10 - Das Kloster Der Toten Seelen
…«, warnte Cathen sie.
»Oh, wenn es erforderlich ist, kann ich mehrere Zeugen aufrufen, die es bestätigen. Sogar Elen, Gwndas Tochter. Meinst du, daß das zu diesem Zeitpunkt notwendig ist?«
»Nun gut. Im Moment ist es nicht notwendig, aber sei darauf vorbereitet, wenn man dich dazu auffordert.«
»Ich bin darauf gefaßt. Mair hat Elen gegenüber, ihrer besten Freundin, damit geprahlt, sie hätte mit einem Mann eine Beziehung begonnen, der älter sei als sie. An dem Morgen, als sie umgebracht wurde, traf sie im Wald auf Idwal. Er wußte von ihren Affären. Aus moralischen Gründen lehnte er es ab, eine Nachricht an Mairs Liebhaber zu überbringen. Darüber gerieten sie in einen heftigen Streit, was Iestyn bemerkte, als er ihnen im Wald zufällig begegnete.
Iestyn war also Zeuge ihrer Auseinandersetzung und eilte zu Iorwerth, um ihn aufzuhetzen, indem er behauptete, ihr Streit sei weitaus gefährlicher als eine normale Meinungsverschiedenheit. Ich glaube Iestyn gern, daß er nicht ahnen konnte, daß die Sache mit Mairs Tod enden würde, doch als es dann so war, paßte es ihm gut in den Plan. Wahrscheinlich wollte er nur, daß man Idwal aus dieser Gegend hier verjagte. Doch klagte man Idwal des Mordes an, so wäre er ihn auch für immer los.«
»Halt! Das geht mir zu schnell«, meldete sich Cathen zu Wort. »Willst du damit sagen, daß Idwal Mair nicht ermordet hat?«
»Er hat sie nicht umgebracht. Iestyn, der zu Iorwerth eilte, ist im Wald an jemand anderem vorbeigelaufen. Er hat diese Person kaum bemerkt, so sehr konzentrierte er sich auf sein Vorhaben. Inzwischen hatte Idwal es endgültig abgelehnt, Mairs Liebhaber zu benachrichtigen. Er war voller Zorn weggerannt und hatte Mair allein gelassen. Der Mörder näherte sich Mair, und Mair bat in ihrer Naivität diese Person, die Botschaft zu übermitteln.«
»Warum in ihrer Naivität?« fragte Cathen.
»Weil die Person, die sie um den Gefallen bat, viele Jahre lang die Geliebte von Mairs älterem Liebhaber gewesen war. Diese fühlte sich jetzt von dem jungen Mädchen verdrängt. Sie hatte bereits vermutet, daß es Mair war, die die Gunst jenes Mannes errungen hatte, und haßte sie dafür. Als Mair sie nun bat, eine Liebesbotschaft zu überbringen, geriet sie außer sich und erwürgte Mair mit ihren starken Händen. War es nicht so, Buddog?«
K APITEL 21
Lautes Durcheinander herrschte in der Halle, nachdem Fidelma ihre Anschuldigungen ausgesprochen hatte. Der Lärm schwoll immer mehr an. Prinz Cathen und Cadell forderten die Menge zu Ordnung und Ruhe auf.
Buddog saß wie versteinert da. Nicht einmal ein Augenzucken verriet ihre Empfindungen. Sie war nicht hysterisch geworden, stritt nichts ab. Nur Leere lag auf ihrem Gesicht.
Elen sah kreidebleich aus, sie starrte Buddog an. »Aber wenn … wenn Buddog Mair ermordet hat, dann …« Sie drehte sich zu ihrem Vater um, der verkrampft dasaß, blaß und schmallippig. »Du und Mair, du warst ihr Liebhaber!« Sie schrie das voller Abscheu. »Du und Mair …«
Es verstrich eine Weile, ehe die Menge in der Halle wieder zur Ruhe gebracht war.
»Da Buddog deine Vorwürfe weder abstreitet noch bestätigt, kannst du mit deinen Ausführungen fortfahren«, erklärte Cathen Fidelma.
»Buddog kam als Geisel in Gwndas Haushalt. Damals war sie noch ein junges Mädchen. Mit den Jahren waren Gwnda und Buddog ein Liebespaar geworden. Buddog entwickelte eine blinde Liebe für ihn. Ich weiß nicht, wie seine Beziehung zu Mair begann. Vielleicht lag es daran, daß Mair viele Männer brauchte. Vielleicht fühlte er sich durch ihre Aufmerksamkeit geschmeichelt.«
Fidelma verstummte, denn Gwnda wollte etwas sagen.
»Buddog ist mir sehr teuer. Ich würde alles für sie tun, um sie zu schützen. Doch Mair … Sie war jung und lebendig. Sie hat mir Kraft geschenkt. Sie hat mich neu belebt!«
»Schon an unserem ersten Abend hier habe ich vermutet, daß Buddog etwas mit der Sache zu tun hat«, sagte Fidelma ruhig. »Allerdings war es ja nicht mein, sondern Bruder Meurigs Fall. Mir war nicht klar, in welche Gefahr er sich bei seinen Ermittlungen begeben würde.«
Sie schwieg eine Weile, ehe sie weitersprach.
»Gwnda war an jenem Vormittag auch im Wald. Es mag purer Zufall gewesen sein, daß er Buddog begegnete, kurz nachdem sie Mair erwürgt hatte. Man bedenke, Buddog ist Gwnda nicht gleichgültig. Das hat er uns soeben bestätigt. In wenigen Sekunden entschied er sich, ihr Verbrechen zu vertuschen. Er trug Buddog auf, nach
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