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1 - Wächter der Nacht

1 - Wächter der Nacht

Titel: 1 - Wächter der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Lukianenko
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hatte, und irgendwelche Zwischenfälle wurden kaum gemeldet. Das schmeckte weder den Lichten noch den Dunklen.
    Rund vierundzwanzig Stunden lang hatten unsere Analytiker an einer Version gebastelt, wonach die überraschende Hitze auf die Vorbereitungen einer Aktion zurückgehe, die die Dunklen planten. Vermutlich untersuchte man parallel dazu in der Tagwache, ob die Lichten Magier nicht auf das Wetter eingewirkt hätten. Nachdem jedoch beide Seiten die natürlichen Gründe der klimatischen Eskapaden eingestehen mussten, blieb ihnen überhaupt nichts mehr zu tun.
    Die Dunklen verhielten sich so still wie vom Regen geplagte Fliegen. Entgegen allen Vorhersagen der Ärzte sank die Zahl der Unfälle und natürlichen Todesfälle in der Stadt. Den Lichten stand der Sinn ebenfalls nicht nach Arbeit, die Magier stritten sich wegen Kleinigkeiten, auf die simpelsten Dokumente aus den Archiven musste man einen halben Tag warten, und sobald man die Analytiker um eine Wettervorhersage bat, polterten sie böse los: »Reichen euch vierzig Tage?« Boris Ignatjewitsch stromerte wie von Sinnen durchs Büro. Ungeachtet seiner orientalischen Vergangenheit und seiner Herkunft machte selbst ihm die Moskauer Variante der Hitze zu schaffen. Gestern Morgen, am Donnerstag, hatte er dann alle Mitarbeiter zusammengerufen, gemäß einer Anordnung der Wache zwei Freiwillige zu seiner Unterstützung benannt und den anderen befohlen, die Hauptstadt zu verlassen. Sollten sie irgendwohin fahren, auf die Malediven, nach Griechenland, dem Teufel in der Hölle einen Besuch abstatten – selbst da dürfte es angenehmer sein – oder auf eine Datscha außerhalb der Stadt fliehen. Vor Montagmittag wollte er niemanden im Büro sehen.
    Der Chef hielt genau eine Minute inne, bis auf allen Gesichtern ein glückliches Lächeln lag, um dann hinzuzufügen, dieses unerwartete Glück müsse gut verdient sein. Durch eine Sonderschicht. Damit wir uns hinterher nicht der müßig verbrachten Tage zu schämen brauchten. Damit es bei den Strugazkis nicht umsonst hieße: Der Montag fängt am Samstag an, sollten wir, um die drei Tage Urlaub zu bekommen, alle noch anstehende Routinearbeit in der verbleibenden Zeit erledigen.
    Was wir auch taten. Einige arbeiteten fast die ganze Nacht durch. Wir überprüften die Dunklen, die in der Stadt geblieben waren und unter besonderer Kontrolle standen: Vampire, Tiermenschen, Inkubi und Sukkubi, aktive Hexen sowie andere ruhelose Zeitgenossen aus den niederen Rängen. Alles war in Ordnung. Die Vampire gierten momentan nicht nach heißem Blut, sondern kaltem Bier. Die Hexen plagten sich nicht damit, ihren Nachbarn Schaden zuzufügen, sondern einen leichten Regenschauer über Moskau herbeizuzaubern.
    Dafür kamen wir jetzt aus Moskau raus. Natürlich nicht auf die Malediven, da hatte der Chef die Großzügigkeit unserer Buchhaltung etwas überschätzt. Aber auch zwei, drei Tage auf dem Lande haben ihren Reiz. Die armen Freiwilligen, die beim Chef in der Hauptstadt geblieben waren, um ihn zu hüten und zu bewachen.
    »Ich muss zu Hause anrufen«, sagte Julja. Sie war sehr viel munterer geworden, seit Semjon die im Auto herrschende Hitze durch Meeresfrische ersetzt hatte. »Gib mir mal das Handy, Sweta.«
    Ich genoss die Kühle ebenfalls. Schaute auf die Autos, die wir überholten: In der Regel waren die Fenster heruntergelassen, und man blickte voller Neid auf uns, in dem irrigen Glauben, das alte Automobil sei mit einer tüchtigen Klimaanlage ausgestattet.
    »Wir müssen bald abbiegen«, sagte ich zu Ilja.
    »Ich weiß. Ich kenn die Strecke.«
    »Pst!«, flüsterte Julja mit furchteinflößender Stimme. Und dann flötete sie ins Telefon: »Mamotschka, ich bin’s! Ja, wir sind schon da. Natürlich ist es schön! Es gibt einen See, nein, einen flachen. Mamotschka, ich kann nur kurz sprechen, Swetas Vater hat mir sein Handy geliehen. Nein, sonst niemand. Sweta? Hier.«
    Sweta seufzte und nahm dem Mädchen das Handy ab. Finster blickte sie mich an, während ich versuchte, ernst dreinzublicken.
    »Guten Tag, Tante Natascha«, sagte Sweta mit zarter Kinderstimme. »Ja, wir freuen uns sehr. Ja. Nein, mit den Erwachsenen. Mama ist gerade nicht da, soll ich sie holen? Ja, das sag ich ihr. Ganz bestimmt. Auf Wiedersehen.«
    Sie beendete das Gespräch.
    »Und was, mein Mädchen, passiert, wenn deine Mutter die richtige Sweta fragt, wie euer Wochenende war?«, wollte Sweta wissen.
    »Dann wird Sweta sagen, dass es schön war.«
    Swetlana stieß

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