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10 - Der Ölprinz

10 - Der Ölprinz

Titel: 10 - Der Ölprinz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Deutsche?“
    „Und was für eene! Sagen Se nur noch een falsches Wort, so werden Se mich kennenlernen! Ich bin gewöhnt, daß man per Galanterie mit mir verkehrt. Verschtehn Se mich!“
    „Und ich bin doch galant gegen Sie gewesen!“
    „Galant? I, was Se nich sagen! Is es etwa galant von Ihnen, sich an meinem Esel zu vergreifen?“
    „Ich wollte ihn nur halten, weil er Ihnen nich gehorchte.“
    „Nich gehorchte? Da hört aber gradzu alles und verschiedenes off! Mir gehorcht jeder Esel; das können Se sich merken! Und nachher haben Se mich in Ihren Armen halb zerdrückt. Der Atem ging mir aus, und das Feuer is mir förmlich aus den Oogen herausgefahren. Das muß ich mir schtreng verbitten. Mit eener Dame muß man hübsch sachte und behutsam verfahren. Wir sind das schönere und ooch das sanftere Geschlecht und wollen zart behandelt sein. Wer aber wie een Packträger zugreift und – – –“
    Sie hielt inne, denn sie wurde unterbrochen; es erscholl hinter ihr ein Ausruf, der sie verstummen ließ, ein Ausruf der Verwunderung und des Entzückens: „Herr Jemmineh, das ist ja doch wohl der berühmte Hobble-Frank!“
    Frank wendete sich schnell um und rief, als er den Sprecher sah, mit ebenso großem Erstaunen: „Unser Kantor Hampel! Is das denn die Möglichkeet! Schteigen Sie ab, und schweben Sie in meine Arme!“
    Der langsame Opernbeflissene war, wie gewöhnlich, zurückgeblieben und erst jetzt beim Tor angekommen. Er hielt warnend den Finger empor und antwortete: „Kantor emeritus, wenn ich bitten darf, Herr Frank! Sie wissen ja, es ist nur der Vollständigkeit halber und um etwaige Verwechslungen zu vermeiden. Es könnte leicht einen zweiten Kantor Matthäus Aurelius Hampel geben, der noch nicht emeritiert worden ist. Und sodann möchte ich Sie, ehe ich absteige, auf einen noch andern Punkt aufmerksam machen.“
    „Off welchen denn?“
    „Das werde ich Ihnen gleich sagen.“
    „Sie sehen, wie begierig ich darauf bin, mein sehr verehrter und lieber Kantor.“
    „Sehen Sie, da ist es schon wieder! Sie sagen bloß Kantor, während ich Sie höflicherweise Herr Frank tituliere. Ein Jünger der Kunst darf sich nichts vergeben, und darum muß ich Sie bitten, bei mir zukünftig den ‚Herrn‘ nicht wegzulassen. Das ist nicht etwa Stolz von mir, sondern nur der Vollständigkeit wegen, wie Sie wohl wissen werden.“
    Der Kantor kletterte sehr vorsichtig vom Pferd und umarmte Frank mit majestätischen Bewegungen. Dieser meinte lachend: „Wir befinden uns hier merschtenteels im Wilden Westen, wo so eene Vollständigkeet eegentlich gar nich nötig is; aber wenn es Ihnen Schpaß und Vergnügen macht, da werde ich Herr Kantor sagen.“
    „Herr Kantor emeritus, bitte ich!“
    „Gut, schön! Aber sagen Sie mir jetzt zu allererscht, wo und wie Sie da so hergeschneit kommen. Sie können sich mit aller Offiziellität daroff verlassen, daß ich een Reservoirmit Ihnen hier nicht für möglich gehalten hätte.“
    „Revoir,auf deutsch Wiedersehen, wollen Sie wohl sagen! Das wundert mich sehr. Sie mußten auf ein Zusammentreffen mit mir gefaßt sein. Sie kennen doch meine Absicht, eine Oper zu komponieren?“
    „Ja, Sie haben davon gesprochen, eene Oper von drei oder vier Aktricen.“
    „Zwölf! Und nicht Aktricen, sondern Akte! Es soll eine Heldenoper werden, und da Sie mir von den ‚Helden des Westens‘ erzählt haben, so wollte ich mit Ihnen nach dem Westen reisen, um mir Stoff für diese Oper zu sammeln. Sie sind aber leider fortgegangen, ohne mich zu benachrichtigen, und da ich ungefähr wußte, wohin sie sind, so bin ich nachgekommen.“
    „Welche Unvorsichtigkeit! Meenen Sie etwa, daß man sich hier so leicht und schnell treffen kann wie derheeme off dem Haus- oder Oberboden? Sie haben da mit eener gradezu lebensgefährlichen Unvorsichtigkeet gehandelt, und ich muß Ihnen eene kräftige Reprisande erteelen, denn es gibt –“
    „Reprimande wollen Sie wohl sagen“, fiel ihm der Kantor in die Rede, „was einen Verweis, einen Tadel zu bedeuten hat.“
    Da zog Frank die Stirn in Falten und sagte in sehr ernstem Ton: „Hören Sie, Herr Kantor, Sie haben mir nun schon bereits zum drittenmal widersprochen; das kann und darf ich aber unmöglich dulden. Die erschten beeden Male habe ich's unbeschtraft hingehen lassen; jetzt aber darf ich meine Nachsicht nicht länger kompendieren. Sie wissen nich bloß, wer und was ich bin; Sie wissen ooch, was ich leiste. In allen Wissenschaften gut sistiert, habe ich mir

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