10 SCIENCE FICTION KRIMINAL-STORIES
Klubmitglieder, die andere an sein Opfer. Und Kyan war überzeugt davon, daß der Psychiater seiner Einladung Folge leisten würde.
*
Die Einladung, »an der mordgedeckten Tafel im Hause Kyan« Platz zu nehmen, schlug im Klub wie eine Bombe ein.
Neidern, von der Sorte, die sich noch kürzlich über Kyans Fernbleiben lustig gemacht hatte, gefror das ironische Lächeln auf den Lippen. Denn an der Ernsthaftigkeit des Schreibens gab es keinen Zweifel. Man konnte die Sippschaft der Kyans betrachten, wie man wollte – sie als Schreihälse, Dilettanten oder als überhebliche Egozentriker bezeichnen –, in ihrer Ehre waren sie unantastbar. Wenn ein Kyan sein Wort gab, dann hatte es Gewicht. Das war eine Familientradition.
Und Kassian Kyan hatte sein Wort gegeben – dem gesamten Klub; morgen abend würde er ihnen allen eine Leiche präsentieren.
Ein hundertprozentiger Mord!
Wer das Opfer sein würde, stand nicht in dem Schreiben.
Nun, morgen, nach einer schlaflosen Nacht, würden sie es erfahren.
Als es Zeit zum Aufbruch war und die ehrbaren Mitglieder den Klub räumten, brütete am anderen Ende der Stadt, in seiner Praxis, Dr. Mecklan über Kassian Kyans Einladung:
Erweisen Sie mir, bitte, morgen abend die Ehre. 20 Uhr.
KASSIAN KYAN
Nichts sonst. Keinerlei Anhaltspunkte. Dr. Mecklan, der seinen Patienten immer versichert hatte, daß ein Mord »ganz und gar« unmöglich sei, war selbst nicht dieser Überzeugung. Nicht etwa, daß er auf die Einladung hin Verdacht geschöpft hätte und sich in der Vermutung aufzehrte, Kyan könnte ihn töten! Aber er kannte die Psyche des Menschen nun einmal sehr gut und … Er kam zu dem Entschluß, daß er jenen Alten aufsuchen müsse, der Kyan der Spezialbehandlung unterzogen hatte. Dr. Mecklan kannte ihn durch einige Kontakte, die er verschiedentlich mit ihm gepflegt hatte. Deshalb würde ihn der Alte trotz der fortgeschritten Stunde empfangen – hoffte er.
Und so war es.
Aber Dr. Mecklan stieß auf Granit, als er den Alten aushorchen wollte. Er erfuhr nichts über die Spezialbehandlung, was ihm hätte dienlich sein können. Zu allem Übel drängte ihm der Alte auch noch einen Bourbon auf.
»Wissen Sie, warum ich Ihnen einen Doppelten eingeschenkt habe?«
»Warum?« fragte Dr. Mecklan desinteressiert.
»Doppelt hält besser.« Und der Alte kicherte dazu.
*
Kyan war die Ruhe selbst. Er stand in der Halle seines großen Hauses und wartete auf seinen Besucher. Er wußte, Dr. Mecklan würde kommen. Und sich auch nicht verspäten. Keine Sekunde zweifelte er daran.
Langsam schritt er auf und ab. Dann hielt er plötzlich inne und setzte sich in einen weichgepolsterten Sessel. Er zündete sich eine Zigarette an. Genießerisch ließ er den Rauch zur Decke kräuseln und sah ihm nach, wie er entschwand .
Er lächelte.
Er war nicht im geringsten nervös. Er war sich seiner Sache so sicher, daß er einfach nicht zweifeln konnte.
Er war nun bereit für seine größte Tat.
Für die größte Tat der letzten hundertfünfzig Jahre.
Und die Melodie? Sie war dahin – nicht-existent. Dafür hatte er den Text.
Immer nur immer. Drei Worte, die ein jeder kannte. Drei simple Worte. Und in einer speziellen Aneinanderreihung ergaben sie den Schlüssel zu Kyans momentaner Ausgeglichenheit. Sie würden ihm helfen, seine Tat auszuführen. Fürwahr, er konnte auf sich stolz sein. Die anderen sollten bei Nennung seines Namens ehrfürchtig die Augen glitzern lassen. Oder raunend die Köpfe zusammenstecken. Oder neidisch werden.
Wieder lächelte er und blies einen Rauchring in die Luft. Irgendwo in der stillen Halle war das Geräusch einer sich öffnenden Tür zu hören. Dann näherten sich Schritte. Kyan
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