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1 - Wächter der Nacht

1 - Wächter der Nacht

Titel: 1 - Wächter der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Lukianenko
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Hunde.
    Warum idealisiert man immer die unerreichbaren Fähigkeiten?
    Julja ist eine vorzügliche Analytikerin, die in der Lage ist, die Realitätsfäden zu entwirren, die verborgenen magischen Gründe von anscheinend ganz alltäglichen Ereignissen aufzudecken. Sie ist klug, ihre Abteilung vergöttert sie, liebt in ihr nicht nur das kleine Mädchen, sondern schätzt sie auch als Kampfgefährtin, als wertvolle und zuweilen unersetzliche Mitarbeiterin. A-ber ihr Idol ist Tigerjunges, die Tierfrau, die Kampfmagierin. Weder eifert sie der guten alten Polina Wassiljewna nach, die in der analytischen Abteilung noch eine halbe Stelle hat, noch verliebt sie sich in den Abteilungsleiter Edik, einen imposanten älteren Schwerenöter.
    Nein, sie wählt sich Tigerjunges zum Idol.
    Ich pfiff irgendwas vor mich hin, während ich den Schluss der Prozession bildete. Fing Swetlanas Blick auf und schüttelte leicht den Kopf. Alles war in Ordnung. Vor uns lag ein Wochenende voller Müßiggang. Ohne Dunkle und Lichte, ohne Intrigen, ohne Konfrontationen. Nur im See baden, in der Sonne liegen, Schaschlik essen, Rotwein trinken. Und abends ins Dampfbad. So eine Villa dürfte ein schönes Dampfbad haben. Danach würden Semjon und ich uns das eine oder andere Fläschchen Wodka schnappen, ein Glas mit eingelegten Pilzen, uns ein wenig von den anderen absondern und uns bis zur Besinnungslosigkeit betrinken, dabei die Sterne angucken und philosophische Gespräche über erhabene Themen führen.
    Wunderbar.
    Ich möchte ein Mensch sein. Wenigstens einen Tag.
    Semjon blieb stehen und nickte mir zu. »Wir brauchen zwei Flaschen«, sagte er. »Oder drei. Falls noch jemand dazukommt.«
    Nicht, dass mich das wunderte. Geschweige denn ärgerte. Er hatte nicht meine Gedanken gelesen, sondern besaß einfach eine weitaus größere Lebenserfahrung.
    »Abgemacht«, stimmte ich zu. Swetlana schielte abermals misstrauisch zu mir herüber, schwieg aber.
    »Für dich ist es einfacher«, fügte Semjon hinzu. »Mir gelingt es nur sehr selten, ein Mensch zu sein.«
    »Ist das denn nötig?«, fragte Tigerjunges, die bereits an der Haustür stand.
    Semjon zuckte mit den Achseln. »Nein, natürlich nicht. Aber ich würd’s gern.«
    Wir betraten die Villa. Zwanzig Gäste verkraftete selbst dieses Haus nicht. Wenn wir Menschen wären, sähe es anders aus. Aber so machten wir zu viel Lärm. Man nehme einmal zwei Dutzend Kinder, die zuvor ein paar Monate lang die reinsten Musterschüler abgegeben haben, stelle ihnen ein umfangreiches Arsenal an Spielsachen zur Verfügung und lasse sie alles tun, was sie wollen – dann betrachte man sich das Ergebnis. Wahrscheinlich hielten nur Sweta und ich uns etwas abseits der lärmenden Heiterkeit. Wir hatten uns von einem kleinen Buffet je ein Glas Wein genommen und uns dann auf das kleine Ledersofa in einer Ecke des Wohnzimmers gesetzt.
    Semjon und Ilja beharkten sich bereits wieder in einem magischen Duell. Das sie sehr gepflegt, friedlich und für das Publikum in anfänglich sehr angenehmer Weise austrugen. Wahrscheinlich hatte Semjon seinen Freund im Auto bei der Ehre gepackt: Jetzt veränderten sie abwechselnd im Wohnzimmer das Wetter. Wir hatten bereits den Winter in einem Wald bei Moskau, einen Herbstnebel und den Sommer in Spanien hinter uns. Regen und Schauer hatte Tigerjunges strikt verboten, aber auch so hegten die beiden Magier nicht die Absicht, die Naturgewalten zu entfesseln. Offensichtlich hatten sie sich bei der Klimaveränderung gewisse Schranken auferlegt, eiferten nicht nur darum, wer die seltensten Naturmomente aufbewahrt hatte, sondern auch darum, wie angemessen sie der Situation waren.
    Garik, Farid und Danila spielten Karten. Mit ganz normalen unmanipulierten Karten, nur die Luft über dem Tisch funkelte infolge der Magie auf. Sie nutzten alle zur Verfügung stehenden Formen der magischen Falschspielerei und des Schutzes gegen selbige. Insofern war gar nicht wichtig, welche Karten man bekam und welche man später dazunehmen durfte.
    An der offenen Tür stand Ignat, umgeben von den Mädchen aus der wissenschaftlichen Abteilung, denen sich auch unsere erbärmlichen Programmiererinnen angeschlossen hatten. Anscheinend hatte unser Erotomane eine Niederlage an der Liebesfront hinnehmen müssen und leckte sich jetzt in kleinem Kreis die Wunden.
    »Anton«, fragte Sweta halblaut, »was glaubst du, ist das alles echt?«
    »Was genau?«
    »Die Ausgelassenheit. Du weißt doch noch, was Semjon gesagt hat?«
    Ich

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