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10 - Geheimagent Lennet und der Spinnenbaron

10 - Geheimagent Lennet und der Spinnenbaron

Titel: 10 - Geheimagent Lennet und der Spinnenbaron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vladimir Volkoff
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Und in der Tat spielte er mit seinem Bürstenhaarschnitt, seiner Fliege, dem Hemd mit angeknöpften Kragenecken, den ein wenig zu kurzen Hosen, den dicken Socken und den Mokassins den Amerikaner recht glaubhaft. Er wußte wohl, daß er etwas zuviel schwätzte, aber er war sich seiner Rolle nicht sicher genug, um sie schweigend zu spielen. Durch den künstlichen Gaumen war seine Stimme ein bißchen näselnd, und da er auch noch hin und wieder einen Fehler in sein Französisch einbaute, vervollständigte er glücklich die Figur eines reichen jungen Amerikaners, der sich auf allen Gebieten überlegen fühlt.
    Ermutigt durch die unaufhörlichen Schmeicheleien Micks, sparte Lennet auch nicht mit allerlei kleinen Beschäftigungen.
    »Kaufen Sie mir eine Postkarte. Ich will meiner Freundin schreiben. Nein, eine Postkarte in Großformat, bitte. Und ich möchte eine mit Sacre-Cceur und Eiffelturm zusammen. Das geht nicht? Oh, ihr Europäer, ihr habt keine Ahnung vom Geschäft! Und dann möchte ich Zigaretten. Nein, ich rauche nicht, aber ich biete gern welche an. Kaufen Sie die teuersten, die Sie erwischen.
    Es gehört zu unserer Rolle als Amerikaner, den Leuten Geschenke zu machen. Mein Vater behauptet, er habe damals, als er Frankreich befreite, ganze Lastwagen voller Zigaretten verschenkt. Vielleicht ist das nicht wahr, aber ich muß es machen. Ich frage mich übrigens, warum er aufgehört hat, euer Frankreich zu befreien. Seid ihr nicht dabei, ein Vereintes Europa zu machen?«
    All diese Angebereien, alle kleinen Stiche richteten keinerlei Schaden an. Mick war ein richtiger Fußabtreter.
    Jetzt wundere ich mich nicht mehr über die Verachtung und Ablehnung, die Lionette an den Tag gelegt hat, dachte Lennet.
    Nach einem Frühstück mit Spiegeleiern und Haferflocken – Lennet hatte die größte Mühe, so etwas morgens um zehn runterzukriegen – fuhren die beiden jungen Männer Richtung Normandie.
    »Hübsch, diese Autostraße«, bemerkte Dickie. »Ein bißchen kurz natürlich, aber hübsch. In Amerika haben wir Autobahnen, die direkt bis in die Städte gehen.«
    »Das ist ja wunderbar«, rief Mick und versuchte ein begeistertes Gesicht zu machen.
    »All diese Gärten, diese Bauernhöfe und die kleinen Kühe«, testete Dickie seinen Reisebegleiter, »es sieht aus wie auf einem Bild von Grandma Moses.«
    »Oh, Grandma Moses«, schrie Mick hingerissen. »Was ist Michelangelo neben ihr.«
    »Warum habt Ihr so viele Kurven auf euren Straßen?« forschte Dickie weiter. »In Amerika sind die Straßen ganz gerade. Sie verbinden eine Stadt mit einer anderen auf dem geometrisch kürzesten Weg.«
    »Das ist sehr praktisch«, seufzte Mick. »Ich bin zwar noch nie in Amerika gewesen, Dickie, aber ich bin sicher, daß es viel schöner ist als Frankreich.
    »Und zwar soviel schöner, daß ich mich frage, warum wir Amerikaner überhaupt nach Frankreich reisen?«
    Die Unterhaltung hatte Lennet bewiesen, daß sein Reisebegleiter die Ansichten des jeweiligen Gastes vertrat. Er hatte offenbar keine eigene Meinung.
    Es war schon ziemlich spät am Nachmittag, als der Renault auf den Marktplatz des Städtchens fuhr, das Dickies Vater »befreit« hatte.
    »Aber diese Häuser sind ja alle neu«, protestierte der junge Amerikaner.
    »Die Stadt ist während der Befreiung zerstört und hinterher wiederaufgebaut worden.«
    »Aber wie soll ich denn dann die Stellen wiedererkennen, an denen sich mein Vater ausgezeichnet hat?«
    »Wir werden unser möglichstes tun, Dickie. Was sind das für Stellen?«
    »Nun«, Lennet strengte seine Phantasie an, »mein Vater hat erzählt, daß er fünf Deutsche gefangen hat, die in einer Kapelle hier am Marktplatz versteckt waren.«
    »Die Kapelle stand genau dort am Nordende des Platzes, wo Sie jetzt die Apotheke sehen«, erwiderte Mick freundlich und bemühte dabei seine Phantasie genauso angestrengt wie Lennet.
    »Wem war diese Kapelle gewidmet?«
    »Hm, der heiligen Maria, glaube ich.«
    »Nein.«
    »Dem heiligen Joseph.«
    »Auch nicht.«
    »Ich habe es wirklich gewußt, aber es fällt mir nicht mehr ein.«
    »Dem heiligen Dummerian, mein Kleiner.«
    »Ach natürlich, dem heiligen Dummerian. Wo habe ich nur meinen Kopf.« Mick schien sehr von sich enttäuscht, daß er den Namen des Heiligen vergessen konnte.
    »Und nachdem er diese Deutschen gefangen hatte, so erzählte mein Vater, entdeckte er hier am Platz einen kleinen Betrieb, der diesen typischen normannischen Apfelwein herstellte. Dort hat er sie im

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