10 - Operation Rainbow
Ihr Haus, Doc«, räumte Hollister ein. Allein diese Anforderung hatte das Projekt um fünf Millionen Dollar verteuert, Arbeitskosten, die hauptsächlich in den Fenstern steckten. So sehr ihnen die Detailarbeit auf die Nerven ging, für den Extrabonus nahmen es die Glaser gern in Kauf. Nicht einmal die alte Boeingwerft unten an der Straße nach Wichita hatte soviel Feinarbeit verlangt. »Aber Sie haben sich auch 'ne schöne Gegend ausgesucht.«
»Herrlich, nicht wahr?« Ringsum war das Land mit wogendem Weizen bedeckt. Von fern sah man landwirtschaftliche Geräte am Werk, die zum Düngen und Jäten der Felder eingesetzt wurden. Die Anlage verfügte sogar über eine eigene, komplett eingerichtete Bäckerei, um Brot zu backen. Womöglich aus dem Weizen, der hier angebaut wurde, dachte Hollister. Diese Frage hatte er sich noch nie gestellt. Die Farmen waren gleichzeitig mit den Grundstücken erworben worden, darunter auch Viehweiden für die Aufzucht von Rindern und weiteres Ackerland, auf dem Gemüse wuchs. Auf dem gesamten Komplex konnte man sich von eigenem Anbau ernähren. Vielleicht wollte man sich auch nur der Landschaft ringsum anpassen. In diesem Teil von Kansas gab es n ur Farmen, und wenn auch die Stahl-und-Glas-Bauten der Anlage nicht gerade an Scheunen und Stallungen erinnerten, so milderte das umgebende Land den Stilbruch ein wenig ab. Von der Straße aus waren sie sowieso kaum zu erkennen. Nur einige wenige Landstraßen kamen näher heran, und die Kontrollstellen am Zaun wirkten niedrig und gedrungen wie Pillendöschen - tornadosicher, wie es im Bauplan hieß, und sie würden wahrlich jedes Unwetter überstehen.
»Ihren Bonus haben Sie sich redlich verdient. Das Geld dürfte morgen zum Geschäftsschluß auf Ihrem Konto sein!« versprach Dr. John Brightling.
»Soll mir recht sein, Sir.« Hollister griff in die Tasche und zog den Generalschlüssel heraus, der jede Tür in der gesamten Anlage öffnete. Die Schlüsselübergabe war ein kleines Ritual, das er sich am Ende eines Großprojekts nicht nehmen ließ. »Die Anlage gehört jetzt Ihnen, Sir.«
Brightling warf einen Blick auf den elektronischen Schlüssel und lächelte. Es war die letzte größere Hürde für sein Projekt gewesen. Hier wollte er nahezu sein gesamtes Volk ansiedeln. Eine ähnliche, aber kleinere Anlage in Brasilien war vor zwei Monaten fertiggestellt worden, doch dort kamen höchstens einhundert Personen unter. Hier hingegen konnten dreitausend Menschen wohnen - dicht aufeinander zwar, aber noch immer bequem, in den ersten Monaten jedenfalls, was vollkommen ausreichte. Nach einem halben Jahr würde er hier seine gesamte medizinische Forschung betreiben, mit den besten Kräften - von denen die meisten nichts von ihrem Projekt ahnten , aber trotzdem überleben sollten. Denn diese Forschungsarbeit tendierte in eine neue, unerwartete Richtung, die so vielversprechend war, daß er selbst nicht wußte, wie lange er hier leben würde. Noch fünfzig Jahre vielleicht? Oder hundert? Oder gar tausend? Wer vermochte das jetzt zu sagen?
Olympus würde er es nennen, entschied Brightling. Die Heimstatt der Götter, denn nichts Geringeres sollte daraus entstehen. Von diesem Ort aus ließ sich die Welt beobachten, erforschen, genießen, würdigen . Seinem Sprechfunkgerät würde er das Rufzeichen Olympus-1 einprogrammieren. Von hier aus konnte er per Flugzeug in alle Welt gelangen, mit ausgewählten Begleitern, die Umwelt beobachten und die großen Zusammenhänge studieren. In den ersten zwanzig Jahren konnten sie wohl noch die Telekommunikations-Satelliten nutzen. Wer weiß, wie lange sie noch funktionierten - danach waren sie auf Funkverkehr angewiesen. Das war zwar ein wenig unbequem für die Zukunft, doch eigene Ersatzsatelliten hochzujagen dürfte ihre Möglichkeiten und Ressourcen überschreiten. Im übrigen hatten die Raketentransporter der Satelliten die Umwelt mehr verschmutzt als jede andere Erfindung der Menschheit!
Brightling fragte sich, wie lange sein Volk hier wohl ausharren würde. Einige konnten sich schon bald ausbreiten, womöglich über ganz Amerika, eigene Enklaven gründen und wenigstens in der ersten Zeit über Satellit von ihrem Ergehen berichten. Andere würden nach Afrika gehen - das begehrteste Ziel von allen. Wieder andere in Brasilien bleiben und die Regenwälder erkunden. Vielleicht gab es dort noch entlegene Stämme, die dem Shiva-Virus nicht ausgesetzt würden; an ihrem Beispiel konnte man lernen, wie der Urmensch
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