10 SCIENCE FICTION KRIMINAL-STORIES
Jahren beging mein Großvater Selbstmord, das werden Sie ja wissen. Es war damals ein harter Schlag für mich, denn, so jung ich auch war, ich verehrte ihn. Sein Tod ging mir so nahe, daß ich mir schwor, sein Ebenbild zu werden. Ich versuchte mich als Mörder, und bald fand ich solchen Spaß daran, daß es mir nicht mehr schwerfiel, mein ganzes Leben darauf einzurichten, ebenso ruhmvoll wie mein Großvater zu werden. Ja, sogar noch mehr. Mein Großvater beging gleich nach der Spezialbehandlung Selbstmord. Ich nicht.«
Dr. Mecklan hörte aufmerksam zu.
»Deshalb habe ich Sie eingeladen. Zum Andenken an meinen Großvater – ihm zu Ehren. Ich dachte mir, Sie würden daran interessiert sein, an diesem Festmahl teilzunehmen«, schloß Kyan.
»Danke. Ich bin tief geehrt.«
»Aber das ist doch selbstverständlich.
Ich stehe in Ihrer Schuld«, winkte Kyan ab.
Dr. Mecklan nippte wieder an seinem Glas.
»Erwarten Sie noch andere Gäste7« fragte er dann.
»Ja. Meine Kollegen.«
»Interessant.«
»Ich hoffe, Sie werden auf Ihre Rechnung kommen, Doktor.«
»Ich bin überzeugt davon.«
Kyan nickte. »Ja, ich auch.«
Es entstand eine Pause. Die Blicke der beiden Männer kreuzten sich. Dann wandte Dr. Mecklan langsam den Kopf und musterte den Raum. »Sie haben ein großes Haus«, bemerkte er anerkennend.
Darauf hatte Kyan gewartet. Er blickte wie überlegend auf die Uhr. »Bis zum Eintreffen der anderen ist noch Zeit«, sagte er dann. »Wenn es Sie interessiert, zeige ich Ihnen das Haus. Wollen Sie?«
»Und ob. Aber nur, wenn es Ihnen nichts ausmacht.«
»Ganz im Gegenteil. Ich hätte meinen Spaß daran, vor Ihnen ein wenig prahlen zu können«, entgegnete Kyan.
»Ach, Sie und prahlen. Als meinen Patienten kenne ich Sie gut genug, um hinter Ihrer übertriebenen Ehrlichkeit Bescheidenheit zu erkennen.«
»Nun, das ist doch etwas übertrieben. Wenn Sie mich wirklich kennen, müssen Sie wissen, daß ich mich nicht so leicht zufriedengebe.«
Dr. Mecklan zwinkerte freundschaftlich. »Sie wissen schon, was ich meine.«
»Natürlich. Es war ja nur Spaß. Aber wollen wir uns nicht auf den Weg machen? Bald werden die anderen Gäste eintreffen, und es wäre doch wirklich schade, wenn Sie bis dahin noch nichts von meinem Haus gesehen hätten. Es gibt hier einige interessante Dinge.«
Der Psychiater erhob sich. Kyan umfaßte ihn wieder an der Schulter, als er ihn durch den Raum auf eine Tür zu führte.
Diesmal aber zitterte Kyan nicht; er lächelte nur.
»Diese Tür führt in die Bibliothek. Acht Generationen haben hier ihre Lieblingslektüre zusammengetragen. Für Sie werden diese Werke wohl eigenartig sein, aber gewiß können sie Ihnen einen Reiz abgewinnen.«
»Einfach überwältigend«, entfuhr es Dr. Mecklan. Die Bibliothek wirkte in der Tat großartig. Alle vier Wände waren mit Regalen bedeckt, in jedem davon eine Unzahl von Büchern. Es war nur Platz für zwei Türen: die eine, die sie eben durchschritten hatten, und die andere, die dieser gegenüberlag.
»Ich nehme an«, sagte Dr. Mecklan, während sein erstaunter Blick über die Regale glitt, »es handelt sich hier hauptsächlich um Spezialwerke?«
»Erraten. Alle Bücher behandeln, auf diese oder jene Weise, den Mord. Sie werden sicherlich bemerkt haben, daß die meisten Werke außergewöhnliche Rücken haben.«
»Ja, so eine Art geschrumpftes Papier. Und ihre Farbe ist grau.«
»Das sind Privatausgaben. Die Mehrzahl behandelt Theorien oder praktische Erfahrungen, die Mitglieder unserer Familie zusammenstellten und in einem einzigen Exemplar herausgaben. Natürlich sind auch Werke von bekannten anderen Mördern oder Denkern vertreten. Und natürlich auch einige allgemeinverständliche
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