10 SCIENCE FICTION KRIMINAL-STORIES
der falschen Seite her anpackte. Ja, daß er eigentlich das wirkliche Problem überhaupt außer acht ließ.
Das war es.
In erster Linie machte ihm die Melodie zu schaffen. Sie war es, die ihn keinen klaren Gedanken fassen ließ, sobald er an seinem Plan arbeitete. Es lag also auf der Hand, daß er zuallererst trachten mußte, die Melodie auszuschalten, bevor er sich weiter mit seinen Plänen beschäftigte.
Und dann überlegte er sich, wie er die Melodie aus seinem Hirn bannen könnte. Das war alles andere als leicht.
Doch es mußte einen Weg geben.
Kyan fand immer einen Weg.
Zuerst begann er damit, seine Versuche mit einem Tonbandgerät zu unterstützen. Stopfte seinen Kopf voll mit allen nur erdenklichen Liedern, vom billigen Straßenschlager bis zu schweren Opern und Konzertstücken; ja, er schreckte auch nicht vor Elektronenmusik zurück – mußte dabei aber eine Niederlage einstecken. Dann schöpfte er alle möglichen Methoden, die ihm noch verblieben waren, bis zur Neige aus. Bis er dann einsehen mußte, daß auch diese Versuche Meilensteine der Niederlage auf seinem Weg bildeten.
Er probierte es sogar mit gezielter Hirnwäsche. Danach fühlte er sich wie ausgelaugt. Als er sich aber probeweise mit seinem Plan beschäftigte, kam die Melodie.
Da blieb ihm nichts anderes mehr übrig, als von vorn anzufangen. Es mußte doch möglich sein, die quälende Melodie mit einer anderen zu verjagen. Nun begann er, mit Noten zu jonglieren.
Und von da an war es kein weiter Weg mehr zur Lösung.
*
Kyan stand vor dem Spiegel und betrachtete kritisch sein Äußeres. Er hatte sich eigentlich schnell wieder erholt. Vierundzwanzig Stunden Schlaf, ein erfrischendes Bad und dann eine ausgedehnte Toilette, und schon war er wieder der alte.
Jetzt hatte er den Weg gefunden. Die Melodie war zu einer Nichtigkeit zusammengeschrumpft, deren Größe man im Vergleich zu der früheren nur noch als lächerlich bezeichnen konnte.
Wie einfach doch die Lösung gewesen war!
Er hatte nur nach etwas suchen müssen, das ihn von der Melodie ablenkte, also etwas, das ihn in demselben Maße beschäftigte. Und ihm war die Idee gekommen, nach etwas zu suchen, das mit der Melodie irgendwie verwandt war. Etwas genauso Unwirkliches. Etwas genauso Intensives. Etwas genauso Dynamisches.
Und warum sollte er die Melodie nicht als Grundlage dafür nehmen? Der Versuch mit der Gegenmelodie hatte fehlgeschlagen.
Nun hatte er einen Text zur Melodie geschrieben. Er war ausgegangen von langen Versen, die sich über eine ganze Seite erstreckt hatten. Aber dann hatte er entdeckt, daß die Melodie genaugenommen nichts anderes war als eine ständige Wiederholung einer einzigen Notenzeile, mit immer kleineren Abweichungen. Er hatte dann nur drei Worte verwendet, die genauso sinnlos und faszinierend waren wie die Melodie. Und die man ebenfalls auf keinen Nenner bringen konnte. Immer und immer hatte er die Melodie gehört, wenn er an Mord dachte. Das war immer und immer. Was aber, wenn man das Bindewort abänderte?
Etwa so:
Immer nur immer.
Und mit diesen drei Worten beschäftigte er sich nun. Die Melodie war innerhalb kürzester Frist zur Nichtigkeit zusammengeschrumpft. Denn die drei Worte verursachten ein so intensives Nachdenken, daß er oft die Melodie suchte, in seinem Kopf aber nur diese drei Worte hämmerten: Immer nur immer …
Natürlich schadeten ihm diese Worte nicht; stammten sie doch von ihm, waren Produkte seiner Schöpfung. Mit ihnen stand er auf vertrautem Fuß.
Er lächelte sich im Spiegel zu.
Jetzt würde er sich hinter seinen Schreibtisch setzen und zwei Einladungen verschicken.
Die eine an die
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