10 - Operation Rainbow
beizubringen, wie wichtig die Erde war, wieviel Respekt und Schonung sie verdiente. Einzig gut war, daß es auch die Umweltberaterin begriffen hatte, daß sie im Weißen Haus arbeitete und das Ohr des Präsidenten finden konnte.
»Ich möchte, daß Sie gleich über die Straße gehen, Carol, direkt ins Oval Office, und ihm sagen , was Sache ist!«
»So einfach ist das nicht, Kevin.«
»Warum nicht, in drei Teufels Namen? So schwer kann er doch nicht von Begriff sein, oder?«
»Gelegentlich gehen unsere Ansichten auseinander, und die Ölgesellschaften vertreten ihre Standpunkte sehr geschickt. Sehen Sie sich an, wie deren Vorschlag aussieht!« Sie tippte auf den Aktenordner, der vor ihnen lag. »Sie versprechen, für die ganze Aktion geradezustehen und nicht weniger als eine Milliarde Dollar Kaution bereitzustellen für den Fall, daß etwas schiefgeht. Mensch, Kevin, ins Aufsichtsgremium für ihr Umweltprogramm haben sie sogar den Sierra Club eingeladen!«
»Um sich da von ihren Strohmännern überstimmen zu lassen? Bevor ich mich von denen vereinnahmen lasse, nehme ich lieber den Strick!« knurrte Mayflower unversöhnlich. »Ich lasse nicht zu, daß mein Büro teilnimmt an dieser Vergewaltigung. Das ist mein letztes Wort!«
»Wenn Sie das laut sagen, werden Sie von den Ölfirmen als unverbesserlicher Radikaler verketzert - und die gesamte Umweltbewegung ins Abseits gedrängt. Das können wir uns nicht leisten, Kevin!«
»Ich kann's um's Verrecken nicht! Sie müssen endlich Rückgrat zeigen und für Ihre Meinung kämpfen, Carol. Hier ist der Punkt, wo wir gefordert sind. Wir lassen diese Umweltschweine schon in Prudhoe Bay fördern, aber damit ist es auch genug! «
»Wie denkt der übrige Vorstand Ihres Vereins darüber?« erkundigte sich Dr. Brightling.
»Die werden, verdammt noch mal, denken, was ich ihnen sage!«
»Nein, werden sie nicht, Kevin.« Carol lehnte sich zurück und rieb sich die Augen. Sie hatte gestern nacht den gesamten Bericht durchstudiert, und die traurige Wahrheit war, daß die Ölfirmen in Umweltfragen raffinierter vorgingen denn je. Natürlich ging es ausschließlich um's Geschäft, die Exxon-Valdez -Affaire hatte sie Unsummen gekostet, von der schlechten Presse ganz abgesehen. Drei Seiten des Gutachtens widmeten sich deshalb allein den verbesserten Sicherheitsvorkehrungen beim Transport. Jeder Tanker, der den riesigen Ölhafen in Valdez verließ, wurde die gesamte Strecke bis in die offene See von Schleppern begleitet. Insgesamt waren zwanzig Umwelt-Meßschiffe in ständigem Einsatz, weitere konnten abgerufen werden. Die Navigationssysteme der Tanker waren inzwischen technisch auf höherem Standard als die der Atom-U-Boote; ihre Steuerleute mußten sich alle sechs Monate einem Test an Simulatoren unterziehen. Das ging alles wahnsinnig ins Geld, war aber billiger als ein erneuter ernsthafter Tankerunfall. Eine Serie von Werbefilmen verbreitete die frohe Botschaft auf den Bildschirmen, und zwar auch in Intellektuellensendern des Kabel- und Satellitenfernsehens, im Schulfunk und in Naturfilm-Programmen. Dort sponserten die Ölfirmen neue Dokumentationen über Flora und Fauna der arktischen Welt, die angeblich völlig unberührt war vom Rohstoffabbau - und doch sah man Bilder der Karibus und anderer Tierherden, deren Wildwechsel unter den Pipeline-Gerüsten verlief. Wenn es ihnen gelang, die Botschaft derart unters Volk zu bringen, dann auch unter die Vorstandsmitglieder des Sierra Clubs, dachte Carol.
Was sie nicht verrieten, und was sie ebensogut wußte wie Mayflower, war die Tatsache, daß ihr Öl zwar sicher aus dem Boden quoll, sicher durch die Monsterpipeline floß, sicher mit den neuen doppelwandigen Tankern eingeschifft und übers Meer gebracht wurde, aber anschließend erst recht zur Umweltzerstörung beitrug, als Abgase aus dem Auspuff der Laster und PKWs, als Immission aus den Kraft werken. War das alles nur ein Witz, und gehörte zur Pointe auch Kevins Eifern gegen die Zerstörung der Polarwelt?
Für Otto Normalverbraucher, der ignorant wie eh und je vor dem Fernseher saß und Fußball sehen wollte, war das kein Thema, oder? Allein in den USA gab es über hundert Millionen Kraftfahrzeuge, eine weit größere Zahl in der ganzen Welt, und sie alle verschmutzten die Luft, das war der eigentliche Skandal. Wie konnte man sie daran hindern, langfristig den Planeten zu zerstören?
Mittel und Wege gab es immer, überlegte sie, aber welche?
»Ich werde mein Bestes tun, Kevin«,
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