1 - Schatten im Wasser
frische Schicht Ried aufs Hausdach, anstatt nur die Löcher zu stopfen, die die Vögel und der Wind verursacht hatten.
Catherine fühlte sich wie eine Königin, zeichnete und schrieb und putzte ihre neuen Fenster jeden Tag. Weder Sihayo noch Jabisa durften sie auch nur berühren.
*
Blau schil ernde Glanzstare landeten in den Guavenbäumen und machten sich laut zwitschernd über die reifen Früchte her. Catherine nahm ihren Korb und ging hinüber. Die Guaven dufteten aufs Herrlichste, Nektarvögel hingen wie grüne Juwelen im Zitronenbaum, die Glanzstare stoben als schimmernde blaue Wolke davon. Erfüllt mit tiefer Zufriedenheit schaute sie hinüber zu ihrem Haus. Johann hatte es weiß gekalkt, das Rieddach glänzte golden in der Sonne, die Fenster blinkten, und auch die frisch gepflanzte junge Mimose, die neben der neuen Veranda anstelle des beim Unwetter entwurzelten Baumes stand, zeigte die ersten gelben Blüten.
Lange stand sie so. Langsam zerfloss das Bild von ihrem Haus, und plötzlich stand da das weiße Schloss, von dem sie so lange geträumt hatte.
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Jabisa hatte offenbar entdeckt, dass sie sich im Fensterglas spiegeln konnte, drehte sich, lachte und flirtete, und Viktoria juchzte und versuchte sie nachzuahmen. Die Kleine war goldbraun wie ein Haselnüsschen, ihre dunklen Locken flogen, die Augen blitzten blau wie die Kornblumen im Land ihres Vaters. Die junge Zulu hob das kleine Mädchen in ihre Arme und tanzte mit ihr über die Veranda.
Catherine lachte und winkte ihnen zu. Dann legte sie die Guaven in den Korb und warf dem Meerkatzenpärchen, das in den Büschen turtelte, eine Frucht zu. Das Leben war schön, es war so schön, dass sie manchmal die unsinnige Angst packte, dass etwas geschehen könnte, das alles zerstören würde, diese ganz und gar entsetzliche Angst, dass etwas sie und Johann trennen könnte. Aber Johann lachte dann und küsste sie und sagte: »Nichts und niemand wird mich je von dir trennen.« Dann war alles wieder gut, und sie schalt sich töricht.
Sie ging zum Abhang, der hinter den Guavenbäumen zum Fluss abfiel.
Diesen Aussichtspunkt liebte sie besonders. Unter ihr strömte das Wasser leise rauschend dahin. Schwalben jagten dicht über der Oberfläche, im Ufersand sonnte sich das große Krokodil. Es war nach der langen Trockenperiode zurückgekehrt, zusammen mit den Impalas und Wasserböcken. Das schimmernde Band des Flusses wand sich durchs üppige Grün des weiten Tales und verlor sich im Dunst. Sie wandte sich zum Gehen, stolperte kurz, knickte um, fand aber ihr Gleichgewicht schnell wieder. Trotzdem wurde ihr heiß und kalt bei der Vorstellung, sie hätte den Abhang hinunterfallen können. Sie nahm sich vor, Johann zu bitten, ihr an dieser Stelle eine niedrige Mauer zu ziehen, vielleicht eine Bank zu zimmern, damit sie hier sitzen konnte.
Ihr Korb hatte ein beachtliches Gewicht, aber obwohl sie im siebten Monat war, fiel ihr die körperliche Arbeit nicht schwer. Schril es Gegacker vom Hühnerstall ließ sie aufschauen. Irgendetwas hatte ihre Hennen aufgescheucht. Sie ging hinüber und spähte in das dämmrige Halbdunkel des Stalles. Die Ursache für die Aufregung entdeckte sie sofort. Eine drei Fuß lange Eier
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schlänge, die zusammengerollt auf einem der Nester lag und eben ihr dehnbares Maul um das letzte Ei geschoben hatte.
»Mistvieh«, murmelte Catherine, nahm einen gegabelten Stock, den sie just zu diesem Zweck im Hühnerstall versteckte, und wickelte das Reptil auf. Dann trug sie es behutsam hinaus und schleuderte es weit weg. Die Schlange war für Menschen harmlos. Es gab keinen Grund, sie zu töten.
Ein verendetes Küken beförderte sie auch nach draußen. Es lohnte sich nicht, dafür den langen Weg zu Helenes Grube zu machen. Die Ameisen würden es innerhalb kürzester Zeit skelettiert haben. Sie sammelte die Eier aus den anderen Nestern, ließ aber einige zum Brüten zurück, denn kürzlich war ein Leopard in den Stall eingebrochen, und Johann hatte ihn erst erschießen können, als das Raubtier den größten Teil ihres Federviehs vertilgt hatte. Sein Fell zierte jetzt ihre Wohnzimmerwand, dort, wo früher das Löwenfell gehangen hatte. Sie wandte sich zum Gehen, blieb aber stehen, als sie ein Flüstern vernahm.
»Catherine.« Nomiti hockte im Schatten vor Jabisas neuer Hütte am Boden, hatte ihren Rücken gegen die Hüttenwand gelehnt. Aus weit aufgerissenen Augen blickte die Zulu zu ihr hoch.
Catherine stellte ihren Korb ab und beugte sich
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