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10 - Operation Rainbow

10 - Operation Rainbow

Titel: 10 - Operation Rainbow Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Clancy
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außen dringen ließen - jeder Durchgang, den er sah, war gewissermaßen ein Luftventil, weshalb er sich vorkam wie in einer Weltraumstation. Kein schimmliger Dollar war gespart worden, um diese Einrichtung perfekt zu machen. Doch perfekt - für was?
    Popov schüttelte den Kopf und nippte an seinem Tee. Die Qualität der Verpflegung war hervorragend. Die Qualität war in allem exzellent, von den geradezu absurd kitschigen Ölbildern einmal abgesehen. Demnach hatte man hier nicht die kleinste Nachlässigkeit geduldet. Brightling war kein Mann der Kompromisse, nicht wahr? Daraus zog Dmitrij Arkadejewitsch den Schluß, daß hier alles bewußt entschieden worden war, und alles in ein Schema paßte. Aus diesem mußte der Zweck des Ganzen und das Ziel des Mannes, der es ins Leben gerufen hatte, doch eigentlich hervorgehen! Er mußte sich selbst eingestehen, daß ihm der Tagesausflug imponiert hatte. Und die medizinische Untersuchung? Wozu sollte die auf einmal gut sein? Der Doktor hatte ihm eine Spritze verpaßt. Zur »Stärkung«, wie es hieß. Aber wofür? Gegen was?
    Von außen erschien diese Gralsburg der Technik nur als Agrarbetrieb: noch weiter draußen lebten schon die wilden Tiere, denen sein Chauffeur offenbar huldigte.
    Er mußte an Druiden denken. In seiner Zeit als Agent in London hatte er sich Zeit genommen und viel über englische Geschichte und Kultur gelesen, den Touristen gespielt, war nach Stonehenge und anderswohin gereist, um die Einwohner besser zu verstehen. Letztlich aber lief alles darauf hinaus: Geschichte bleibt Geschichte, und die lief nicht nach logischen Gesetzen ab, auch nicht in der Sowjetunion, wo sie stets unter ideologischen Gesichtspunkten aufgefaßt wurde, die Marx und Engels gelehrt hatten.
    Druiden waren Heiden gewesen, ihre Kultur beruhte auf göttlichen Wesen, die in Bäumen und Felsenhainen wohnten, und denen Menschenopfer dargebracht wurden. Das waren zweifellos Maßnahmen, die der Priesterkaste vorbehalten waren, um ihre Herrschaft über die Bauern auszuüben... und über den Adel auch, wozu Religionen ja tendieren. Angesichts der großen Rätsel des Lebens boten sie ihnen ein wenig Hoffnung, ein paar Gewißheiten - was passierte mit uns nach dem Tod, warum gab es Regen, Vollmond, Überschwemmungen, wie war die Welt entstanden? - und erhielten als Gegengabe ihren Anteil an irdischer Macht, der darin b estand, allen ihre Lebensform aufzuzwingen. Vielleicht war es die einzige Chance für Menschen von großer Begabung und niedriger Herkunft, sich wenigstens einen Anteil an der Autorität von Schwertträger-Eliten zu sichern. Letztlich ging es immer um Macht - irdische Macht. Und wie die Mitglieder des Zentralkomitees der KPdSU hatte die Priesterschaft der Druiden vermutlich an alles geglaubt, was sie predigte, wie auch an das, was sie durchsetzte - schon weil sie es mußte. Schließlich war es die Quelle ihrer Macht, die sie nicht verlieren wollten.
    Doch diese Leute waren keine primitiven Stämme, oder? Hauptsächlich waren es Wissenschaftler, einige unter ihnen hochrangige, weltweit anerkannte Kapazitäten ihres Fachs. Horizon Corporation war schon immer eine Kaderschmiede der Genies gewesen. Wie sonst hätte Brightling soviel Geld scheffeln können?
    Popov runzelte die Stirn, als er sein benutztes Geschirr aufs Tablett stapelte, das er in den Servierwagen zurückstellte. Diese Cafeteria unterschied sich in nichts von der im KGB-Hauptquartier am Dserschinskij-Platz Nr. 2 in Moskau. Gute Verpflegung und Anonymität. Zufrieden und satt begab er sich auf sein Zimmer und wußte noch immer nicht, was sein Leben in den letzten paar Monaten so radikal verändert hatte. Druiden? Wie konnten sich Männer der Wissenschaft so aufspielen? Veganer? Wie konnte jemand, der noch gesund und bei Verstand war, kein Fleisch mögen? Was war so besonders an den graubraunen Antilopen, die hier in den Außenbezirken des Grundstücks grasten? Und der Beauftragte für Sicherheitskontrolle, gewiß ein höchst vertrauenswürdiger Mann, von dem man sich einiges erwartete - er lebte zugleich als Müsli-Vegetarier in einem Land, wo Beefsteaks in einem Ausmaß produziert und verbraucht wurden, von dem andere Länder nur träumen konnten...
    Wie zum Teufel reimte sich das alles zusammen? fragte sich Popov zum hundertsten Male, als er das Fernsehen einschaltete. »Zur Stärkung« - gegen was? Weshalb überhaupt diese langwierige Untersuchung? Je tiefer er bohrte, je mehr er dazulernte, desto verwirrender

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