10 Ein Tanz mit Drachen (alte Übersetzung)
Schwächling. Wasser statt Blut. Mag er noch so groß sein, jedes meiner Mädchen könnte ihn zerbrechen wie einen verrotteten Zweig.«
»Wie viele Töchter habt Ihr, Mylord?«, fragte Jaime ihn.
»Fünf. Zwei von meiner ersten Frau, drei von der dritten.« Zu spät schien er zu bemerken, dass er zu viel gesagt hatte.
»Schickt eine von ihnen zum Hof. Sie wird die Ehre haben, der Königin Regentin aufwarten zu dürfen.«
Brackens Miene verfinsterte sich, als er die Tragweite dieser Worte erfasste. »Vergeltet Ihr so die Freundschaft von Stone Hedge?«
»Der Königin als Hofdame zu dienen ist eine große Ehre«, erinnerte Jaime den Lord. »So könnt Ihr dem Mädchen die Sache schmackhaft machen. Wir rechnen vor Ablauf des Jahres mit Eurer Tochter.« Er wartete Lord Brackens Antwort nicht ab, sondern gab Ehre sanft die goldenen Sporen zu spüren und trabte davon. Seine Männer bildeten eine Kolonne und folgten ihm. Die Banner flatterten im Wind. Burg und Lager waren bald im aufgewirbelten Staub der Hufe verschwunden.
Auf dem Weg nach Raventree hatten ihnen weder Geächtete noch Wölfe Schwierigkeiten bereitet, daher beschloss Jaime, auf einem anderen Weg zurückzukehren. Wenn es die Götter gut mit ihm meinten, würde er vielleicht über den Blackfish stolpern oder Beric Dondarrion zu einem unbesonnenen Überfall verleiten.
Sie folgten gerade dem Lauf der Witwenwasser, als der Tag zu Ende ging. Jaime rief seine Geisel zu sich und erkundigte sich nach der nächsten Furt. Der Junge führte sie dorthin. Als sie spritzend durch das flache Wasser preschten, ging die Sonne hinter zwei mit Gras bewachsenen Hügeln unter. »Die Zitzen«, sagte Hoster Blackwood.
Jaime erinnerte sich an Lord Brackens Karte. »Zwischen den Hügeln liegt ein Dorf.«
»Hellerbaum«, bestätigte der Junge.
»Da übernachten wir.« Wenn da noch Menschen wohnten, wussten sie vielleicht etwas über Ser Brynden oder die Geächteten. »Lord Jonos hat eine Bemerkung darüber gemacht, wessen Zitzen es waren«, sagte er zu dem Blackwood-Jungen, als sie im letzten Tageslicht auf die dämmrigen Hügel zuritten. »Die Brackens haben einen Namen dafür und die Blackwoods einen anderen.«
»Ja, Mylord. Seit ungefähr hundert Jahren. Davor waren es die Zitzen der Mutter oder einfach die Zitzen. »Es sind ja zwei, und man dachte, sie ähneln …«
»Ich sehe, womit sie Ähnlichkeit haben.« Jaime musste unwillkürlich an die Frau in dem Zelt zurückdenken und an die Art, wie sie versucht hatte, ihre großen, dunklen Brustwarzen zu verbergen. »Was hat sich vor hundert Jahren geändert?«
»Aegon der Unwerte nahm Barba Bracken zur Mätresse«, erwiderte der Bücherwurm. »Sie war ein sehr üppig ausgestattetes Mädchen, heißt es, und eines Tages, als der König Stone Hedge besuchte und auf die Jagd ging, sah er die Zitzen und …«
»… hat sie nach seiner Mätresse benannt.« Aegon der Vierte war lange vor Jaimes Geburt gestorben, dennoch erinnerte er sich genug an die Geschichte seiner Herrschaft, um zu erraten, was als Nächstes passiert sein musste. »Später hat er das Bracken-Mädchen fallenlassen und mit einer Blackwood angebandelt, oder nicht?«
»Lady Melissa«, bestätigte Hoster. »Lissy wurde sie gerufen. In unserem Götterhain steht eine Statue von ihr. Sie war viel schöner als Barba Bracken, aber schlanker, und Barba soll gesagt haben, Lissy sei so flach wie ein Junge. Als König Aegon das hörte, hat er …«
»… ihr Barbas Zitzen geschenkt.« Jaime lachte. »Wie hat das eigentlich alles angefangen, zwischen Blackwood und Bracken? Gibt es darüber Aufzeichnungen?«
»Ja, Mylord«, antwortete der Junge, »aber manche der Chroniken wurden von ihren Maestern geschrieben und andere von unseren, und zwar Jahrhunderte, nachdem die Ereignisse stattgefunden haben, die sie beschreiben. Die Geschichte reicht zurück bis ins Zeitalter der Helden. Die Blackwoods waren in jenen Tagen Könige. Die Brackens waren nur kleine Lords, berühmt für ihre Pferdezucht. Aber anstatt ihrem König zu geben, was sie ihm schuldig waren, nahmen sie das Gold, das ihnen ihre Pferde einbrachten, heuerten Schwerter an und stürzten ihn.«
»Wann ist das passiert?«
»Fünfhundert Jahre vor den Andalen. Eintausend Jahre, wenn man der Wahren Geschichte glaubt. Allerdings weiß niemand, wann die Andalen die Meerenge überquert haben. Die Wahre Geschichte behauptet, seitdem seien viertausend Jahre verstrichen, aber manche Maester meinen, es wären nur
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