10 - Geheimagent Lennet und der Spinnenbaron
wütend.
Wütend, daß er seinen Auftrag nicht erfüllen konnte. Was ihn vor allem ärgerte war die Tatsache, daß er Mrs. Burtons Handtasche immer noch nicht untersucht hatte.
»Ich bedauere es sehr, daß ich Sie verlassen muß. Aber Befehl ist Befehl. Nick, versuche, ebenso nett zu sein wie ich. Vielen Dank Euch allen für die Freundlichkeit, die Ihr gezeigt habt.«
»Ich will Sie zum Abschied umarmen«, sagte Peggy liebevoll.
»Oh, ich auch, wenn es erlaubt ist«, rief Jenny.
»Für einen Europäer sind Sie eigentlich ein ganz vernünftiger Mensch«, brachte Teddy vor. »Aber ehrlich, ich hätte nicht gedacht, daß Sie Schwierigkeiten mit den Augen haben.«
Mr. Burton wälzte sich ebenfalls aus dem Wagen, gab Lennet einen kräftigen Schlag auf den Rücken und versuchte vergebens, ihm eine größere Banknote in die Hand zu drücken.
»Vielen Dank für die Brille«, sagte Lennet. Er gab Teddy die Brille zurück und drehte sich rasch um. Als er außer Sicht war, stieß er ein »Uff« der Erleichterung aus. Er war nicht erkannt worden. Sicher, weil Nick gar nicht daran dachte, den Kerl, der ihm den Streich gespielt hatte, hier zu treffen. Aber seine Mission war nun einmal zum Teufel.
Blandine und Montferrand würden sicher nicht begeistert sein.
Lennet fuhr bis zur nächsten Tankstelle und rief seine Dienststelle an. Hauptmann Blandine war sofort am Apparat, und Lennet erstattete Bericht. Als er fertig war, gab es ein kurzes Schweigen auf der anderen Seite der Leitung.
»Gut«, sagte dann Blandine endlich. »Oder vielmehr schlecht. Bringen Sie den Simca zu Saint-Amarante und kommen Sie dann sofort zu mir.«
»Wird gemacht, Hauptmann.«
Um ein Uhr war er bei Saint-Amarante. Der große Geier sah düster aus.
»Guten Tag, Monsieur. Der Simca ist in der Garage.«
»Sehr gut, Bick. Ich danke Ihnen, Sie haben Ihre erste Aufgabe recht gut gelöst. Ich habe über Sie von Mademoiselle de Cresilian und von Monsieur de Bourbons-Valoys gehört, und ich habe ihm wegen des peinlichen Vorfalls beim Abendessen Vorwürfe gemacht.«
»Ich nicht«, sagte Lennet. »Wenn ich ihm Vorwürfe gemacht hätte, wäre er jetzt im Krankenhaus. Ich habe es vorgezogen, ihn mit Verachtung zu bestrafen.«
»Aha, das ist interessant. Doch ich muß Ihnen sagen, daß Sie selbst an der ganzen mißlichen Angelegenheit schuld sind.«
»Wieso das?«
»Sie haben sich den Anschein gegeben, als zweifelten Sie am Titel des Prinzen. Und das vor seinen Gästen, die ja auch unsere Kunden sind. So war es nötig, Sie so weit wie möglich in den Hintergrund zu schieben, um Sie daran zu hindern, unser Angebot herabzusetzen. Alles in allem zahlen unsere Freunde ja großzügig dafür, Herzögen und Grafen zu begegnen. Das wenigste, was wir tun können ist, ihnen welche zu bieten.«
»Diese Betrachtungsweise habe ich übersehen.«
»Das habe ich mir auch gedacht. Mein lieber Bick, ich habe Ihnen zu danken. Marie-Charlotte wird Ihnen ein kleines Couvert geben. Und wenn wir Sie wieder einmal brauchen, werden wir Sie anrufen.«
»Heißt das, daß Sie mich hinauswerfen?«
»Aber gar nicht, lieber Bernard. Es war ja wohl ausgemacht, daß Sie nur für diesen Ausflug angestellt wurden.«
»Natürlich, das war ausgemacht.«
Das hat mir gerade noch gefehlt, dachte Lennet, während er auf dem Weg zu seiner Dienststelle war. Da hat mich doch der Geier einfach gefeuert. Hauptmann Blandine wird nicht begeistert sein.
»Hauptmann Montferrand erwartet Sie«, sagte die Sekretärin Blandines, als Lennet ins Hauptquartier des Französischen Nachrichtendienstes kam.
Lennet schnitt eine Grimasse: Sicher erwartete ihn Montferrand nicht, um ihm freundschaftlich die Hand auf die Schulter zu legen.
Montferrand saß hinter seinem Schreibtisch.
»Setzen Sie sich, Lennet«, sagte er. »Ich habe die Aufzeichnung Ihres Gesprächs mit Blandine gehört. Ich bin also auf dem laufenden. Haben Sie dem, was Sie gesagt haben, noch etwas hinzuzufügen?«
»Nichts, Hauptmann. Außer daß ich von Saint-Amarante erfahren habe, daß er im Augenblick meine Dienste nicht mehr benötigt.«
»Gut. Zu dem, was vorgefallen ist, nur noch eins: Sie hätten uns sagen müssen, wie Sie den jungen Dauthier ausgeschaltet hatten. Vielleicht hätten wir dann etwas gegen seine Rückkehr unternehmen können. Doch was geschehen ist, ist geschehen. Die Informationen, die Sie Blandine durchgegeben haben, scheinen uns jedenfalls interessant genug, um die Untersuchung fortzusetzen, wenn auch auf andere
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