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1 - Wächter der Nacht

1 - Wächter der Nacht

Titel: 1 - Wächter der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Lukianenko
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Glühen.
    »Ziemlich einfach«, sagte er. »Echt.«
    »Der Chef war gar nicht zufrieden«, sagte die Frau, während sie das Prisma in den Falten ihres Kleides versteckte. Lächelte. Ihr Gesicht verströmte die Kraft und Energie, die einige Frauen nach stürmischem Geschlechtsverkehr zeigen. »Leicht, aber unser Kolja hat Pech gehabt.«
    Der Punk nickte und betrachtete den reglosen Körper des langhaarigen Mannes. Besonderes Mitleid lag nicht in seinem stumpfen Blick, übrigens auch keine besondere Feindseligkeit.
    »Kannst du laut sagen«, kommentierte er. Sicheren Schrittes trat er an die vertrocknete Leiche heran. Machte mit der Hand eine Bewegung darüber, worauf der Körper zu Staub zerfiel. Mit der nächsten Geste verwandelte der Punk die zerplatzte Melone in klebrigen Brei.
    »Die Aktentasche«, befahl die Frau. »Überprüf die Tasche.«
    Der Punk wedelte mit der Hand – das abgegriffene Kunstleder barst, die Aktentasche sprang auf wie eine Muschel unter dem Messer eines kundigen Tauchers. Der Blick des Punks ließ jedoch darauf schließen, dass sie nicht die erhoffte Perle enthielt. Zwei Paar Garnituren verwaschener Unterwäsche, eine billige Trainingshose aus Baumwolle, ein weißes Hemd, eine Polyethylentüte mit Gummilatschen, ein Plastikbecher mit koreanischer Fertig-Nudelsuppe und ein Brillenetui.
    Der Punk vollführte noch ein paar Passes, ließ den Plastikbecher aufplatzen, die Kleidung an den Nähten zerreißen, das Etui sich öffnen. Fluchte.
    »Er ist leer, Alissa! Völlig leer.«
    In die Züge der Hexe schlich sich nach und nach Erstaunen. »Aber das ist doch der Devona, Stassik. Der Kurier hätte die Fracht niemandem anvertrauen können.«
    »Hat er anscheinend aber doch«, entgegnete der Punk, während er mit dem Fuß durch die Asche des Asiaten fuhr. »Hab ich dich nicht gewarnt, Alissa? Bei den Lichten muss man mit allem rechnen. Du hast die Verantwortung übernommen. Vielleicht bin ich ja nur ein schwacher Magier. Aber ich habe ein halbes Jahrhundert mehr Erfahrung als du.«
    Alissa nickte. Die Verwirrung war bereits aus ihren Augen verschwunden. Ihre Hand huschte abermals über ihr Kleid, suchte das Prisma. »Ja«, stimmte sie sanft zu. »Du hast Recht, Stassik. Aber in fünfzig Jahren habe ich genauso viel Erfahrung wie du.«
    Der Punk lachte auf, hockte sich neben die Leiche des langhaarigen Mannes und durchstöberte rasch die Taschen. »Glaubst du?«
    »Ich bin mir sicher. Du hättest nicht auf deinem Standpunkt bestehen sollen, Stassik. Schließlich hatte ich vorgeschlagen, auch die anderen Mitreisenden zu kontrollieren.«
    Der junge Mann drehte sich zu spät um, als in einem Dutzend unsichtbarer heißer Fäden das Leben aus seinem Körper zu weichen begann.

Eins
    Das Oldsmobil war alt, gefiel mir aber gerade deshalb. Nur gegen die Hitze, diese Wahnsinnshitze der Straße, die sich seit Tagen aufgeheizt hatte, halfen selbst die offenen Fenster nichts. Hier brauchte man eine Klimaanlage.
    Ilja teilte diese Ansicht offenbar. Er saß am Steuer, lenkte mit einer Hand, sah sich alle naslang um und unterhielt sich mal mit diesem, mal mit jenem. Ein Magier seines Ranges sah natürlich alle Wahrscheinlichkeiten etwa zehn Minuten voraus, weshalb es zu keinem Unfall kommen würde. Dennoch war mir ziemlich mulmig zumute.
    »Ich wollte eine Klimaanlage einbauen«, sagte er in schuldbewusstem Ton zu Julja. Das Mädchen litt mehr als alle andern unter der Hitze, auf ihrem Gesicht leuchteten hässliche rote Flecken, ihre Augen blickten trübe. Als müsse sie sich übergeben. »Aber das würde den Wagen total verunstalten. Der ist dafür einfach nicht gemacht! Keine Klimaanlage, keine Handys, keine Bordcomputer!«
    »Hmmh«, sagte Julja. Sie rang sich ein Lächeln ab. Gestern hatten wir Überstunden geschoben, niemand war vor fünf Uhr morgens ins Bett gekommen, und geschlafen hatten wir gleich im Büro. Natürlich war es eine Schweinerei, ein dreizehnjähriges Mädchen wie eine Erwachsene zu behandeln. Allerdings wollte sie selbst es so, gezwungen hatte sie niemand.
    Swetlana, die vorn saß, blickte Julja besorgt an. Dann schnellte ihr Blick voller Missbilligung zu Semjon hinüber. Fast hätte sich der unerschütterliche Magier daraufhin an seiner Jawa verschluckt. Er inhalierte, und der durch das Auto wallende Zigarettenqualm verschwand in seinen Lungen. Dann schnippte er die Kippe aus dem Fenster. Mit der Jawa zollte er der allgemeinen Meinung im Grunde bereits Tribut, denn seit kurzem bevorzugte er

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