10 - Das Kloster Der Toten Seelen
Süden.«
»Doch es war früh am Morgen und nicht lange, nachdem sie sich von dir verabschiedet hatte?«
Iorwerth nickte.
»Und Idwal kam in den Ort gerannt?«
»Ich glaube, er lief direkt zu Gwnda.«
»Weißt du, weshalb er zu Gwnda wollte?«
»Gwnda sagte später, daß Idwal der erste war, der ihn über das Verschwinden der Klostergemeinschaft von Llanpadern unterrichtet hat.«
»Was geschah dann?«
»Eine halbe Stunde später sah ich, wie Idwal wieder über die Brücke zurückging und im Wald verschwand. Ich habe einfach weitergearbeitet.«
»Aus deiner Sicht war es also ein ganz gewöhnlicher Vormittag, außer daß Idwal auftauchte?«
»So ist es. Nach einer Stunde etwa erschien mein Freund Iestyn recht aufgeregt in der Schmiede. Er erzählte mir, daß er Mair und Idwal im Wald gesehen hatte und daß sie sich heftig gestritten hätten. Er war zu mir geeilt, um mir davon zu berichten.«
Fidelma rückte auf ihrem Stuhl vor. »Warum hat Iestyn denn nicht selbst in den Streit eingegriffen?«
Iorwerth winkte ab. »Iestyn kannte meine Tochter. Hätte er das versucht, hätte er sich sicher ihren Zorn zugezogen.«
»Also lief er lieber zu dir? Und dich hat diese Nachricht wütend gemacht?«
»Aber sicher doch. Ich war ganz außer mir, daß Idwal sich über mein Verbot hinweggesetzt hatte, und wollte ihm eine Lehre erteilen. In der Schmiede hatten sich inzwischen ein paar Freunde eingefunden, mit denen ich mich auf den Weg zu der Stelle machte, wo Iestyn Idwal und meine Tochter gesehen hatte.
Wir liefen rasch … Bis wir die Leiche meiner Tochter fanden. Ein kurzes Stück von uns entfernt entdeckten wir Gwnda, der Idwal überwältigt hatte. Er duldete es nicht, daß wir dem Jungen etwas zufügten, sondern schickte jemanden los, einen barnwr zu holen, der sein Urteil sprechen sollte. Zornentbrannt brachen die Leute dann in Gwndas Scheune ein und schnappten sich den Jungen. Gwnda stellten wir unter Hausarrest, denn ihm schien unsere Art, Gerechtigkeit zu üben, nicht zu behagen. Wir wollten den Mörder gerade hängen, da …«
»Da trafen wir mit Bruder Meurig ein und haben euch vor der schlimmen Tat bewahrt«, beendete Eadulf den Satz.
»Als Gwnda klar war, daß ihr Idwal umbringen würdet, hat er da versucht, euch davon abzuhalten?«
»Natürlich nicht …« Iorwerth zögerte. »Ich meine, wir waren zu viele für ihn. Ist dir nicht aufgefallen, daß wir vor seiner Behausung Wachen aufgestellt hatten?«
»In einem Punkt bin ich mir nicht sicher«, sagte Fidelma nachdenklich und überging seine Bemerkung.
»Und der wäre?« fragte Iorwerth.
»Wo hielt sich Gwnda auf, als ihr auf der Suche nach Mair und Idwal in den Wald kamt? War er schon dort?«
Der Schmied zuckte mit den Schultern. »Es war gut, daß er da war, um Idwal gleich festzunehmen.«
Plötzlich wurde die Tür krachend aufgestoßen. Der Fürst von Pen Caer stand im Türrahmen. Hinter ihm zwei Männer mit gezogenen Schwertern. Er blickte Fidelma zornig an.
»Also stimmt es, daß du hier in Iorwerths Schmiede bist.«
»Wie du sehen kannst!« Fidelma lächelte ihn mit einem Anflug von Ironie an.
»Habe ich dir nicht gesagt, daß du nicht befugt bist, irgendwelche Ermittlungen anzustellen, Gwyddel? Ich bin Fürst von Pen Caer, und ich bin hier das Gesetz. Du und dein angelsächsischer Freund – ihr werdet den Preis dafür zahlen, daß ihr mich hinters Licht geführt habt.«
K APITEL 14
Langsam erhob sich Fidelma und baute sich vor Gwnda auf. Sie fürchtete sich nicht vor seinem drohenden Gebaren.
»Daß wir dich hinters Licht geführt haben, Fürst von Pen Caer?« fragte sie mit gespielter Unschuld. »Deine letzten Worte waren, daß du keine Einwände hättest, wenn ich mit meinen Ermittlungen zum Fall von Llanpadern weitermache. Hast du das vergessen?«
Gwnda runzelte verblüfft die Stirn.
»Ich kann mir nicht vorstellen, daß du dich den Wünschen von König Gwlyddien widersetzen willst«, fügte Fidelma hinzu.
»Was für Spiele treibst du mit mir, Gwyddel?« fragte Gwnda, doch seine Stimme klang nicht mehr so sicher.
»Ich untersuche den Fall von Llanpadern«, sagte sie. »Idwal war in Llanpadern und überbrachte euch als erster die Nachricht vom Verschwinden der Klostergemeinschaft. Darüber wollte ich gerade mehr in Erfahrung bringen.«
»Du hast dich aber eher für Idwal und meine Tochter interessiert«, wandte der Schmied ein.
»Ich hätte nicht gedacht, daß eine Nonne lügt. Vielleicht macht man das so bei den Gwyddel?«
Weitere Kostenlose Bücher