst du? Lil y?« Sein Blick fiel auf das Geschriebene. Er las die Anrede, und sein Gesicht versteinerte. Schweigend studierte er den Rest, während sie dastand, nicht mehr atmete, nicht mehr denken konnte, aufgehört hatte zu sein. Es war, als wäre sie schon gestorben.
Nachdem er ihn gelesen hatte, legte Johann den Brief sorgfältig auf den Tisch und beschwerte ihn mit dem Tintenfass, damit er nicht wieder wegfliegen konnte. Für Momente blieb er so stehen, die Augen auf den Tisch gesenkt, die Fingerspitzen berührten den Brief. Das Papier raschelte leise, denn seine Hand zitterte.
Catherine neigte ihren Kopf und wartete auf das Fallbeil.
»Wil st du es mir erklären?« Seine Stimme klang gepresst.
Sie stand auf, trat vor ihn und sah ihm in die Augen, weil sie ihm das schuldig war. Nie vorher in ihrem Leben war ihr etwas so unglaublich schwer gefallen, wie die nächsten Worte auszusprechen. »Das Kind, das ich erwarte, ist nicht deins.« Dann erzählte sie ihm, was geschehen war, beschönigte nichts, ließ aber auch nichts aus. Sie redete lange, und er unterbrach sie nicht.
Johann ertrug es. Wie Steine prasselten ihre Worte auf ihn herunter. Der Schmerz, den sie verursachten, war schlimmer als alle Qualen der Hölle.
»Ich werde gehen,
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