1 - Schatten im Wasser
wäre sie auf einem anderen Planeten gelandet. Er blickte auf sie hinunter. Nass wie eine ertrunkene Katze sah sie aus, war käsig im Gesicht und blau gefroren, doch Kraft und Lebendigkeit und ein eiserner Wil e leuchteten aus diesen wunderbaren Augen. Seine Kehle wurde eng.
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Noch immer konnte er sein Glück kaum fassen, dass dieses zauberhafte Wesen seine Frau geworden war.
»Sicelo könnte ich den Kragen umdrehen«, bemerkte das zauberhafte Wesen verdrossen und zerrte an ihrer Reisetasche. »Ich sehe wirklich nicht ein, warum wir unser Gepäck allein schleppen sollen.«
Der Kapitän, ohne seine dunkelblaue Jacke mit den goldenen Knöpfen und ohne sein Lachen, kletterte ein Stück die Wanten hoch, um das Deck besser übersehen zu können. »Al e herhören!«, brüllte er. »Wir müssen das Schiff so schnell wie möglich evakuieren. Noch hält es, aber sollte sich der Sturm wieder verstärken, könnte es vollkommen auseinander brechen. Wir werden versuchen, unser Beiboot zu Wasser zu lassen und Sie damit überzusetzen. Gelingt das nicht, werden wir eine Leine zwischen Schiff und Küste spannen und alle mit einem Bootsmannsstuhl an Land seilen. Sollte auch das fehlschlagen, müssen wir durch die Brandung waten. Es ist ablaufendes Wasser, bei Ebbe sollte das durchführbar sein. Wenn die White Cloud so lange durchhält«, fügte er leise hinzu.
Als Antwort schäumte eine Welle übers Vorderdeck, und sein Schiff ächzte, worauf einige Passagiere entsetzt aufschrien. In größter Eile löste die Mannschaft die Seile des Beiboots und bemühte sich, es unbeschädigt zu Wasser zu lassen. Es gelang, aber ein Blick auf die tanzende Nussschale war genug, um Catherine den Magen umzudrehen. Auch der Kapitän zeigte Zweifel. Er fertigte aus einem langen Tau eine Schlinge und bellte ein paar kurze Befehle. Ein vierschrötiger, rothaariger Kerl trat vor, befahl den Umstehenden zurückzutreten, band das eine Ende des Taus fest um den Mast und ließ die Schlinge über seinem Kopf kreisen. Dann warf er. Das Tau klatschte kurz vor den Felsen ins Wasser. Fluchend holte er es wieder ein und schleuderte es erneut. Wieder und wieder, und dann klappte es, die Schlinge fiel über eine Felszacke, und Passagiere und Matrosen brüllten ihren Beifall.
Die Mannschaft hatte inzwischen ein leeres Brandyfass oben aufgeschnitten und zwei Seilschlaufen daran befestigt, durch 215
das sie das Seil zogen. Ein zweites Seil schlangen sie ebenfalls um den Mast, während sie das andere Ende am Fassrand verknoteten. Sie schlugen ein Loch in den Boden, dessen Zweck Catherine erst einsah, als sie beobachtete, was nun passierte. Der Rothaarige, mit einem weiteren, noch aufgerollten Tau in den Händen, kletterte hinein und machte sich klein. Dann zog er sich Hand über Hand hinüber. Die Brecher rauschten über ihn hinweg, immer wieder verschwand er vollkommen in der schäumenden See. Das Fass lief voll, aber das Wasser strömte aus dem Loch im Boden ebenso schnell wieder heraus, und wenn der Matrose aus der Gischt auftauchte, tat er ohne Anzeichen von Panik einen tiefen Atemzug, bevor ihn die nächste Woge erwischte. Er schaffte es hinüber, wurde am Ende zwar aus dem Fass und gegen die steinernen Zacken geschleudert, aber zur allgemeinen Erleichterung sah man ihn kurze Zeit darauf, bis auf mehrere blutende Schrammen unverletzt, aus dem Wasser steigen. Er zog das Seil strammer und sicherte es am Felsen. Das zweite Tau befestigte er am Fass, das andere Ende ebenfalls an einem Felsen.
Das Brandyfass konnte nun hin- und hergezogen werden. Dann signalisierte er zur White Cloud, dass mit der Evakuierung der Passagiere begonnen werden könne, und die Matrosen hievten das Fass zurück an Bord.
Die Kinder mussten als Erste hinüber, und Mrs. Robertson weinte laut, während ihre beiden ältesten, nur mit ihren dünnen Nachthemden bekleidet, fest ihre Taufbecher umklammernd, vom Schiff ins Fass stiegen.
Sie verschwanden bis zur ihrer Nase darin. So schwebten sie dicht über dem tosenden Meer dem Festland entgegen. Immer wieder sprangen die Wellen hoch und verschlangen das Fass, und jedes Mal schrie Mrs.
Robertson auf. Mit riesigen, angsterfüllten Augen starrten die Kleinen zurück auf ihre Eltern. Sie hatten strikte Anweisung, sich am Strand nicht vom Fleck zu rühren, wie auch der Kapitän alle aufforderte, dicht beieinander zu bleiben, bis Hilfe käme.
»Es wandern eine ganze Menge Tiere durch den Dschungel am Bluff, und kürzlich hat man mehrere
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