1 - Schatten im Wasser
sobald ich Antwort auf den Brief habe.« Auch wenn mir dabei das Herz bricht, fügte sie hinzu, aber diese Worte sprach sie nicht aus. Ihr Stolz verbot es ihr, um sein Mit-745
leid zu winseln. Sie hatte Schreckliches getan, ihn betrogen, sein Vertrauen schändlich missbraucht. Die Strafe dafür musste sie klaglos hinnehmen.
»Wo wünschst du, dass ich in der Zwischenzeit schlafe?« Das Gewicht des Babys hing schwer an ihr, aber ihr Rücken war brettgerade.
Er drehte sich fort, und sie glaubte schon, dass er sie hier und jetzt ohne ein weiteres Wort verlassen würde. Sie schloss die Augen, um nicht mit ansehen zu müssen, wie er sich von ihr entfernte. Die Welt hinter ihren Lidern war ein strudelndes, dunkles Chaos. Sie wartete.
»Öffne deine Augen und sieh mich an«, befahl er. Als sie gehorchte, legte er seine Hände um ihr Gesicht. »Du bist mein Leben, ohne dich bin ich nur ein Sandkorn am endlosen Strand, ein verlorener Tropfen Wasser im Ozean. Wenn du gehst, hört mein Leben auf.« Zart legte er seine Hand auf ihren Bauch. »Es ist dein Kind, und es könnte meins ein. Genau werden wir es nie wissen. Es wird also unser Kind sein.«
Seine Worte sanken in ihre Seele wie in einen großen, stil en Teich. Es dauerte eine Ewigkeit, bis sie ihren Sinn begriffen hatte. Dann konnte sie ihn nur ansehen.
»Bitte«, sagte er.
Catherines Körper wurde plötzlich leicht wie eine Feder, ihr war, als erhebe sie sich in die Lüfte und wirbele davon, erst als sie seine besorgte Stimme hörte, kehrte sie zurück.
»Ist dir schwindelig, möchtest du dich hinlegen?« Er hob sie auf und trug sie zum Bett, legte sie so vorsichtig hin, als wäre sie aus feinstem Porzellan. Dann kniete er vor ihr und legte seine Hände um ihr Gesicht.
»Schlaf jetzt«, flüsterte er. »Ich bin bei dir. Dir wird nichts geschehen. Dir nicht und unserem Kind auch nicht.«
*
Irgendwann in den darauf folgenden Tagen holte sie die Pistole und den Ring aus dem Versteck und legte die Sachen vor Johann auf den Esstisch.
»Mach damit, was du wil st. Ich wil das nicht mehr sehen«, sagte sie und streichelte ihm über den Kopf. In
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den vergangenen Tagen hatten sie sich wieder ganz neu entdeckt, konnten nicht genug voneinander bekommen, berührten sich, wo sie Gelegenheit fanden, und es bereitete ihnen eine unbeschreibliche Freude.
Langsam nahm er das Kleinod hoch und drehte es hin und her, versuchte die Inschrift darin zu entziffern. »Hast du dir diesen Ring genau angesehen? Nein? Nun sieh doch einmal genau hin, was da drinnen steht.«
Er hielt ihr den Ring so hin, dass sie die Gravur lesen konnte.
Sie war nicht vollständig, aber zwei Worte waren deutlich »de Vila«. »De Vila Flor?«, rief sie. »Wie kann das sein?«
»Es ist der Ring, der mir damals von diesem Menschen gestohlen worden ist. Aber es war nicht Konstantin von Bernitt, da bin ich mir sicher.
Ihn hätte ich sofort wieder erkannt.«
Sie starrte ihn aus großen Augen an, und dann begriff sie. »Ich weiß, wie dieser Mann hieß«, begann sie stockend. »Paul Pauli.« Und sie erzählte ihm von dem Brief, den sie bei Onetoe-Jack gefunden hatte, in dem Wilhelm von Sattelburg seinem Freund Konstantin von dem Verdacht der Witwe Pauli berichtete. »Er hat ihn ermordet«, wisperte sie. »Konstantin von Bernitt ist ein Mörder, und deswegen musste er sein Land bei Nacht und Nebel verlassen. Himmel, Johann, ihr müsst ihn fangen, er darf nicht länger frei herumlaufen. Er ist offenbar mit der Carina geflohen, aber er wollte wieder zurückkommen, hierher... Ich habe Angst.«
Johann verständigte den Konstabel in Durban und seine Freunde, aber Konstantin von Bernitt blieb verschwunden, und gegen alle Vernunft keimte langsam die Hoffnung in ihr auf, dass er für immer fort war. Vielleicht war er auch umgekommen, und das wäre für alle das Beste, davon war sie überzeugt.
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DAS ENDE
Anfang März setzte Johann endlich Glas in Inqabas leere Fensterlöcher. Er war von seiner Reise nach Durban mit einem netten Sümmchen zurückgekehrt, das er bei Isaac Lewin für die Hand voll Münzen erhalten hatte. Isaac hatte nur durch die Zähne gepfiffen, die Münzen getestet, indem er kräftig draufbiss, und dann hatte er ihm das Geld auf den Tisch gezählt. Johann kaufte Papier und Tinte, ein Kleid für Catherine, neue Schuhe, Babykleidung, ja sogar einen entzückenden Sonnenhut mit großen gelben Stoffblüten, kurzum alles, womit er glaubte, ihr eine Freude machen zu können. Er legte sogar eine
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