10 - Operation Rainbow
es so ist, hat mir und den Leuten, mit denen ich's zu tun habe, noch keiner das Geheimnis verraten, Alter. Eine internationale Verschwörung?« Cooper schnaubte verächtlich. »Meine Branche besteht fast nur aus Klatschtanten, glaub mir. Jeder ist mit jedem irgendwie im Geschäft.«
»Es existiert also nichts dergleichen?«
»Nicht daß ich wüßte, Bill. Mag sein, daß Außenstehende immer wieder daran glauben, aber wenn es das geben sollte, ist auch John F. Kennedy einer Verschwörung zum Opfer gefallen«, gab Cooper kichernd zurück.
»Hab ich mir schon so gedacht, Martin. Aber nachfragen kostet ja nichts. Herzlichen Dank, mein Lieber.«
»Sag mal, Bill, weißt du vielleicht, wer hinter dem Anschlag auf diesen Ostermann in Wien letzte Nacht steckt?«
»Leider nein. Ist das ein Bekannter von dir?«
»Mein Chef und er sind befreundet. Ich hab ihn mal kennengelernt. Netter Typ, und außerdem verdammt raffiniert.«
»Ich weiß kaum mehr als heute früh im Fernsehen kam.« Das war nicht ganz gelogen, und Martin würde es bestimmt verstehen, dachte Tawney.
»Hut ab vor denen, die ihn rausgeholt haben. Riecht ein bißchen nach SAS, finde ich.«
»Wirklich? Na, das wäre ja keine Überraschung, oder?«
»Nein. Freut mich, von dir zu hören, Bill. Wie war's, wenn wir mal wieder zusammen essen?«
»Prima Idee. Ich ruf dich an, wenn ich das nächste Mal in London bin.«
»Tu das. Schönen Tag auch!«
Tawney legte den Hörer auf. Es schien, als habe Martin wieder Fuß gefaßt, nachdem sein »Six«-Posten der Stellenreduzierung nach dem Ende des Kalten Kriegs zum Opfer gefallen war. Eigentlich hatte er nichts anderes hören wollen, dachte Tawney. Außenstehende mögen immer wieder so etwas glauben... Das traf ins Schwarze. Fürchtner und Dortmund waren Kommunisten; der Marktwirtschaft und dem freien Spiel der Kräfte trauten sie sowieso nicht. Nach ihrer Weltanschauung konnte man nur zu Geld kommen, indem man das Volk hinterging, ausbeutete und sich mit seinesgleichen verbündete. Und was folgte daraus...?
Weshalb hatten sie Erwin Ostermann auf seinem Landsitz überfallen? Einen solchen Mann berauben zu wollen, war Unsinn. Der bewahrt sein Vermögen nicht in Bargeld oder Goldbarren auf. Er ging nur mit elektronischem, virtuellem Geld um, das in Datenbänken ruhte oder über Telefondrähte frei flottierte. Das ließ sich so leicht nicht abzapfen, oder?
Aber nein. Was ein Mann wie Ostermann zu bieten hatte, waren Informationen , die letzte Quelle der Macht, und sei sie noch so imaginär. Waren Dortmund und Fürchtner bereit, dafür zu töten? Es schien so. Aber gehörten diese Terroristen zu denen, die von solchen Informationen profitieren würden? Schwerlich. In diesem Fall hätten sie gewußt, daß es das, worauf sie Zugriff haben wollten, gar nicht gab.
Jemand hat sie beauftragt , fiel Tawney ein. Jemand hatte sie zu dem Anschlag überredet. Aber wer?
Und zu welchem Zweck? Eine Frage, die noch weiter rührte und aus der sich möglicherweise die Antwort auf die erste Frage ergab.
Nochmal von vorn , befahl er sich. Angenommen, jemand hatte sie für die Tat angeheuert - wer mochte das gewesen sein? Gewiß jemand, der dem alten Terror-Netzwerk angehörte, der von ihnen wußte, den sie kannten und dem sie bis zu einem gewissen Grad vertrauten, immerhin so sehr, daß sie ihr Leben riskierten. Aber Fürchtner und Dortmund waren Kommu n isten reinsten Wassers gewesen. Ihre Bekannten mußten derselben Ideologie anhängen, und sie hätten gewiß keinem vertraut, wären keinem Auftraggeber gefolgt, der ihre politische Einstellung nicht teilte. Und woher sollte diese hypothetische Person wissen, wo und wie sie Kontakt zu ihnen finden, ihr Vertrauen gewinnen, sie auf eine tödliche Mission entsenden konnte, auf die Jagd nach etwas, das in Wirklichkeit nicht existierte ...
Ein Führungsoffizier? fragte sich Tawney und durchforstete sein Gedächtnis fieberhaft nach Informationen. Jemand von gleicher politischer Couleur und Ideologie, der ihnen Befehle erteilen oder sie zumindest motivieren kann, sich in Gefahr zu begeben.
Er mußte sich kundig machen. Und seine Informanten bei SIS und Polizei mußten ihm jeden winzigen Schnipsel an Erkenntnissen aus der österreichisch-deutschen Fahndung besorgen. Als erstes wollte er Whitehall anrufen, damit ihm die Geiselverhöre vollständig übersetzt vorgelegt würden. Tawney hatte lange Jahre als Abwehrspezialist gedient, und irgendwie hatte er Witterung
Weitere Kostenlose Bücher