10 - Operation Rainbow
Kommandant.«
»Six hier«, meldete sich Clark.
»Gewehr Zwei-Eins auf Posten, Six. Die Position ist gut. Von hier kann ich das gesamte Dach der Burg übersehen, die Außentreppen und die Lifttüren. Gute Sicht auch nach hinten. Kein übler Platz, Sir.«
»Gut. Halte uns auf dem laufenden!«
»Geht klar, Chef. Ende.« Sergeant Johnston stützte sich auf die Ellbogen und spähte durch sein 7x50-Glas ins Gelände. In der Sonne wurde es schnell heiß. Daran mußte er sich noch gewöhnen. Johnston überlegte einen Augenblick, dann langte er nach der Feldflasche. In diesem Augenblick machte der Waggon, mit dem er heraufgekommen war, einen Ruck nach vorn und sauste in die Tiefe. Er hörte die stahlverstärkten Räder in die Metallröhre donnern und fragte sich, wie es sein mochte, auf dieser Achterbahn dahinzurasen. Bestimmt ähnlich wie Sturzflüge, die er als ausgebildeter Luftwaffenbordschütze mitgemacht hatte, ohne dabei besondere Freude zu empfinden. Irgendwie war es netter, den Boden unter den Füßen zu spüren, und ein Gewehr konnte man auch nicht abfeuern, wenn man mit 130 Sachen durch den Äther schoß, wie? Er richtete den Feldstecher auf die Fensterhöhlen. Unten waren sie quadratisch, aber oben krümmten sie sich zu einem Spitzbogen zusammen, wie bei einem richtigen Schloß; die Scheiben durchsichtiges Glas, mit Bleifassungen gehalten. Hindurchzuschießen war möglicherweise schwierig, dachte er, obwohl ein Schuß aus diesem Winkel nicht schwerfiel... Nein. Wenn er einen Schuß abfeuerte, mußte es auf jemanden draußen sein. Das wäre besser. Er duckte sich hinter seinem Visier und schaltete den Laser-Entfernungsmesser ein, während die Mitte des Burghofs als angenommenes Ziel diente. Dann tippte er ein paar Zahlen in den Rechner, um die vertikale Ablenkung der Flugbahn zu berechnen, justierte den Zielpunkt und stellte das Visier um den exakten Wert höher ein. Die direkte Sichtlinie betrug dreihundertneunundachtzig Meter. Nett und nah genug dran, falls er schießen mußte.
***
»Ja, Herr Minister«, erwiderte Dr. Bellow. Er saß in einem bequemen Drehstuhl, der Mike Dennis gehörte, und starrte die Wand an. Dort hingen jetzt zwei vergrößerte Fotografien, die er studieren mußte. Es waren Unbekannte, denn Tim Noonan hatte die beiden Parkangestellten in seinem Computer nicht gefunden, und weder die französische noch die spanische Polizei hatten sie mit einem Namen oder einer Verbrecherkarriere verbinden können. Beide hatten Wohnungen in der Nähe gemietet, die jetzt gründlich durchsucht wurden; auch die Telefonverbindungen ließ man überprüfen, um zu wissen, wen sie kontaktiert hatten.
»Sie möchten diesen Schakal freipressen, stimmt's?« wollte der französische Justizminister wissen.
»Neben einigen anderen, aber um ihn geht es hauptsächlich, ja.«
»Meine Regierung wird mit diesen Scheusalen nicht verhandeln!« ereiferte sich der Minister.
»Ja, Sir. Kann ich gut verstehen. Gefangene freizulassen ist im allgemeinen keine Option. Aber jeder Anschlag ist anders, und ich möchte nur wissen, welchen Kompromiß Sie, wenn überhaupt, mir als Verhandlungsspielraum gewähren. Das könnte beispielsweise heißen, diesen Sanchez aus dem Knast zu holen und hierher zu bringen als... nun ja, als Lockvogel für die Täter, die wir umzingelt haben.«
»Soll das eine Empfehlung sein?« fragte der Minister.
»Ich bin mir nicht sicher. Ich habe noch nicht mit den Leuten gesprochen. Und bis es so weit ist, kann ich mir keinen Eindruck verschaffen, wozu sie fähig sind. Fürs erste muß ich davon ausgehen, daß wir es mit energischen, konsequenten Typen zu tun haben, die den Tod ihrer Geiseln in Kauf nehmen.«
»Auch Kinder?«
»Ja, Herr Minister. Diese Drohung sollten wir ernst nehmen«, mahnte Bellow. Einen Augenblick wurde es still in der Leitung, rund zehn Sekunden auf der Wanduhr, die der Doktor anstarrte.
»Ich muß darüber nachdenken. Nachher rufe ich zurück.«
»Danke, Sir.« Bellow warf Clark einen vielsagenden Blick zu.
»Und was heißt das?«
»Das heißt, sie wissen nicht, wie sie sich verhalten sollen. Und ich weiß es auch noch nicht. Hör zu, John, wir haben es hier mit einer unbekannten Größe zu tun. Wir wissen nichts über die Terroristen. Keine religiöse Motivation, scheint es, jedenfalls keine islamischen Fundamentalisten. Ich kann also weder Gott noch religiöse Gebote oder ethische Grundsätze gegen sie ausspielen. Falls sie verbohrte Marxisten sind, können wir
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