1 - Wächter der Nacht
leichtem Nachdruck nach.
»Ja, Anton. Du bist doch nicht umsonst zu mir gekommen.«
»Ich musste dir einfach erzählen, in was für eine Sache ich da reingeraten bin.«
»Kann ja sein. Aber da der Chef …« Das Wort »Chef« ließ sie sich förmlich auf der Zunge zergehen, legte sowohl Respekt wie auch Ironie in es hinein. »… dir gestattet hat, dich mir zu erkennen zu geben, soll ich dir offensichtlich helfen. Und wenn es nur auf Geheiß des Schicksals ist«, konnte sie sich nicht verkneifen hinzuzufügen.
Ich kapitulierte.
»Ich darf nicht allein sein. Nicht eine Minute. Der ganze Plan basiert darauf, dass die Dunklen ihre Bauern bewusst opfern, indem sie sie entweder umbringen oder sterben lassen.«
»Wie damals?«
»Ja, genau. Und wenn sie es damit auf mich abgesehen haben, wird es einen weiteren Mord geben. Und zwar in dem Moment, wenn ich – ihrer Ansicht nach natürlich – kein Alibi habe.«
Swetlana sah mich an und stützte das Kinn in die Hände. Langsam schüttelte sie den Kopf. »Und dann, Anton, springst du aus diesem Körper heraus wie der Teufel aus der Schachtel. Also kannst du diese Serienmorde unmöglich begangen haben. Und der Feind ist blamiert.«
»Hm.«
»Du musst mich schon entschuldigen. Ich bin noch nicht lange bei der Wache, vielleicht verstehe ich da etwas nicht.«
Ich horchte auf. Ganz kurz zauderte Swetlana.
»Als das alles mit mir passiert ist …«, fuhr sie dann fort. »Wie war das denn damals? Die Dunklen versuchten, mich zu initiieren. Sie wussten, dass die Nachtwache das bemerken würde, und hatten sogar rausbekommen, dass du dich einmischen und mir helfen konntest.«
»Ja.«
»Deshalb wurde eine Kombination gespielt, bei der mehrere Figuren geopfert und einige falsche Kraftzentren geschaffen wurden. Zunächst ist die Nachtwache den Dunklen auch auf den Leim gegangen. Wenn der Chef nicht seinerseits sein Spiel durchgezogen hätte, wenn du nicht losgeprescht wärst, ohne dabei nach links und nach rechts zu schauen …«
»Dann wärst du jetzt meine Feindin«, sagte ich. »Und würdest von der Tagwache ausgebildet.«
»Das meine ich nicht, Anton. Ich bin dir dankbar, bin der ganzen Nachtwache dankbar, vor allem aber dir. Aber darum geht es nicht. Du musst doch einsehen, dass das, was du mir eben erzählt hast, genauso glaubhaft ist wie meine Geschichte. Hat da nicht auch eins zum andern gepasst? Das wildernde Vampirpärchen. Der Junge mit den ausgeprägten Fähigkeiten eines Anderen. Die Frau mit dem starken Fluch. Die globale Gefahr für die Stadt.«
Ich wusste nicht, was ich ihr antworten sollte. Während ich sie ansah, spürte ich, wie ich errötete. Eine junge Frau, die noch nicht einmal ein Drittel aller Kurse besucht hatte, eine Anfängerin in unserem Geschäft, legt mir die Situation so dar, wie ich sie ihr hätte darlegen sollen.
»Was passiert jetzt?« Swetlana bemerkte nicht, dass ich vor Scham am liebsten im Boden versunken wäre. »Ein Serienmörder, der Dunkle vernichtet. Du stehst auf der Liste der Verdächtigen. Der Chef hat prompt einen raffinierten Schachzug auf Lager: Du tauschst mit Olga den Körper. Doch wie raffiniert ist dieser Zug tatsächlich? Soviel ich weiß, ist die Praxis des Körpertauschs weit verbreitet. Boris Ignatjewitsch selbst hat erst vor kurzem auf sie zurückgegriffen, oder etwa nicht? Hat er früher schon mal versucht, den gleichen Trick zweimal hintereinander anzuwenden? Gegen ein und denselben Gegner?«
»Ich weiß es nicht, Sweta, in die Details der Operation bin ich nicht eingeweiht.«
»Dann benutz deinen eigenen Kopf! Und noch was: Ist Sebulon wirklich so ein kleinkrämerischer, rachsüchtiger Hysteriker? Er ist doch bereits Hunderte von Jahren alt, oder? Die Tagwache leitet er nicht erst seit gestern. Wenn dieser Verrückte …«
»Der Wilde.«
»Wenn dieser Wilde sich ungehindert in den Straßen Moskaus austoben durfte, um eine Intrige vorzubereiten, warum sollte der Leiter der Tagwache ihn dann für eine derartige Belanglosigkeit verschwenden? Entschuldige, Anton, aber du bist nun wirklich kein besonders großes Ziel.«
»Ist mir ja klar. Offiziell bin ich ein Magier fünften Grades. Aber der Chef hat gesagt, dass ich eigentlich auf den dritten Grad Anspruch erheben könnte.«
»Selbst dann nicht.«
Wir sahen einander an, und ich breitete die Arme aus. »Ich geb auf. Wahrscheinlich hast du Recht, Swetlana. Aber ich habe dir nur erzählt, was ich weiß. Und andere Varianten sehe ich nicht.«
»Das heißt, du
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