10 - Operation Rainbow
gesamte Forschungsgruppe den B-Schuß«, betonte Brightling.
»Dann nimm sie doch alle mit raus und laß sie in Kansas arbeiten, um Nägel mit Köpfen zu machen«, schlug Bill vor. »Und was wird aus dem Rest der Firma?«
Brightling mochte es nicht, danach gefragt zu werden; es war ihm unangenehm, daß es mehr als der Hälfte der Horizon-Belegschaft nicht anders ergehen würde als dem Rest der Menschheit - bestenfalls wurden sie ihrem Sterben überlassen, schlimmstens mit der A-Behandlung zum Tode verurteilt. Rudimentäre Reste von Moral waren auch bei Dr. phil. Dr. med. John Brightling noch vorhanden, zum Teil aus Verantwortungsgefühl für seine Mitarbeiter heraus - auch deshalb war Dmitrij Popovs Blutkreislauf in Kansas mit B-Antikörpern angereichert worden. Selbst dem Großen Boß persönlich war nicht hundertprozentig wohl bei der Sache, dachte Henriksen. So wirkte sich die Stimme des Gewissens aus - hatte nicht Shakespeare darüber geschrieben?
»Es ist schon beschlossene Sache«, erklärte Brightling, als sich seine Verunsicherung legte. Diejenigen, die am Projekt teilnahmen und deren wissenschaftliche Kenntnisse in der künftigen Welt von Nutzen waren, wurden geschont. Buchhalter, Sekretärinnen oder Anwälte bekamen im großen und ganzen keine Überlebenschance. Daß er rund fünftausend Menschen in die Arche nahm - so viele, wie die Einrichtungen in Kansas und Brasilien zu fassen vermochten - war schon reichlich genug, zumal nur ein geringer Prozentsatz von ihnen überhaupt in das Projekt eingeweiht war. Er glaubte ernstlich, den Planeten nur retten zu können, wenn er diesen mörderisch hohen Preis bezahlte. Diese Zukunft war die Mühen wert; heimlich alle rdings hoffte er, die Übergangsperiode durchzustehen, ohne sich in seiner Gewissensnot, die ihn mit Sicherheit quälen würde, das Leben zu nehmen.
Für Henriksen war es leichter. Was die Menschen der Welt angetan hatten, war ein Verbrechen. Wer so etwas tat, förderte oder zu verhindern unterließ, gehörte mit zu den Kriminellen. Ihnen Einhalt zu gebieten, war von jeher sein Job. Anders ging's nicht. Und schließlich würde es die Unschuldigen nicht treffen, ebensowenig wie die Natur selbst. In jedem Fall standen die Männer mitsamt ihrer tödlichen Fracht schon bereit. Wil Gearing war zuversichtlich, daß alles nach Plan ablief. Mit Hilfe Popovs und der von ihm veranlaßten Aktionen hatte sich Global Security raffiniert in die Sicherheitsaufsicht der Sydney-Olymp iade eingeklinkt. Das Projekt war jetzt nicht mehr aufzuhalten und damit basta; in einem Jahr, von jetzt an gerechnet, war die Welt nicht mehr wiederzuerkennen. Henriksen hatte nur die einzige Sorge, wieviele die Seuche überleben würden. Dieses Problem hatten die Wissenschaftler des Projekts schier endlos diskutiert. Die meisten dürften natürlich dem Hunger oder anderen Todesursachen erliegen, und nur wenige waren imstande, sich auszurechnen, weshalb die Projektteilnehmer ebenfalls überlebten, und einen Vergeltungsschlag gegen sie zu planen. Den meisten natürlich Überlebenden würde man anbieten, unter die Fittiche des Projekts zu kommen; die klügeren würden diesen Schutz akzeptieren. Und der Rest - was soll's? Henriksen hatte auch die Sicherheitsvorkehrungen in Kansas organisiert. Leichte und schwere Waffen hatten sie dort zuhauf, mit denen ein Aufstand shiva-verseuchter Farmer leicht niederzuknüppeln war.
Die wahrscheinlichste Begleiterscheinung der Seuche war der rapide Verfall der Staaten. Selbst das Militär würde sich auflösen, aber in Kansas lag die Einrichtung weit entfernt von der nächsten Militärbasis, und die Soldaten aus Fort Riley würden zuerst in die Städte entsandt, um dort für Ordnung zu sorgen, bevor sie selbst den Symptomen erlagen. Militärärzte würden sie behandeln - mit welchem Erfolg, war abzusehen - und wenn schließlich die allgemeine Auflösung eintrat, war es viel zu spät für die Soldaten, gegen sie anzugehen. Eine aufregende Zeit stand ihnen ins Haus, doch sie würde rasch vorübergehen, und solange sich die Menschen in der Kansas-Einrichtung ruhig verhielten, brauchten sie mit einem organisierten Angriff von dieser Seite nicht zu rechnen. Eigentlich brauchten sie der Welt bloß vorzumachen, daß auch dort die Einwohner starb en; vielleicht ein paar Gräber ausbuddeln und vor laufender Kamera Plastiksäcke beerdigen - oder besser noch, auf den Scheiterhaufen legen - dann würden die Leute diesen neuen Brennpunkt der Seuche schon
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